74 E. Tietze-Conrat Beiträge zur Geschichte der italienischen Spätrenaissance- und Barockskulptur
wird (Fig. 64). Der Aufbau beider Gruppen ist ganz übereinstimmend, nur ist die Brüsseler
Delila vertikaler, ihr Kopf weniger geneigt als beim Berliner Stück, dessen Figuren dadurch
enger aneinandergeschlossen sind, eine kompaktere Gruppe bilden. Die wesentlichen Unter-
schiede liegen in der Detailbehandlung. Bei der Brüsseler Delila dominiert ein großes Muschel-
motiv die einheitliche Frisur, bei der Berliner ist der reduzierte Schmuck nur eine Drauf-
gabe. Der wundervoll belebte Kopf der Brüsseler Frau mit der bewegten Stirn und den
Fig. 63 Simson und Delila, Tongruppe im Kaiser-Friedrich-Museum
zitternden Nasenflügeln ist bei der Berliner Kopie derb und leer geworden. Die Haare und
das Gewand sind in Brüssel nach der Licht- und Schattenwirkung behandelt, wie Tupfer
und Drücker im weichen Ton; bei den Berliner Figuren ist mehr nach der Form gegangen,
die Haare sind zu Strähnen zusammengezogen. In dieser charakteristischen Umsetzung des
feineren Originales in eine mehr ins Große berechnende Ausdrucksweise glaube ich den
späteren Barockkünstler zu erkennen. Der derbe Frauentypus erinnert mich an die bäuerischen
Gesichter von Grupellos Eva oder Galathea (abgebildet bei Teich, a. a. O.), die dekorative
Haarbehandlung an das Gelock seines Narziß. Dazu kommt als anspruchslose Hilfe noch
eine archivalische Nachricht. Wilhelm Herchenbach bringt in der Zeitschrift des Düssel-
dorfer Geschichtsvereines (1882) in vier Kapiteln: 1. Gabriel von Grupello, 2. Reiterstatue
wird (Fig. 64). Der Aufbau beider Gruppen ist ganz übereinstimmend, nur ist die Brüsseler
Delila vertikaler, ihr Kopf weniger geneigt als beim Berliner Stück, dessen Figuren dadurch
enger aneinandergeschlossen sind, eine kompaktere Gruppe bilden. Die wesentlichen Unter-
schiede liegen in der Detailbehandlung. Bei der Brüsseler Delila dominiert ein großes Muschel-
motiv die einheitliche Frisur, bei der Berliner ist der reduzierte Schmuck nur eine Drauf-
gabe. Der wundervoll belebte Kopf der Brüsseler Frau mit der bewegten Stirn und den
Fig. 63 Simson und Delila, Tongruppe im Kaiser-Friedrich-Museum
zitternden Nasenflügeln ist bei der Berliner Kopie derb und leer geworden. Die Haare und
das Gewand sind in Brüssel nach der Licht- und Schattenwirkung behandelt, wie Tupfer
und Drücker im weichen Ton; bei den Berliner Figuren ist mehr nach der Form gegangen,
die Haare sind zu Strähnen zusammengezogen. In dieser charakteristischen Umsetzung des
feineren Originales in eine mehr ins Große berechnende Ausdrucksweise glaube ich den
späteren Barockkünstler zu erkennen. Der derbe Frauentypus erinnert mich an die bäuerischen
Gesichter von Grupellos Eva oder Galathea (abgebildet bei Teich, a. a. O.), die dekorative
Haarbehandlung an das Gelock seines Narziß. Dazu kommt als anspruchslose Hilfe noch
eine archivalische Nachricht. Wilhelm Herchenbach bringt in der Zeitschrift des Düssel-
dorfer Geschichtsvereines (1882) in vier Kapiteln: 1. Gabriel von Grupello, 2. Reiterstatue