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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0193
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

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Alter der Dargestellten deutet auf das Jahr 1579 hin; damals war Herzog Wilhelm 3i, Renata 35 Jahre
alt; ihr Aussehen auf unseren kleinen Porträten entspricht dieser Altersstufe vollkommen. Die bei Bildern
des alten Bestandes ganz ungewöhnliche ovale Form auf einem viereckigen Blatte, das gleichwohl die
vorgeschriebene Grösse hatte, deutet darauf hin, dass die Numern 22 und 23 von einem Miniaturmaler
hergestellt sind, als welcher wohl Hans Schöpfer der Jüngere vorausgesetzt werden darf. Den Gemälden
desselben im sogenannten Miniaturenbuch des königl. bayrischen Nationalmuseums, die im Jahre 1583
entstanden, sind unsere Bilder zwar ähnlich, in Einzelheiten aber sowohl bezüglich der Wiedergabe
des Gesichtes als auch der Tracht doch so ver-
schieden, dass unsere nicht als Copien der Mün-
chener Miniaturen betrachtet werden können.1

24. Ernst, Kurfürst und Erzbischof von
Köln, Sohn des Herzogs Albert V. von Bayern
und der Erzherzogin Anna,

geboren am 17. December 1554, wurde 1566 zum
Bischof von Freising, 1573 zum Bischof von Hildes-
heim, 1581 zum Bischof von Lüttich und 1583 an Stelle
des vom Katholicismus abgefallenen Gebhard Truch-
sess von Waldburg zum Erzbischof von Köln gewählt,
wodurch die Majorität im Collegium der Kurfürsten
den Katholiken gewahrt blieb. In demselben Jahre
wählten ihn auch die Capitularen von Münster zum
Bischöfe. Gegen die Parteigänger des Truchsess von
Waldburg gelang es ihm, sich mit Hilfe seines Bruders
Wilhelm V. zu behaupten; aber manche Streitigkeiten
entstanden mit dem Rathe zu Köln, da die Frage, ob
in der Stadt selbst dem Erzbischofe oder dem Rathe
die Oberherrlichkeit zustehe, nicht entschieden war.
Nachdem er mit grosser Festigkeit die katholischen
Interessen, insbesondere auf dem Reichstage von
Regensburg (1594) vertreten und die Ernennung seines
Neffen, des Herzogs Ferdinand, zum Coadjutor er-
reicht hatte (1595), dem er um so grösseren Einfluss
auf die Leitung des Kurstaates und der Diöcese ein-
räumte, als seine eigene Gesundheit keineswegs eine
feste war, starb er auf dem Schlosse Arnsberg in Nr. 24.

Westfalen am 17. Februar 1612 und wurde vor der
Kapelle der heiligen drei Könige im Kölner Dome bei-
gesetzt. — Er war jener Herzog Ernst, der bei seinem Aufenthalte in Rom (1574) dem Erzherzog Ferdinand von
Tirol zahlreiche Porträtmedaillen für seine Sammlung besorgte.2

Aufschrift in Silber, nur mehr in Resten erhalten: ERNESTVS D. BAVA: EPS FRISING: Brustbild
links, in Dreiviertelprofil. Schmales Antlitz mit dunkelblauen Augen, braunem, kurzen Haupthaar,
schwachem Schnurr- und Kinnbart, mit langem Halse. Auf dem Kopfe ein schwarzes Baret, der
Talar aus einem gelbbraunen Stoffe mit rothen Säumen und Knöpfen, darüber der umgelegte Hemd-
kragen. — Grund grau. — Katalog Nr. 471 (Primisser identificirt irrthümlich diesen Ernst mit dem
Erzbischof von Salzburg, oben Nr. 21; letzterer war nie Bischof von Freising).

1 Gefällige Mittheilung des Herrn Directors v. Reber nach den von Herrn Dr. Georg Hager, k. Secretär (National-
museum), gegebenen Auskünften. Nach diesen enthält das Miniaturenbuch (II. Stock, Saal IV, Nr. 58) auf sieben Holztafeln
elf auf Kupfer gemalte Rundbildnisse bayrischer Fürsten und Fürstinnen von I0'5 bis 10*8 Cm. Durchmesser, unter jedem
Bilde Inschrifttafeln auf Kupfer. Sie beginnen mit Herzog Wilhelm IV.; die folgenden sind alle in dem Alter dargestellt,
welches sie 1578 erreicht hatten, aber erst nach dem 23. Mai 1583 gemalt, da Herzog Ernst II. schon als Kurfürst dar-
gestellt ist. — Das Original, auf welchem das Bildniss Wilhelm V. im Kupferstich von Peter Weinherr vom Jahre 1581 be-
ruht (k. u. k. Familien-Fideicommiss-Bibliothek), ist selbstverständlich schon vermöge der fast gleichen Zeit unserem Bildchen
ähnlich aber in der Wendung entgegengesetzt und zeigt Halskrause und Schärpe über dem Harnische. Der Kupferstich
des D. Custos — Bildniss der Renata — weicht bei aller Aehnlichkeit von unserem ab, indem der mittlere Theil der
Haube fast bis zu den Brauen reicht und die Goldverzierung des Kleides fehlt.

2 Jahrbuch, Bd. XIV (1893), Regest 10533.
 
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