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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Paulus van Vianen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0112
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98

Heinrich Modern.

Bei den Medaillen, wo Signatur und Datum mit dem Grabstichel eingravirt sind, sind nicht zwei
Monogramme von den sechs nachgewiesenen vollkommen gleich; beide Buchstaben erscheinen, wenn
auch nicht wesentlich, variirt und auch das Grössenverhältniss zu einander wechselt.

Bezüglich der Technik sei hervorgehoben, dass vielfach die beiden Seiten der Medaille einzeln
gegossen wurden: so bei der Kurfürstenmedaille, bei der Medaille Christian II. 1607, des Bischofs
von Eichstädt 1608, des Herzogs von Braunschweig i6i3. Die einseitigen Medaillen Christian II. i6i<>
und der Kaiserin Anna 1614 sind dünne Plättchen, die auf stärkerer Basis zu befestigen sind.

Auffallend und bezeichnend ist die besondere Dünne der gegossenen Plättchen, die ein bedeuten-
des technisches Können verrathen.

Adolf Erman bezeichnet die ihm bekannten Medaillen des Monogrammisten P.V. als ziemlich
schwach; meines Erachtens dürfte er mit diesem absprechenden Urtheile vereinzelt dastehen. Die auch
ihm bekannte Vanitas-Medaille vom Jahre 1612 gehört zu den besten Arbeiten auf diesem Kunstgebiete;
ihr reiht sich würdig die Kurfürstenmedaille an, welche schon Boitzenthai als Arbeit ersten Ranges er-
klärt. Die Porträtmedaillen stehen allerdings nicht auf gleicher Höhe; doch können die beiden Rudolfs-
medaillen, der Bischof von Eichstädt, die Herzogin Elisabeth von Braunschweig und das Herzogspaar
August der Jüngere den besten zeitgenössischen Arbeiten an die Seite gestellt werden. Es ist auch im
Auge zu behalten, dass es sich hier öfters um mehr oder minder schlecht bezahlte Bestellungen
handelte, die in Menge ertheilt und ausgeführt wurden. Die Medaillen vertraten im XVI. und XVII. Jahr-
hunderte unsere Photographien.

Nicht zu verkennen ist der Einfluss, den Vianen auf diesem Gebiete des Kunstschaffens auf seine
Zeitgenossen ausübte. Es gibt eine Reihe von Medaillen, zu Vianen's Lebzeiten und nach seinem Tode
entstanden, welche die grösste Verwandtschaft mit seinen Arbeiten aufweisen. Ohne den Rahmen dieser
Studie willkürlich und ungebührlich zu erweitern, kann hierauf nicht näher eingegangen werden.

Schliesslich kommen wir zu den von Paulus van Vianen gemalten Bildern und den von ih
erhaltenen Porträten, die mit Ausnahme der bereits reproducirten Radirung von Jacobus Lutma auf
Selbstbildnisse zurückzuführen sind. Verschollen ist das Porträt Hans von Achen's, das Paulus van
Vianen gemalt hat und das wir aus der erwähnten Radirung kennen; verschollen sein Mercur un^
Argus, dessen Hoet in den Auctionsverzeichnissen Erwähnung thut. Wir haben gesehen, dass König
Karl I. von England, dieser grosse Kunstkenner und Sammler, sich mit Vianen in Prag selbst in Ver-
bindung gesetzt und von ihm ein getriebenes Silberrelief erworben hat. König Karl I. von England
besass aber nicht nur ein grosses Silberrelief sondern auch ein Bild Vianen's. Dasselbe wird in seinem
Kataloge, S. 137, ausführlich und prägnant folgendermassen geschildert: »The Venetian captain i"
armour, holding a yellow scarf in his right and with his left hand leaning against a pillar, holding ä
handkerchief, bought by the king, so big as the life to the knees, in an old carved wooden frame, pain1'
ed upon cloth. 4 f 5" h. 3' 6" br. Done by Paul Vianen, bought by the king.«

Dieses Bild hängt meines Erachtens derzeit in der Münchener Pinakothek (unter Nr. 673) un^
wird auf Grund älterer Inventare dort dem Hendrik Goltzius zugeschrieben. Der Katalog (IV. Auflagt
1891) schildert es folgendermassen: »Bildniss eines Fahnenträgers in geschlitztem grauen Gewan^
und weiss-roth-gelber Schärpe, mit grün-gelb-weissem, kurzstieligem Banner, halbe Figur nach rechtS'
Im Grunde oben ein cartellino mit Wappen und rechts: Aetatis suae 36 AN0 DOMINI 1590, Lein'
wand, 1-07 M. h., o-86 M. br., Mannheimer Galerie.«

Diese Beschreibung ist dahin zu ergänzen, dass die linke Hand, welche die Fahne trägt, auf einen1
braunen schmalen Holzpfosten ruht, dass der Fahnenträger, wie aus den Contouren unzweifelhaft her-
vorgeht, unter dem Wamse einen Panzer trägt und dass er mit einem Schwerte umgürtet ist; die rechte
Hand ist in die Hüfte gestemmt, gerade dort, wo die Schärpe geschlungen ist, so dass es den Ansehen1
hat, als ob die leichtbewegten Finger die Schärpenenden halten würden. Die Fahne selbst ist gera<Je
ober dem Kopfe des Fahnenträgers und in jenem Theile, der über den Bannerstiel oberhalb der Han^
geworfen ist, gelb.
 
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