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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Frimmel, Theodor v.: Unveröffentlichte Gemälde aus der Ambrasersammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0169
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Unveröffentlichte Gemälde aus der Ambrascrsammlung.

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Eine holländische Winterlandschaft mit einer Windmühle. Auf dem Eise sind viele Schlitten
und Schlittschuhläufer sichtbar; vorne steht ein angespannter Schlitten und zwei Damen sind eben im
Begriffe einzusteigen, während ein Herr, die Zügel und die Peitsche in der Hand, sie erwartet. — Diese
Landschaft ist sehr schön gezeichnet und mit zartem fleissigen Pinsel in der Manier des Joh. Breughel
ausgeführt. Ein seltener Meister.«

Im Versteigerungskatalog der Sammlung von Erasmus v. Engert (Wien 1871) wird als Nr. 7
verzeichnet:1

»Avercam (sie!) Heinrich . . .

Holländische Winterlandschaft. Auf einer grossen Eisfläche zahlreiche Schlittschuhläufer. Ein
herrliches Bild des Meisters, voll Leben und Bewegung in jeder einzelnen Figur, [von] prachtvollem
klaren Ton und vorzüglicher Erhaltung. — Monogrammirt. Holz. H. 93/±"- Br- HVa"-«

Dieses Bildchen wurde von Jos. Lippmann Ritter v. Lissingen erstanden, war 1873 im k. k. öster-
reichischen Museum für Kunst und Industrie ausgestellt, wurde auf der Vente Lissingen von 1876 ver-
steigert und ist mir (sowie Herrn v. Lissingen) gegenwärtig aus den Augen gekommen.2

Auf der Berliner Auction Waldeck im Februar 1887 kam eine Zeichnung von Avercamp vor, die
ich nicht gesehen habe.

In der Versteigerung der Sammlung J. C. v. Klinkosch (Wien 1889) wurde als Nr. 5 ein äusserst
feines, gut erhaltenes Bildchen von schöner Luftperspective verkauft.3 Der Katalog gibt eine kurze
Beschreibung des Bildes, das auf einem kleinen Schlitten das echte Monogramm des Künstlers in weissen
Zügen aufwies. Dieser Avercamp stammt angeblich aus der Sammlung Dräxler's von Karin.

Im Katalog der Versteigerung J. L. Menke aus Antwerpen (Köln 1890) wird ein Bildchen des
Avercamp, das aus der Sammlung Pierre Fagel in Ypern stammen soll, folgendermassen beschrieben:
»Zugefrorenes Wasser, auf dem sich zahllose Figuren aller Stände mit Schlittschuhlaufen, Schlitten-
fahren etc. belustigen; im Hintergrunde rechts eine befestigte Stadt mit Thürmen und Windmühlen.
Sehr gutes helles Bild. Unten links bezeichnet: Avercamp. Holz. Höhe 26, Breite 24 Cent.««

Das Werk des Avercamp aus der Ambrasersammlung ist bisher nur durch meine Erwähnung in
der Seemann-Lützow'schen »Kunstchronik« (XXIV, Sp. 561, Anmerkung) in der Literatur bekannt ge-
worden. Es galt vorher stets als Brueghel oder als ein Bild aus dessen Richtung. Bei Primisser (S. 155,
Nr. 84) ist es als ein Werk im »Stil des J. Breughel« verzeichnet. »Eine Landschaft im Winter. Viele
Personen belustigen sich mit Schlittschuhlaufen. 11 Z. hoch, 1 F. 5% Z. breit. Holz.« Auch bei Sacken
(II, S. 65, Nr. 15) steht es als ein Werk im Stil des Brueghel verzeichnet. 1884 wurde unser Bild aus
der Ambrasersammlung in die Vorrathsräume des oberen Belvedere gebracht, von wo es bei der Ueber-
tragung der Galerie ins neue Museum ins Depot des neuen Hauses gelangte; dort befindet es sich noch
gegenwärtig.

Zur Ergänzung der nebenstehenden Abbildung (Taf. XX) gebe ich einige beschreibende Notizen,
wobei besonders auf die Farben Rücksicht genommen wird. Was die dargestellten Personen betrifft, so
erblickt man ganz rechts einen Bauer in zinnoberrother Jacke, braungrauen, anliegenden Hosen und mit
grüner Mütze. Etwas weiter rückwärts, zum Theil von einem Baumstamme verdeckt, ein zweiter Bauer,
der Reisig trägt, in braunen Beinkleidern, hellgelber Jacke. Unter der Thür ganz rechts eine Frau, die
braun und grau gekleidet ist und in der Linken etwas wie einen Fisch trägt. Unter der zweiten Thür
eine andere Frau in dunkelgrauer Kleidung mit rothem Streifen an der Brust.

1 Vgl. »Repertorium für Kunstwissenschaft«, Bd. XIV, S. 50.

2 Vgl. den »Catalogue de tableaux de premier ordre des ecoles hollandaisc flamande-composant la remarcable col-
lection de M. le Chevalier J. de Lissingen de Vienne, dont la vente aura Heu . . Hotel Drouot . . . le 16 mars 1876 . . . «,
Nr. 1. Im »Katalog der Gemälde alter Meister aus dem Wiener Privatbesitze, ausgestellt im k. k. österr. Museum« (1873),
führte das Bild Nr. 174. Auf jener Ausstellung war auch der Avercamp des Grafen Casimir Lanckoronski zu sehen (Nr. 146),
der oben erwähnt wurde. Hiezu auch »Zeitschrift für bildende Kunst«, Bd. IX, S. 64, und »Repertorium für Kunstwissen-
schaft«, Bd. XV, S. 193.

3 Hiezu »Repertorium für Kunstwissenschaft«, Bd. XIV, S. 232.

4 Ueber zwei Winterbilder von Avercamp, die aus der Collcction Rothan in Paris versteigert wurden, berichtet das
»Repertorium für Kunstwissenschaft«, Bd. XIV, S. 247.

XV. iq
 
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