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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Ältere orientalische Teppiche aus dem Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0303
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ÄLTERE ORIENTALISCHE TEPPICHE

AUS DEM BESITZE DES ALLERHÖCHSTEN KAISERHAUSES.

Von

Alois Riegl.

ie bedeutsame Rangstellung, die der Wiener Kaiserhof so viele Jahrhunderte hin-
durch in der Reihe der europäischen Höfe einnahm, erforderte bei zahlreichen
Anlässen die Entfaltung eines der vornehmsten Macht der Christenheit angemes-
senen festlichen Schaugepränges. Es ist daher anzunehmen, dass man für solche
Fälle schon frühzeitig einen Decorationsapparat angelegt hat, in welchem natur-
gemäss Gegenständen von textiler Beschaffenheit (Draperien, Wandbehängen,
Teppichen, Zelten) die wichtigste Rolle zukam. Trotz der Vergänglichkeit alles

textilen Materiales und insbesondere der thierischen Wolle ist dank der Kostbarkeit der bezüglichen
Gegenstände und der deshalb auf ihre Conservirung verwendeten Sorgfalt verhältnissmässig nicht Weniges
von dem textilen Decorationsapparat der Wiener Hofhaltung aus früheren Jahrhunderten auf unsere
Tage gelangt. So kam etwa vom XV. Jahrhunderte ab die ebenso reiche als auserlesene Sammlung von
gewirkten Wandbehängen (Gobelins) zu Stande, die in den ersten vier Bänden des Jahrbuches ihre Ver-
öffentlichung gefunden haben. Einen zweiten, nicht minder wichtigen Theil des Festapparates bildeten
die orientalischen Teppiche, mit denen der Boden der den Festlichkeiten gewidmeten Innenräume belegt
zu werden pflegte. Diese Verwendung zum Bodenbelag brachte es freilich mit sich, dass die aus älterem
Besitz des Allerhöchsten Kaiserhauses stammenden Teppiche zum überwiegenden Theile nicht in so
tadellosem Zustande der Erhaltung auf uns gekommen sind als die zur Wandbekleidung verwendeten
Gobelins. Während diese letzteren noch heute in ausgedehntem Masse zur Wanddecoration heran-
gezogen werden, gelangen die orientalischen Teppiche aus dem älteren Besitzstande in keinem Falle
mehr zur praktischen Verwendung sondern ruhen sorgfältig verwahrt in den Depoträumen des Schön-
brunner Schlosses. Eine Ausnahme findet etwa nur dann statt, wenn es gilt, durch die öffentliche
Schaustellung dieser Teppiche Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder der belehrenden Unter-
haltung zu fördern, wie dies z. B. auf der vor Kurzem stattgefundenen Ausstellung orientalischer
Teppiche im k. k. Handelsmuseum der Fall war.

Den Inventaren zufolge war der Besitzstand an orientalischen Teppichen an den Habsburgischen
Hofhaltungen schon im XVI. Jahrhundert ein überaus reicher. Was sich aus den bezüglichen Inventar-
angaben sonst noch Aufklärendes für die Geschichte der orientalischen Teppiche überhaupt und ins-
besondere für diejenige der noch heute im Besitze des Allerhöchsten Hofes befindlichen Exemplare ent-
nehmen lässt, wird besser am Schlüsse dieser Abhandlung Platz finden. Hier sei blos vorausgeschickt,
dass die naheliegende Vermuthung, es möchten die geographische Lage und die mannigfachen politi-
schen Beziehungen des Reiches zum Orient auf den Import orientalischer Teppiche an den Wiener
Hof einen begünstigenden Einfluss geübt haben, in der That durch mehrfache Inventarnotizen ihre
Bestätigung findet.

Die Gesammtzahl der heute noch im Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses befindlichen älteren
orientalischen Teppiche beträgt fünfzehn. Zwei davon sind Doubletten; die nach Abzug derselben

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