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Dr. Friedrich Kenner.
Zweizeilige Aufschrift in Gold: CONRAD VON BEMEL | BERG. HER ZV BISINGE- Brustbild rechts,
fast von vorne, mit blauen Augen,1 lichtblondem, mit grauem gemischtem Haupthaare und Vollbarte, in
Halskrause und blankem Harnische, mit gelben Rändern und Knöpfen verziert, um Hals und Brust bis
zur rechten Hüfte eine vierfache Goldkette wie eine Schärpe gelegt, an den Händen Krausen, in der
Rechten eine Lanze, in der Linken einen runden Stab. Grund schwarz. — Auf Pappe aufgezogen. —
Von Primisser (Nr. 798) fälschlich auf Konrad I. von Bemelberg, den Landsknechtobersten, bezogen,
welcher noch nicht Herr von Bissingen war und dessen lebensgrosses Bildniss (ehemals in der Am-
brasersammlung, jetzt im Depot der Gemäldesamm-
lung) völlig verschieden von dem vorliegenden ist.
Das trefflich ausgeführte Gesicht erinnert in
der geistvollen Behandlung und Malweise an die
Bildnisse des Georg Ilsung und seiner Frau (unten
Nr. 120, 121), sowie des »Priors von Reichenbach«
(unten Nr. i32); es scheint von einem Augsburger
Meister gemalt und durch den Fugger'schen Kammer-
diener Christof Hörmann 1582 nach Ambras ge-
sendet worden zu sein. Rüstung und Beiwerk ist
augenscheinlich von einer anderen, derberen Hand
gemalt.
102. Susanna (Sanna) von Biberstein, einem
alten vogtländischen Geschlechte entsprossen,
war das älteste Kind des Johann von Biberstein aus
seiner ersten, 155g geschlossenen Ehe mit Anna Freiin
von Wartenberg, also wohl um 1560 geboren und ihrem
Aussehen nach zur Zeit, als das Original unseres Bildes
entstand, etwa 20 Jahre alt, so dass letzteres auf die Zeit
um 1580 datirt werden kann. Sie heiratete später einen
Herrn von Croy.2 Die Beziehungen ihrer Familie zum
Hofe des Erzherzogs waren mannigfaltige und datiren aus
der Zeit seines Prager Aufenthaltes. Ihr Vater warTruch-
sess des Erzherzogs;3 ihre Cousine Eva von Schumburg
heiratete 1561 den Schwager des Letzteren, Franz von
Weiser;* eine andere Cousine, Anna von Biberstein, war
mit Johann von Lobkowitz vermählt und dadurch mit den Lokäan verschwägert;5 ihr Cousin Karl von Biberstein
endlich 1566—1572 oberster Münzmeister in Böhmen, dann Landeshauptmann in Glogau.-6
Aufschrift in weisser Farbe: A BIBER|STAIN. Jugendliches Brustbild rechts, in Dreiviertelprofil,
mit dunkelblauen Augen, lebhaftem Incarnate, dunkelbraunen Haaren, diese in eine Haube von Gold-
stoff mit schwarzen Perlen gefasst, darauf ein schwarzes Hütchen, in Falten gezogen und mit schwarzer
Feder geziert, in grosser Halskrause und schwarzem Kleide mit hohen Achseln. Grund dunkelbraun.
Etwas steife aber sorgfältige Malerei. Auf Pappe aufgezogen; auf der Rückseite ein Pergamentstreif
aufgeklebt mit der Bezeichnung in alter Schrift: »Susanna ä Biberstain.« — Katalog Nr. 806.
Das Bildniss scheint von Anton Waiss nach einem grösseren Gemälde copirt zu sein.
1 Das rechte Auge kleiner, der Augendeckel mehr herabgezogen, das linke grösser.
2 Peter Beckler, Historiae Hovoreae, pars II, p. 254, §. 16. Eine zweite Susanna findet sich zur entsprechenden
Zeit nicht unter den Frauen des Hauses. Sie wird in der genealogischen Tafel Beckler's, a. a. O., S. 259, Sidonia genannt.
3 Hirn, Geschichte des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, II, S. 354. Er wird hier als Sohn einer Beatrix von Schum-
burg bezeichnet. Nach der eben angeführten genealogischen Tafel Beckler's (Note 2) gab es damals nur einen Biberstein,
der mit einer Schomburg (Schumburg) vermählt war, nämlich Matthias, den Vater unseres Johann und Stifter der Forstischen
Linie; seine Frau war Ludmilla von Schomburg, Tochter des Wilhelm von Schomburg.
4 A. a. O.
5 Vgl. unten Nr. 123.
6 Beckler, a. a. O., Genealogische Tafel, S. 259.
Dr. Friedrich Kenner.
