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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Leone Leoni's Medaillen für den kaiserlichen Hof
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0111
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Leone Leoni's Medaillen für den kaiserlichen Hof.

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wir das zutreffende Urtheil völlig theilen müssen, welches der Prinz selbst beim Anblicke seiner eigenen,
so sehr an die Medaille erinnernden Büste fällte, als er sie bei Leone in Mailand zum ersten Male sah:
»e si stupi, che non sapeua che dire, per cio che, oltre che la efigie sia naturale, io ci o espresso quel,
che giudico il S(erenissimo) l'alterezza del animo, il posar dela persona et la scimetria dele membra.«'
Dieselbe imponirende Vornehmheit finden wir in den unvergleichlich schönen Büsten Karl V. und
Ferdinand I., die man nicht anstehen wird, als Leone's beste Medaillenbildnisse zu bezeichnen.

Dazu kommt als weiterer Vorzug, den unser Meister in seiner neuen Stellung entwickelt, die
Durchführung des Details und der Vortrag, welcher völlig mit der Darstellung übereinstimmt, gleichsam
ein Ausfluss der Auffassung, eine Wirkung des Eindruckes ist, den der Künstler von dem Gegenstände
seiner Aufgabe erhielt. Sie ist nicht glatt und geleckt, noch trocken fleissig sondern vereinigt Zartheit,
Geschmack und Gewissenhaftigkeit mit der Sicherheit des im Metallschnitt erfahrenen Mannes. Die
stoffliche Behandlung von Kleidern und Schärpen, die Wiedergabe des Schmuckes, das glänzend durch-
geführte Ornament am Harnisch wie am Frauengewande wetteifern mit der lebenswahren, reich detail-
lirten und bestimmten Darstellung des Gesichtes, auch seiner feinsten Züge und Theile, wie des Ohres
und des Mundes. Im Bildniss hat Leone schon im Jahre 1541 mit dem trefflich charakterisirten wetter-
harten Seeheldenantlitz des Andrea Doria grosse Erwartungen erregt; was er damals versprach, löste
er in den für den Hof gearbeiteten Medaillen reichlich ein.

Er ist sich dieses Vorzuges seiner Arbeiten selbst sehr wohl bewusst; wenn er über sie schreibt, —
und er thut dies ähnlich wie Benvenuto Cellini mit grosser Selbstgefälligkeit — so weiss er sich kaum in
Worte genug zu fassen über die Aehnlichkeit seiner Bildnisse, vorzüglich aber über die Ausführung. In
der That machte ihn die gewählte Art der Wiedergabe und die Vollendung, die er seinen Arbeiten zu
geben verstand, vor Anderen geeignet, jenen höchsten Kreisen zu dienen, in welchen die Repräsentation
nach aussen hin eine wichtige Rolle spielt. Hierin war der spanische Hof allen anderen voraus und es
kann als bezeichnend angesehen werden, dass der prachtliebende König Philipp IL, als er zur Regie-
rung kam, gerade zwei Schüler Leone's, seinen Sohn Pompeo und dessen Zeitgenossen Jacopo Trezzo
in seine Dienste nahm.

Aber es begreift sich andererseits aus den genannten Merkmalen, insbesondere aus dem erstaun-
lichen Grade der Ausführung seiner Werke, dass Leone kein Fa-presto war. Er hatte allerdings einen
Hang zu gemächlichem Wohlleben und zum Theile mögen die Vorwürfe gerechtfertigt sein, welche
ihm Granvela wegen der langsamen Fortschritte seiner Arbeiten machte. Ja Leone selbst gesteht im
Jahre 1555 seine Langsamkeit in den vergangenen Jahren ein und verspricht, nicht mehr faul zu sein.2
Aber, man muss dies andererseits zugeben, die Bestellungen des Hofes waren für die damaligen Ver-
hältnisse in der That sehr umfangreich; es erregt geradezu Erstaunen, welche Anzahl von Büsten, Sta-
tuen und Medaillen Leone zwischen 1550 und 1555 herstellte, zumal als das dazu nöthige Geld und
Materiale keineswegs immer prompt zur Verfügung war; vor Allem ist es aber bezeichnend, dass er un-
geachtet der Fülle der Arbeiten und trotz fortwährenden Gedrängtwerdens niemals schleuderisch ge-
worden ist.

Hierin liegt auch das wesentliche Merkmal, das ihn von anderen zeitgenössischen Contrefaitern
unterscheidet; von diesen kommt ihm nur Jacopo Trezzo nahe, der ja als Edelsteinschneider ebenso wie
Leone als Goldschmied für die sorgsamste Durchführung geschult war. Dagegen steht der fruchtbarste
und im mittleren Italien berühmteste Bildnissmedailleur jener Zeit, Pastorino, an Gewandtheit und
Tiefe der künstlerischen Empfindung den eben genannten gleich, wenn nicht überlegen, ihnen gerade
in der äusseren Feinheit und Vollendung nach; dies mag sich wohl auch daraus erklären, dass er sich
verhältnissmässig spät der Medaille zuwandte und vorher Glasmaler und Stuccoarbeiter war, also einer
frühzeitigen Ausbildung in der Behandlung des Metalls und des Edelsteines entbehrte.

1 Plön, p. 363, Nr. 21, undatirter Brief Leone's an Granvela aus dem Jahre 1550.

2 Plön, p. 375, Nr. 48.

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