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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 2.1884

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I. Theil: Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Römische Medaillons, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5610#0066
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56

Friedrich Kenner.

anderer Figuren, vor ihm drei Soldaten, von welchen der erste ein Feldzeichen hält. Ob das Gleiche auch
von den beiden anderen gelte, muss wegen der schlechten Erhaltung dahingestellt bleiben.

Perlenrand auf beiden Seiten. Röthliche Bronze; Grösse 38 Mm. Durchmesser, 4 Mm. dick, 46-68 Gr.
Auf beiden Seiten verwetzt und zerfressen.

Herkunft unbekannt. Zuerst erwähnt von Arneth, Synopsis, p. 112, 5i.

Von den Medaillons des Museum Pisani (tab. XXV) und der Sammlung Wiczay (nr. 1714), welche
Cohen, 96, beschreibt, weicht der vorliegende ab; er hat nicht die Vorstellung eines neu eingesetzten Königs
vor den römischen Soldaten zum Gegenstande, sondern irgend eine Ansprache an das Heer; die Scene ist
den auf Sesterzen so häufig vorkommenden Adlocutionen sehr ähnlich und stimmt im Allgemeinen auch
mit dem oben beschriebenen Medaillon (nr. 47) überein, nur dass sie im Gegensinne gearbeitet und der
Triumphaltitel «Parthicus maximus» schon angewendet ist. Dadurch datirt sich unser Gepräge auf das
Jahr 165; der Anlass der Adlocution ist also in dem wichtigsten Ereigniss dieses Jahres zu suchen, dem
oben erwähnten Friedensschlüsse, mit welchem auch der letztbeschriebene Medaillon zusammenhängt; die
Mittheilung von solchen an die Soldaten bildete so gut als die Anfeuerung vor dem Ausmarsche ins Feld
den Inhalt feierlicher Ansprachen des Oberfeldherrn, welche nicht leicht unterlassen wurden.1

Lucilla.

5o. Taf. V, Fig. 5o.

LVCILLA ANTONINI AVG FIL Brustbild von rechts, mit Stola und Palla.

Rev. Ohne Aufschrift. Opfer vor dem Tempel der Vesta. Viersäuliger Rundtempel, die Wände
zwischen den Säulen aus Opus reticulatum, welches durch gekreuzte Schräglinien angedeutet ist; durch das
geöffnete Thor sieht man das Sitzbild einer Göttin von vorne.

Vor dem Tempel steht ein runder, mit einem Gewinde geschmückter Altar, zu beiden Seiten desselben
eine Gruppe von je drei Vestalinnen. In jener zur Linken des Beschauers ist die mittlere von rückwärts
gesehen; die vorderste am Altare hält mit der Linken den herabgleitenden Mantel, in der Rechten ein Sim-
pulum. Von der anderen Gruppe hält die vorderste Figur im linken Arme ein geöffnetes Weihrauchkästchen
und lässt aus der rechten Hand Weihrauchkörner in die Flamme des Altars fallen; die nächststehenden
haben in beiden Gruppen den linken Arm in die Seite gestützt.

Perlenrand auf beiden Seiten. Röthliche Bronze; Grösse 38 Mm. Durchmesser, 47-62 Gr.

Aus der Sammlung der Karthäuser in Rom. Numism. aer. m. m. etc. coenob. Carthus., tab.40._

Cimel. Austr., Tafel bezeichnet mit: p. 47, II, Text p. XI. — Eckhel, Catalogus Mus. Gaes., II, 247, 61
und D. N. V., VII, 101. — Arneth, Synopsis, p. 11 3, 27.

Vgl. Cohen, III, 44, 41. — Froehner, p. 96. — British Museum, p. 19, 3, pl. XXVI, 3.

Die Erklärung Eckhel's, nach welcher auf der Rückseite ein von Vestalinnen für das Wohlergehen
des kaiserlichen Hauses dargebrachtes Opfer dargestellt sei, ist augenscheinlich die richtige. Die Zahl der

Jungfrauen, welche hier opfernd dargestellt werden, entspricht der Zahl der Vestalinnen; ihre Tracht _

ein diademartiges Stirnband (infula) und darüber ein langer, weisser Schleier (suffibulum) — findet man
an den Figuren des Münzbildes wieder; der Tempel hat die runde Form der Heiligthümer der Vesta, die
ältesten Palladien waren Sitzbilder, wie ein solches auch auf dem Medaillon zwischen den geöffneten Thor-
flügeln sichtbar wird, endlich brachten die jungfräulichen Dienerinnen der Vesta auch für die Domus
Augusta Opfer und Gebete dar.2 Die Vermuthung, welche Froehner aussprach und nach welcher die
opfernde Priesterin die Kaiserin selber ist, beruht auf minder gut erhaltenen Exemplaren; die Abbildung,
die sich in seinem Werke findet, gibt eine der beiden am Altare stehenden Frauen unverschleiert. Unser
Medaillon aber und jener des britischen Museums zeigen sehr deutlich auch an dieser Gestalt den Schleier;

1 Vgl. über die Adlocutionen die gesammelten Stellen bei Spanhemius, De praestantia et usu numismatum anti-
quorum, t. II, p. 62g.

2 Vgl. Marquardt, Rom. Staatsverwaltung, 1878, III, 33o, Note 6.
 
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