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71 Richard Kurt Donin Neu aufgedeckte romanische Baureste an der ehemaligen Dominikanerkirclie in Krems 7 2

Kremser Portal die gewöhnlich für Kapitale berech-
neten Knospen direkt aus den Gewändepfosten
heraus. Ja noch mehr. Diese Pfosten sind wohl nur
zu dem Zwecke abgefast, damit der Halsring der
Kapitale — nach lombardischer Art — sich be-
quemer um sie verkröpfen kann und die Täuschung
vollkommen werde, als ob ein richtiges Knospen-

Tellerform näherten. Fortschrittlicher, gotischer ist
bei unserem Portal wohl nur die aus dem Säulen-
halsringe feststellbare Schmächtigkeit der heute
nicht mehr erhaltenen Säulchen, sowie der Umstand,
daß durch die Abfasung der Pfostenkanten in Ver-
bindung mit den dünnen, nicht hervorstehenden
Säulchen die romanische Abtreppung verschleiert


Fig. ii Krems, Dominikanerkirche: Rechtsseitiges Gewände des Westportals

kapital, statt wie sonst über einer Säule, sich über
einen Pfosten erheben würde. Eine eigenartige, in
spätromanischer Zeit hie und da vorkommende Bil-
dung, da der strenge romanische Stil Kapitale und
Simse auch in der Ornamentik strenger schied. An-
sätze für solch .einen Knospenfries hat das Nord-
portal des Neustädter Domes4).
Von den einstigen Basen der Säulchen ist noch
so viel erkennbar, daß sie sich der frühgotischen

J) Vgl. daraufhin auch das Nordportal in Trebitscli.

und ein mehr schräges Gewände erzielt wurde, eine
schon auf gotische Portalgestaltung hinzielende
Eigenschaft, die aber von unserem biederen Portal-
meister wohl kaum gewollt war, da sie zu sehr mit den
sonstigen althergebrachten und zum Teil schon unver-
standenen romanischen Formen in Widerspruch steht.
Es bestätigt sich eben hier wieder die Erfah-
rung, die wir bei vielen romanischen Portalen machen
und die mich veranlaßte, sogar von einer nieder-
österreichischen Portalschule zu sprechen, daß die
romanischen Portale oft im krassen Gegensätze zu
 
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