Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

DOI issue:
Abhandlungen
DOI article:
Drach, Karl Alhard von: Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0049
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
44

C. Alhard von Drach. Jost Bürgt, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.

Das Schriftstück trägt noch die Vermerke: p(rae)s(entatum) 26. octobris und: Ex(peditum) 29. octo-
bris 1621; wir dürfen annehmen, dass unter letzterem Datum das Privileg für Burgi ausgefertigt
wurde, da kein Grund vorliegt, weshalb auf die vom Statthalter von Böhmen, der beim Kaiser in
höchsten Gnaden stand,1 unterstützte Supplik ein abschlägiger Bescheid erfolgt sein sollte.

Wenn Burgi wirklich, wie Bramer bezeugt, im Jahre 1610 seine Progresstafel schon fertig
hatte und also der erste Erfinder von Logarithmen gewesen ist, so wäre er zwar bezüglich der Ver-
öffentlichung der neuen Disciplin durch Neper mit dem 1614 erschienenen Werke: »Mirifici loga-
rithmorum canonis descriptio eiusquc usus in utraque trigonometria etc. etc., authore et inven-
tore Joanne Nepero, baronc Merchistonii etc. Scoto, Edinburgh ex officina Andreae Hart,
bibliopolae«, überholt gewesen; nichtsdestoweniger hätte jedoch, wenn der »gründliche bericht« zu-
gleich mit den Tafeln 1620 erschienen wäre, seine Erfindung in Deutschland und auch anderwärts
wohl früher Eingang gefunden als die des schottischen Barons und es wäre ihm der verdiente Ruhm
dafür zu Theil geworden. Nachdem indessen die Herausgabe damals nicht erfolgt war, hätte eine
solche während der Stürme des Deutschland verheerenden dreissigjährigen Krieges kaum einen Zweck
gehabt; Burgi erkannte dies auch und, um mit Bramer's Worten2 zu reden, »weil aber die in ganz
Teutschland noch wehrende große unruhe sich damals in Böhmen entsponnen und daselbsten ein anfang ge-
nommen, ist solches alles liegen verblieben, bis er endlich in anno i632 sich in hohem alter wider nacher Caßel
begeben und folgendes jähr auch daselbsten verstorben«.

Dass diese Angaben über Burgi's Todeszeit und demzufolge auch die über seine Rückkehr nach
Cassel nicht richtig sind sondern Bramer darin um ein Jahr fehlte, wurde schon von Strieder, dem
Verfasser einer hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte bemerkt,3 nachdem er den Vermerk
über Burgi's Tod »selbst im kirchenbuchc sehen können«. Derselbe findet sich nicht im Todtenbuche
der Hofgemeinde, wie man wegen Burgi's Eigenschaft als landgräflicher Hofdiener erwarten könnte,
sondern in dem der zur St. Martinskirche gehörigen sogenannten Freiheiter Gemeinde.

Mit einer correcten Wiedergabe dieser Eintragung, wie sie wohl von einem Kirchendiener, nicht

vom Geistlichen gemacht worden ist, schliessen wir unsere Mittheilungen; sie lautet:4

Annus domini i632. Jost Burgi von Liechsteig aus Schweitz, seiner kunstiein Uhrmacher aber der erfah-
rung ein berümbter (am kaiserlichen hoff und fürstlichen hoffen) astronom und gotselig mann, aetatis 81 anno.

Kein Denkstein gibt Kunde, wo der Meister die letzte Ruhestätte gefunden hat.

1 Im Basler Universallexikon lesen wir über ihn, Bd. II, S. 509: »Nachdem er noch andere proben seiner treue
abgelegt und die Sachen des kaisers Ferdinand II. in Böhmen etwas glücklich liefen, machte ihn derselbe nicht allein zu seinem
cämmerer und geheimen rathe sondern auch zum Statthalter dieses königreichs und trug ihm die inquisiton und execution
wieder diejenigen auf, so sich vor andern gegen den kaiser gesetzet hatten. Er ließ also anno 1621 den 11. junii zu Präge
den grafen Joachim Andreas Schlicken nebst vielen andern vornehmen personen öffentlich hinrichten und die übrigen, so
entwichen waren, citiren.«

2 In der Vorrede »An den günstigen leser«, welche dem dritten Theil des Apollonius Cattus oder »anhang eines be-
richts von maister Jobsten Burgi geometrischen triangularinstrument etc.«, vorhergeht.

3 Der vollständige Titel lautet: »Grundlage zu einer hessischen Gelehrten und Schriftstellergeschichte seit der Refor-
mation bis auf gegenwärtige Zeit, besorgt von Friedrich Wilhelm Strieder, Cassel- 1785. — Der Artikel über Burgi findet
sich Bd. I, S. 522ff. (als Anmerkung zu Bramer), die angezogene Bemerkung aber Bd. II, S. 526.

4 Es finden sich noch folgende auf Burgi bezügliche Notizen in den Kirchenbüchern von St. Martin:
»Annus domini 1632 februarius 17: Katharina Braun aetatis anno 75, Jost Burgi seligen relicta«, (begraben),
»Annus Christi 1611 iunius 17: Justus Pyrgius und Catharina, Hieronymi Oerings widbe«, (Verehlichte),
»Annus Christi 1609 october 12: Justi Pyrgii hausfrau« (begraben).

üb diese letztere eine geborene Bramer gewesen und wie sie mit dem Vornamen geheissen, ist leider nicht angegeben.
 
Annotationen