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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Leone Leoni's Medaillen für den kaiserlichen Hof
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0068
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58

Friedrich Kenner.

Bald darauf erging der Auftrag des Kaisers an den Künstler, eine Medaille mit dem Bildnisse der
153g verstorbenen Kaiserin Isabella nach dem von Tizian gemalten Porträt zu arbeiten,1 zu welchem
Zwecke Leone im Jahre 1544 diesen seinen väterlichen Freund in Venedig besuchte, um das Modell
nach dem Gemälde herzustellen. Nun gibt es Medaillen mit dem Bildnisse des Kaisers und der Kaiserin
von verschiedener Grösse, zu 73 und 36 Mm.2 Die Porträte sind völlig gleich und auch gleich gross;
nach dem so verschiedenen Durchmesser aber erscheinen sie auf den grossen Medaillen nahezu als
Hüftbilder, auf den kleineren als Köpfe mit einem nur bis zu den Achseln reichenden kleinen Theile
der Büste. Es fragt sich nun, ob die grössere dieser Medaillen der Kaiserin oder die kleinere die im
Jahre 1544 gearbeitete sei.

Plön (p. 261) ist der Ansicht, dass dies die kleinere sei. Er schliesst so: im November 1546 sendet
unser Meister dem Bischof von Arras ein Exemplar derselben, zu welcher einen Stempel herzustellen
er von Seiner Majestät den Auftrag erhalten habe.3 Da hier von einem Stempel die Rede sei, müsse
eben diese Medaille geprägt gewesen sein. Nun habe die grössere der hier in Frage stehenden Schau-
münzen über 70 Mm., wäre also zu gross, um durch Präge hergestellt zu werden; wir wissen in der
That aus einem anderen Briefe Leone's an den Bischof vom 16. October 1555,4 dass die Stempel der
Medaille auf Letzteren, obwohl sie nur 51 Mm. im Durchmesser halten, nach Leone's Ansicht die
grössten sind, welche er selbst und Andere bis dahin gearbeitet hatten.5 Also, so schliesst Plön,
müsse die geprägte Medaille auf die Kaiserin unter 51 Mm. Durchmesser gehabt haben und mithin
könne von den obengenannten nur die kleinere jene sein, welche 1544 entstand.

Ungeachtet dieser gewandten Beweisführung müssen wir dennoch die geprägte Medaille auf die
Kaiserin in die Reihe der verschollenen oder bisher noch nicht aufgefundenen Werke unseres Künstlers
zählen. Denn jene kleinere Medaille, die Plön dafür hält, ist eben nicht geprägt sondern gegossen;
das erkennt man sofort an seiner Abbildung. Auch die Exemplare der kaiserlichen Sammlung sind
Güsse. Eine geprägte Medaille mit dem Bildnisse der Kaiserin, das an Titians Bild erinnern und von
Leone hergestellt sein könnte, ist in der That noch nicht aufgetaucht. Ferner ist zu beachten, dass es
mehrere solcher kleiner Repliken nach Bildnissmedaillen Leone's gibt, alle gleich gross (35—36 Mm.),
fast alle einseitig, in Silber und Bronze gegossen, auf allen der Porträtkopf in derselben Grösse und bis
ins kleinste Detail den Bildnissen auf den viel grösseren Medaillen gleich, aber in ein kleineres Feld ge-
stellt, daher nur als Kopfbilder, nicht als Hüftbilder verwendet. Solche gibt es von Karl V. nach der
grösseren Medaille Leone's, von Kaiserin Isabella, von König Ferdinand und König Maximilian (vgl.
Tafel V, Fig. 5 und 6 und Tafel VI, Fig. 5 und 6), auch diese Letzteren von desselben Künstlers
grösseren Originalen abgenommen. Die Umschrift ist dem Wortlaute nach gleich jener auf den grösseren
aber, weil der Umfang der Medaille verringert ist, kleiner und enger geschrieben. Es ist nach allen diesen
Anzeichen kein Zweifel, dass diese kleineren Medaillen als reducirte Wiederholungen später entstanden
sind als die grösseren Originale. Daher kann man- auch die kleinere Medaille auf Isabella nicht in das
Jahr 1544 sondern erst nach 1549, in welchem ihr Original, die gleiche grössere Medaille hergestellt
worden war, setzen.

Um nach dieser Unterbrechung die Aufzählung der älteren Arbeiten Leone's auf dem Gebiete der
Medaille wieder aufzunehmen, so hat er im Jahre 1544 während seines Aufenthaltes in Venedig auch
die Medaille auf Daniel Hanna (32 Mm., signirt LEO, Rev. vösi) modellirt. Jene auf den älteren Hanna,
Martin (70 Mm., signirt LEO, Rev. Spes mea in Deo est), möchte ich erst auf das Jahr 1546 ansetzen, als
unser Künstler abermals in Venedig war, um — wieder nach einem Bilde Tizian's (jetzt in Neapel) —

1 Einen Abstoss davon schickte Leone am 1. November (1546) an Granvela: »il rittrato della (Im)peratrice che Sua
Maesta mi commandö ch'io facessi in conio si che io lo feci da Tizia(no), come mi comandö S. M.« Plön, p. 354, Nr. 2.

2 Vgl. unsere Tafel V, Fig. 3 und 6; E. Plön, pl. XXXI, Fig. 1, 3 und 5, C.

3 Vgl. obige Note 1

4 Plön, p. 374, Nr. 48.

5 »— — con que conii che sono, a mio credere, i maggiori che anchor si siano ne da me ne da altri fatti — — »
 
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