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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Drach, Karl Alhard von: Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0021
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Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.

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wohnung und herberg in unser münz oder sonsten unser gelegenheit nach und noitturftig holz und kohlen zue
seiner befeurung und behuef seines handwerks. Wenn ehr uns aber außer unser auerwerk ein neu werk macht
daßelbig soll ihme von uns in zimlichen pillichen werth bezahlet werden. In urkunth haben wir uns mit aigen
handen underschriben und unser secrett hiruff getruckt. Signatum Caßell den 25*™ julii anno etc. 1579

Wilhelm landgrave zu Heßen.

Demnach geredde und verspreche ich obgenanter Joist Burgk, alles und jedes, so in dißer bestallung
von mir geschriben und mich belangen thut, steht, vest und unverbrüchlich zu halten und dem in alle wege
unweigerlich nachzukommen gedenke, inmaßen solchs hochgedachtem meinem gnädigen fursten und hern zu
Heßen etc. gelobt, einen leiblichen aid zu gott und seinem heiligen wort geschworen und deßen meinen revers-
brief ubergeben habe. In urkund hab ich mich mit eignen handen underschriben und mein gewönlich ring-
pittschaft hiruf getruckt. Geben und geschehen im jähr und tagk, wie obstehet.

Durch welche Umstände Wilhelm IV. zur Berufung des Meisters veranlasst worden war, wissen
wir nicht; nicht einmal begründete Vermuthungen lassen sich darüber aufstellen, da von Burgi's
Vorleben gar nichts bekannt ist.1 Man hat im Hinblick auf die Umschrift von Burgi's Porträt auf
einem später zu besprechenden Kupferstiche, den die Heliogravüre auf Taf. I treu wiedergibt, 1552
als sein Geburtsjahr angenommen. Wie wir noch sehen werden, könnten indessen 1551 und 1553
gleichfalls in Frage kommen. Von Interesse und Wichtigkeit sind Unterschrift und Siegel des obigen
Documentes. Auf allen uns zu Gesicht gekommenen Autographen des Meisters findet sich sein Name
so geschrieben wie oben; wir möchten daher für die Zukunft statt den Verunstaltungen, welche sich
eingeschlichen haben, diese Schreibung empfehlen.2 Durch das Petschaft mit der Eule, zwei Sternen
und dem wohl ein Messwerkzeug repräsentirenden gezahnten halben Zirkel scheint der Besitzer sich
mehr als Verfertiger von mathematischen und astronomischen Instrumenten denn als eigentlichen Uhr-
macher kennzeichnen zu wollen. Dass Burgi beim Landgrafen auch jene Aufgabe wirklich zufiel, ist
bekannt und wird von uns überdies später actenmässig erwiesen werden; es geht ausserdem schon aus
dem Wortlaute der vom 1. Jänner 1574 datirten Bestallung seines Vorgängers hervor, welche sich im
Marburger Archiv, ebenfalls als Abschrift im Revers desselben, erhalten hat. Der Landgraf verlangt
darin, dass der Uhrmacher auf »uhren und andere instrumenta mathematica vleißig ein achtunge haben,
sie stellen und rein halten, was daran wandelbar wird, flicken und beßern soll; würde er aber uns etwas neues
machen wollen, würden's mit ihme deßhalben jederzeit eines zimblichen werts verglichen«.

Dieser Vorgänger Burgi's hiess Hans Buch oder Buch er; er stammte aus Augsburg und scheint
den Nachrichten nach, welche wir über ihn gefunden haben, nur ein äusserst geschickter Arbeiter in
seinem Fache, dagegen keineswegs ein so vielseitiger Mensch und genialer Kopf wie Burgi gewesen
zu sein. Derjenige, welcher vor des Letzteren Eintritt beim Uhren- und Instrumentenbau des Land-
grafen die neuen Constructionen zu ersinnen und deren Ausführung zu leiten hatte, war der spätere
Hofbaumeister Ebert Baldewein, ein Autodidakt, welcher sich vom Schneiderhandwerke aus zu
jener Stellung emporgearbeitet hat.

Ueber Baldewein und seine Arbeiten müssen wir uns, weil sein Name im Laufe der Zeiten durch
den Burgi's verdrängt worden ist, mit einigen Worten auslassen. Er wurde am 22. April 1568 als

1 Rudolf Wolf sagt zwar in seiner »Geschichte der Astronomie«, S. 273: »Zu Lichtensteig im Toggenburg, wo
das Geschlecht der Bürgi noch jetzt vertreten ist, im Jahre 1552 geboren, hatte Joost nach dürftigem Schulunterrichte den
Uhrmacherberuf ergriffen, — war sodann auf Reisen gegangen, welche ihn muthmasslich nach Strassburg führten, wo
soeben durch Landsleute von ihm unter Leitung des uns schon bekannten Conrad Dasypodius die als Wunderwerk ange-
staunte astronomische Uhr gebaut worden war, — hatte wahrscheinlich von Letzterem, der mit Wilhelm bei Christian
Herlin auf derselben Schulbank gesessen haben mochte, eine Empfehlung an den Landgrafen erhalten.«

2 Wegen der Latinisirung des Namens in »Byrgius« wäre es denkbar, dass die gewöhnliche Aussprache »Bürgi»
gelautet und vielleicht der Meister selbst mit seinem schweizerischen Dialekt dies veranlasst habe.

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