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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 2.1884

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I. Theil: Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Römische Medaillons, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5610#0065
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Friedrich Kenner. Römische Medaillons.

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über die Hüften herabhängenden Klappen, die Schräglinie aber ist der Abdruck eines feinen Ritzes im
Stempel.

Gewissermassen als eine Fortsetzung des vorbeschriebenen Medaillons zeigt der hier besprochene die
Anrede, welche L. Verus im Jahre 163 an die Soldaten richtete,1 nachdem er endlich auf dem Kriegsschau-
platze angelangt war. Da die Eroberung Armeniens durch den Legaten Statius Priscus die am meisten
hervorragende Begebenheit dieses Jahres ist, so darf mit grosser Wahrscheinlichkeit geschlossen werden,
dass die Anrede eben dem von diesem befehligten Heereskörper galt. Auf gleichzeitigem Courant kommt
vom Jahre 163 die Adlocutio nur auf Sesterzen vor (Cohen, i io).

48. Umschrift und der Kopf des Kaisers (von links, mit Lorbeerkranz), bis zur Unkenntlichkeit
verwetzt.

Rev. Ohne Aufschrift. Die beiden Kaiser Marc Aurel und L. Verus in Kriegsrüstung einander gegen-
überstehend, der erstere von rechts, der zweite von links, Beide ohne Helm, der Eine die Linke, der Andere
die Rechte auf den Speer gestützt und in der andern Hand das Schwert. Sie werden von Victorien bekränzt
und stellen der Eine den rechten, der Andere den linken Fuss auf Stromgötter, welche vor ihnen am Boden
liegen; die dem Beschauer zugekehrten Arme stützen Letztere auf Gefässe, aus denen Wasser quillt, die
Köpfe erheben sie zu den beiden Kaisern; zwischen diesen sieht man endlich eine dritte, wie es scheint,
auf das rechte Knie gesunkene Figur von vorne. Der geringe Grad der Erhaltung verhindert eine genauere
Bestimmung und Beschreibung derselben; die Deutung Arneth's auf einen Gefangenen, der die Hände
auf den Rücken gebunden hat, ist sehr wahrscheinlich.

Perlenrand auf der Rückseite sichtbar. Ober dem Kopfe, und zum Theil in diesen hineinreichend,
ein durchgebohrtes Loch. Röthliche Bronze; 38 Mm. Durchmesser, 3-5 Mm. dick. Vorderseite ganz, Rück-
seite stark verschliffen.

Herkunft unbekannt. Zuerst erwähnt von Arneth, Synopsis, p. ii3, 67. — Cohen, III, 17, 102
und 18, 106. — Vgl. Suppl., VII, 188, 106 nach dem Exemplar des Pariser Cabinets; er bezeichnet den
einen Flussgott zur Rechten des Beschauers als weibliche Figur.2 — Froehner, p. 87, weist auf eine
Variante der Sammlung Greau (planche IV, 2254) hin. Letztere hat auf der Rückseite oben die Datirung
TR-P-XV IMP III-COS II, die unmöglich ist und auf einem Irrthum des Arbeiters, der die Schrift besorgte,
beruht. Das Pariser Exemplar führt zu Ende des Titels der Vorderseite die Daten IMP • II • TR • P • IUI • COS • II
(J. 165) an, welche der Wirklichkeit entsprechen, denn in diesem Jahre wurde jener Friede von dem
Partherkönige erzwungen, welcher die von Trajan erreichte östliche Grenzlinie des Reiches wieder her-
stellte. Darauf beziehen sich die beiden Flussgötter; es sind Euphrates und Tigris. Die Kaiser sind also
dargestellt als die siegreich an der neuen Reichsgrenze angelangten Vertheidiger und Beschützer des römi-
schen Staates, ein Bild, welches in der That am besten mit den Ereignissen des Jahres 165 in Verbindung
gebracht wird.

49. ... VERVS AVG ARM PARTH MAX Brustbild von links, mit Lorbeerkranz und Feldherrnmantel,
unter welchem die Achselklappen des Panzers sichtbar sind.

Rev. Aufschrift verwischt. Darstellung einer Adlocutio. Niedrige Treppe, auf dieser der Kaiser in
der Kriegsrüstung, von links, den rechten Arm erhebend, den linken gesenkt. Hinter ihm die Reste zweier

1 So klein der Kopf der die Ansprache haltenden Figur ist, so erkennt man doch deutlich das charakteristische Profil
des L. Verus. Da er selbst also als der Anredende dargestellt wird, muss die Adlocution, die den Gegenstand des Münzbildes
ausmacht, im Orient abgehalten worden sein. Würde sie sich auf eine in Rom geschehene Anrede beziehen, so müsste Marc
Aurel der Sprecher sein, da L. Verus, wenn er mit Letzterem zusammen war, es diesem überliess, allein die Soldaten an-
zusprechen, obwohl Beiden, als Augusti, die Adlocutio zustand. (Vgl. Historia Aug., L. Verus, c. 4: jam primum enim Marcus
pro ambobus ad milites est locutus etc.)

2 Wenn Cohen III, 17, 102 von dem oben beschriebenen Exemplar aus der Sammlung des allerh. Kaiserhauses aus-
sagt, es zeige auf der Rückseite die Daten TR • P • Villi • IMP • V • COS • III, so ist dies falsch. Schon Arneth a. a. O. bemerkt
ausdrücklich, dass die Aufschrift entweder ganz zerstört oder nie eine vorhanden gewesen sei.
 
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