Zweizeilige Aufschrift in Gold: CONRAD VON BEMEL | BERG. HER ZV BISINGE- Brustbild rechts,
fast von vorne, mit blauen Augen,1 lichtblondem, mit grauem gemischtem Haupthaare und Vollbarte, in
Halskrause und blankem Harnische, mit gelben Rändern und Knöpfen verziert, um Hals und Brust bis
zur rechten Hüfte eine vierfache Goldkette wie eine Schärpe gelegt, an den Händen Krausen, in der
Rechten eine Lanze, in der Linken einen runden Stab. Grund schwarz. — Auf Pappe aufgezogen. —
Von Primisser (Nr. 798) fälschlich auf Konrad I. von Bemelberg, den Landsknechtobersten, bezogen,
welcher noch nicht Herr von Bissingen war und dessen lebensgrosses Bildniss (ehemals in der Am-
brasersammlung, jetzt im Depot der Gemäldesamm-
lung) völlig verschieden von dem vorliegenden ist.
Das trefflich ausgeführte Gesicht erinnert in
der geistvollen Behandlung und Malweise an die
Bildnisse des Georg Ilsung und seiner Frau (unten
Nr. 120, 121), sowie des »Priors von Reichenbach«
(unten Nr. i32); es scheint von einem Augsburger
Meister gemalt und durch den Fugger'schen Kammer-
diener Christof Hörmann 1582 nach Ambras ge-
sendet worden zu sein. Rüstung und Beiwerk ist
augenscheinlich von einer anderen, derberen Hand
gemalt.
102. Susanna (Sanna) von Biberstein, einem
alten vogtländischen Geschlechte entsprossen,
war das älteste Kind des Johann von Biberstein aus
seiner ersten, 155g geschlossenen Ehe mit Anna Freiin
von Wartenberg, also wohl um 1560 geboren und ihrem
Aussehen nach zur Zeit, als das Original unseres Bildes
entstand, etwa 20 Jahre alt, so dass letzteres auf die Zeit
um 1580 datirt werden kann. Sie heiratete später einen
Herrn von Croy.2 Die Beziehungen ihrer Familie zum
Hofe des Erzherzogs waren mannigfaltige und datiren aus
der Zeit seines Prager Aufenthaltes. Ihr Vater warTruch-
sess des Erzherzogs;3 ihre Cousine Eva von Schumburg
heiratete 1561 den Schwager des Letzteren, Franz von
Weiser;* eine andere Cousine, Anna von Biberstein, war
mit Johann von Lobkowitz vermählt und dadurch mit den Lokäan verschwägert;5 ihr Cousin Karl von Biberstein
endlich 1566—1572 oberster Münzmeister in Böhmen, dann Landeshauptmann in Glogau.-6
Aufschrift in weisser Farbe: A BIBER|STAIN. Jugendliches Brustbild rechts, in Dreiviertelprofil,
mit dunkelblauen Augen, lebhaftem Incarnate, dunkelbraunen Haaren, diese in eine Haube von Gold-
stoff mit schwarzen Perlen gefasst, darauf ein schwarzes Hütchen, in Falten gezogen und mit schwarzer
Feder geziert, in grosser Halskrause und schwarzem Kleide mit hohen Achseln. Grund dunkelbraun.
Etwas steife aber sorgfältige Malerei. Auf Pappe aufgezogen; auf der Rückseite ein Pergamentstreif
aufgeklebt mit der Bezeichnung in alter Schrift: »Susanna ä Biberstain.« — Katalog Nr. 806.
Das Bildniss scheint von Anton Waiss nach einem grösseren Gemälde copirt zu sein.
1 Das rechte Auge kleiner, der Augendeckel mehr herabgezogen, das linke grösser.
2 Peter Beckler, Historiae Hovoreae, pars II, p. 254, §. 16. Eine zweite Susanna findet sich zur entsprechenden
Zeit nicht unter den Frauen des Hauses. Sie wird in der genealogischen Tafel Beckler's, a. a. O., S. 259, Sidonia genannt.
3 Hirn, Geschichte des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, II, S. 354. Er wird hier als Sohn einer Beatrix von Schum-
burg bezeichnet. Nach der eben angeführten genealogischen Tafel Beckler's (Note 2) gab es damals nur einen Biberstein,
der mit einer Schomburg (Schumburg) vermählt war, nämlich Matthias, den Vater unseres Johann und Stifter der Forstischen
Linie; seine Frau war Ludmilla von Schomburg, Tochter des Wilhelm von Schomburg.
4 A. a. O.
5 Vgl. unten Nr. 123.
6 Beckler, a. a. O., Genealogische Tafel, S. 259.