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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Haendcke, Berthold: Josef Heintz, Hofmaler Kaisers Rudolf II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0052
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Josef Meilitz, Hofmaler Kaisers Rudolf II. .y

Soviel ich weiss, besitzen wir keine weitere Arbeit des Künstlers, die unter dem Einflüsse der
damaligen Baslerisehen Malschule entstanden ist. Aber welcher Maler hätte sich in Basel selbst in
diesen Jahren, dem Einflüsse Hans Holbein's des Jüngeren entziehen können? Auf Josef Heintz
hat dieser stark eingewirkt. Wir können dies heute noch an der Hand mehrerer Zeichnungen beweisen
Eines der Blätter gibt uns eine Copie der Kreuzigung Christi aus der gezeichneten Passionsfolge Hans
Holbein's. Die Bezeichnung lautet: »Joseph Heintz noch eynen Holbeynschen 1581«. Der Handriss
ist mit der Feder gezeichnet und braun getuscht. Heintz hat sich eng an das Original angeschlossen;
enger als sein »Lehrer« H. Bock, der dasselbe Blatt nicht lange vorher copirt hatte. Beide Copien
befinden sich heute im Besitze der Künstlergesellschaft in Basel. Glücklicherweise können wir die
Spuren dieser Studien nach Holbein noch etwas länger verfolgen. In dem an Handzeichnungen unseres
Künstlers sehr reichen Cabinete zu Berlin wird ein Studienblatt (Nr. 3686) aufbewahrt, das rechts
oben signirt ist: »noh Holbein Joseph Heintz 83.« Auf der oberen Hälfte des Blattes sprengt ein Reiter,
seinen Streithammer schwingend, auf sich hochaufrichtendem Rosse nach rechts. Die Füsse des Reiters
und die Hinterbeine des Pferdes fehlen. Wir haben hier offenbar eine Studie des jungen Heintz nach
dem Ritter Curtius auf Holbein's berühmtem Fresco des Hauses »zum Tanz« in Basel vor uns. Etwas
tiefer als der Reiter ist ein hämmender Schmied im Profil gezeichnet. In der Mitte darunter sehen wir
ein bekränztes Bauernmädchen im Tanzschritt nach links eilen. Auf ihrer Linken ruht eine andere
rechte Hand. Das Mädchen ist ebenfalls von jener Hausfacade, aus dem köstlichen Bauerntanz copirt.
Die Technik ist überall schwarze Kreide; die Zeichenmanier sehr einfach und sorgsam, fast penibel.

Durch sämmtliche Kunstgeschichten geht seit Sandrart die Notiz, Kaiser Rudolf II. habe Heintz
nach Rom geschickt. Aus dieser allgemeinen Angabe wird in der neueren Literatur gefolgert, Heintz
sei vom Kaiser seiner künstlerischen Ausbildung wegen nach Italien gesandt worden. Janitschek
schreibt (a. a. O., p. 541): »Ein Glück für ihn war es, dass ihn der Kaiser gleich 1594 nach Italien
sandte, um Copien herstellen zu lassen.« Diese Angabe ist nun an sich nicht ganz unrichtig; denn der
Kaiser sandte Heintz in der That einmal nach Italien. Aber in dem Sinne, in dem Janitschek diese Be-
gebenheit im Leben unseres Malers auffasst, ist dieselbe nicht zu denken.

Zwei Handzeichnungen in der Albertina beweisen unumstösslich, dass Josef Heintz bereits 1585
in Rom war und sich dort 1587 noch befand. Auf dem einen Blatte (Nr. 3n) ist der hochgeschnäbelte
Bug eines Schiffes gezeichnet, das von einem stark nach rechts ausschreitenden Weibe an einem
dicken Seil gezogen wird. Auf der »Back« steht, von einer Säule getragen, die Gestalt einer Göttin.
Die Beine jener Frau bekleidet ein vom Gürtel herabfallendes Gewand, welches das rechte Bein bis
zum Knie unbedeckt lässt. Den mit einer Kinnbinde umwickelten Kopf wendet die Frau uns voll zu.
Es rst die Vestalin Claudia, welche das Schiff mit dem Bilde der Cybele, das in dem Tiber festgesessen
hatte, auf wunderbare Weise bewegt.

Die Formen sind sehr robust. Die Gewänder sind in fliegende, conventionell geordnete breite
Falten gelegt. Die Tuschirung ist nicht ungeschickt. Mir scheinen in diesem Blatte, sowohl in der
Formensprache als auch in der technischen Durchführung, noch Reminiscenzen an die Baslerische Schule
bemerkbar zu sein. Bezeichnet ist das Blatt: »nach Polidor Josef Heinz, Rom 1585«- Eine zweite
Copie nach Polidor, von der Hand des Josef Heintz in ähnlicher Technik ausgeführt und wahrschein-
lich zur selben Zeit entstanden, befindet sich in der Albertina unter den Zeichnungen der italienischen
Schule, Scuola Romana, 465. Sie wird dort dem Polidorus selbst zugeschrieben.'

Auf einer dritten Zeichnung der Albertina, aus diesem ersten römischen Aufenthalte (Nr. 298),
sprengen zwei Reiter nach links. Die Signatur lautet: »Joseph Heinz Rom 87 nach raphl. in cama del
papa.« Die Reiter sind aus dem Attilafresco copirt. Man hat den Eindruck, als ob der Künstler nach
einem Relief gearbeitet hätte; so flach ist Alles modellirt. Uebrigens ist die Tuschirung in den Schatten
zu schwer und auch fleckig. Die Muskeln treten übermässig stark hervor. Durch diese starke Betonung

■ Vgl. F. Wickoff, Die italienischen Handzeichnungen der Albertina, II. Theil, im XIII. Bande dieses Jahrbuches,
S. XXXVIII.
 
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