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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Die Zeugbücher des Kaisers Maximilian I. [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0203
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Die Zeugbücher des Kaisers Maximilian I.

177

Also muss ein jedes schloss und stat

Gegen meim schreien aufgeen drat.
Der kaiser Maximilian

Sol von mir allzeit ein trost han.

Bl. 143. Ueberschrift: »Der greulich Leo«.

Abbildung eines Hauptstückes von Metall, auf einem hölzernen behauenen Rahmen gelagert, ohne
Schildzapfen, mit kleinen glatten Henkeln. Vorne im langen Feld sind im Relief die Embleme des
Vliessordens mit dem Andreaskreuz ersichtlich, oben die Kaiserkrone, ringsherum in Farben bemalte
Wappenschilde, und zwar: der Bindenschild und Tirol heraldisch rechts, unten der römische Königs-
adler, links Burgund und Mailand; rings umher die sprühenden Flammen, dahinter eine leere Car-
touche. Vor den Henkeln erblickt man einen stilisirten Löwen. Das Mittelfeld ist sonst glatt. Das
Bodenstück ist reich gegliedert und jede Gliederung mit gothisirenden Bogenfriesen geziert. Das Zünd-
loch ist mit einem Charnierbande geschlossen. Vorne liegen zehn eiserne Kugeln auf dem Boden, da-
neben zwei Bohlen. Rückwärts ist eine Prellwand aus aneinander geklammerten Balken dargestellt,
welche von rückwärts mittelst Streben durch eingegrabene Balken gestützt wird; weiters eine Hebstange
und ein Erdstössel.

Genaue und gepauste, jedoch minder gut ausgeführte Copie der Darstellung des Jörg Kölderer
im Codex icon. 222, Blatt 36, auch 48'.

Der Befehl zur Herstellung dieses Hauptstückes findet sich in der mehrmals erwähnten Instruction
des Königs an Freysleben von 1500, wo es heisst: »Ain hauppüchsen, genant die ,Lew'; darzu
sollen 100 zenten gepraucht werden«.' Nachdem die Anordnung für die nächsten zwei Jahre gilt, so
dürfte das Stück 1501 oder 1502 gegossen worden sein. Es wurde Schwazer Kupfer zu demselben
verwendet. Ein Meister wird nicht angegeben. Kugeldimension 3 Cm.

Bl. 143'. Randverzierung im Stile der vorherbeschriebenen. Links zwischen den Ranken steht
ein Strauss mit einem Hufeisen im Schnabel. — Inschrifttext:

Des »Straussen« natur ist so getan,

Das er eisen verdeuen kan.
Doch hab ich ein pessern magen,

Wie ir von mir habt gehört sagen.
Manches schloss ich verdeut han,

Die kaiser Maximilian
Nicht wolten sein gehorsam recht.

Darumb bin ich im ein treuer knecht.

Bl. 144. Ueberschrift: »Der wunderlich Strauss«.

Abbildung eines Hauptstückes von Metall, auf unbehauenen Kanthölzern gelagert. In der Aus-
zierung ist es ganz ähnlich dem vorherbeschriebenen; nur sind die Henkel quer geriffelt und enden
in Drachenköpfe und ist im Mittelfelde statt des Löwen ein stehender Strauss in Relief dargestellt,
welcher ein Hufeisen im Schnabel hält. Daneben liegen auf dem Boden eilf eiserne Kugeln, ferner ein
Zimmerbeil, eine hölzerne Mulde, ein gefüllter Pulversack, ein Zugseil, in Schlinge gelegt, ein Wischer,
endlich eine Ladeschaufel. Genaue und gepauste, jedoch minder gelungene Copie der Darstellung des
Jörg Kölderer im Codex icon. 222, Blatt 36', auch 48.

Wann der Strauss gegossen wurde, ist unbekannt; doch ist auch dieser um 1502 entstanden und
von dem Meister des »Leo« gefertigt worden. Am 11. August 1503 befiehlt der König, die »Strewssin«
sofort ins Zeughaus nach Lindau abzusenden.2 Ein Jahr darnach gelangt das Rohr nach Strassburg.3
1509 ist es aber wieder unter dem Belagerungsgeschütz vor Padua an der Brenta.4 Kugeldimension
37 Cm.

1 Jahrbuch II, Reg. 616.

2 Jahrbuch III, Reg. 2530.

3 Jahrbuch III, Reg. 2571.

4 Fugger, Ehrenspiegel.

XIII. 2i
 
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