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Dr. Friedrich Kenner.
Bildung nicht an die seinige reichte und die Ehe kinderlos blieb, in Eintracht lebte. Im Jahre 1505 folgte nach
einer schweren Krankheit eine zweite Reise nach Venedig, um den gesetzlichen Schutz seines Monogrammes auf
den Kupferstichen und Holzschnitten, die in Italien (namentlich von Marc Anton) vielfach copirt wurden, zu er-
langen. Im Jahre 1507 in die Heimat zurückgekehrt, erwarb er 1509 das sogenannte Dürerhaus in Nürnberg, wurde
»Genannter des Rathes« und schuf nun jene grossen Werke der Malerei und des Holzschnittes, die seinen Namen
für alle Zeit an die Spitze der deutschen Maler stellten. Einen wichtigen Abschnitt in seinem künstlerischen
Schaffen bildet das Jahr 1512, in welchem er in die Dienste des Kaisers Maximilian trat, der zur Verherrlichung
seiner Regierung durch Dürer das grosse Holzschnittwerk, der Triumph genannt, herstellen Hess. 1 Nach des
Kaisers Tode machte Dürer eine zweite grössere Reise in die Niederlande zu König Karl V., um von diesem den
Fortbezug eines ihm von Ersterem angewiesenen Jahresgehaltes von hundert Gülden zu erlangen, und kehrte nach
Jahresfrist kränkelnd zurück. Nach längerem Siechthum, während dessen er sich theoretischen Arbeiten über
Messkunst, Fortificationen und die menschlichen Propor-
tionen widmete, starb er plötzlich am 6. April 1528; er
wurde auf dem St. Johannes-Kirchhofe in Nürnberg bei-
gesetzt. Seine Frau überlebte ihn um elf Jahre.
Zierliche Goldschrift: ALBERTI- DVRERI- Brust-
bild rechts, ganz in Profil, mit braunen Augen, Adler-
nase und röthlichem Incarnate, das Haupthaar in
die Stirne verstrichen, bis zu den schön geschwun-
genen Augenbrauen reichend, im Nacken gerade ab-
geschnitten, braun mit grauem Schimmer, ebenso
der kurze Vollbart. Das Hemd schliesst mit schmaler
Krause an, darüber eine graubraune Schaube mit
niederem Stehkragen, die Aermel in Falten gezogen.
Grund schwarzgrau. Auf Pappe aufgezogen. —
Katalog Nr. 50g.
Nach dem Gemälde eines unbekannten Meisters,
das in den letzten sieben Lebensjahren Dürer's ent-
standen sein muss, da es ihn mit abgeschnittenen
Haaren — Dürer trug vor seiner Krankheit reiches,
bis auf die Schultern fallendes Lockenhaar — als
dem Anzeichen der Krankheit darstellt.2 Auf das
gleiche Original geht die kleine Medaille vom Jahre
1527 zurück,3 welche A. Ermann dem Ludwig Krug
in Nürnberg zuschreibt. + Unsere sorgfältig ausge-
führte Copie verräth die Hand des Anton Waiss.
105. Erasmus von Rotterdam, der Sohn des Gerhard de Proet aus Gouda (Holland) und der
Margaretha, Tochter eines Arztes in Sevenberghe,
geboren am 28. October 1467 in Rotterdam, lernte im Hause der »gemeinsamen Brüder« in Deventer, dann als
Waise im Bruderhause zu Herzogenbusch und trat hierauf in das Augustinerkloster Stein (Emmaus) bei Gouda.
Hier entstanden seine ersten Werke, die von seiner Neigung zum Humanismus und seiner Kenntniss der lateini-
schen Sprache Zeugniss geben. Durch den Bischof von Cambrai, Heinrich von Berghes, zu einer Fahrt nach
Rom, die späterhin unterblieb, herangezogen, wurde er aus dem Kloster entlassen, zum Priester geweiht und in
die Lage versetzt, in Paris seinen Wissensdurst zu stillen. Von hier aus begann im folgenden Jahre (1497) ein
unstetes Wanderleben, das den schüchternen kränklichen Gelehrten, der anfänglich noch mit drückenden Ver-
hältnissen kämpfte, zu wiederholten Malen nach England, dann wieder nach Frankreich, in die Niederlande und
nach Italien führte; überall wurde er festlich empfangen und von den grössten Gelehrten gefeiert, sowie er von
den Königen Philipp dem Schönen, den er 1504 in Brabant mit einem Panegyrikus begrüsste, Heinrich VIII. von
England, Franz I. von Frankreich, vom Papst und den Cardinälen Auszeichnungen erfuhr, ohne sich lange oder
bleibend festhalten zu lassen. — König Karl (V.) von Spanien berief ihn 1516 als königlichen Rath an seinen Hof
1 Jahrbuch, Bd. I (i883), S. 154.
2 Der von Thausing, Albrecht Dürer, S. 494, erwähnte Holzschnitt (vgl. Bartsch, Nr. 156, Heller Nr. 1953) ist nach
Dürer's Tode veröffentlicht worden; er stellt den Meister ganz so wie unser Bild, aber im Gegensinne dar.
3 »Tresor de numismatique« (Med. allemandes), PI. VII, 2.
4 »Deutsche Medailleure des XVI. und XVII. Jahrhunderts«, Berlin 1884, S. 27.
Dr. Friedrich Kenner.
Bildung nicht an die seinige reichte und die Ehe kinderlos blieb, in Eintracht lebte. Im Jahre 1505 folgte nach
einer schweren Krankheit eine zweite Reise nach Venedig, um den gesetzlichen Schutz seines Monogrammes auf
den Kupferstichen und Holzschnitten, die in Italien (namentlich von Marc Anton) vielfach copirt wurden, zu er-
langen. Im Jahre 1507 in die Heimat zurückgekehrt, erwarb er 1509 das sogenannte Dürerhaus in Nürnberg, wurde
»Genannter des Rathes« und schuf nun jene grossen Werke der Malerei und des Holzschnittes, die seinen Namen
für alle Zeit an die Spitze der deutschen Maler stellten. Einen wichtigen Abschnitt in seinem künstlerischen
Schaffen bildet das Jahr 1512, in welchem er in die Dienste des Kaisers Maximilian trat, der zur Verherrlichung
seiner Regierung durch Dürer das grosse Holzschnittwerk, der Triumph genannt, herstellen Hess. 1 Nach des
Kaisers Tode machte Dürer eine zweite grössere Reise in die Niederlande zu König Karl V., um von diesem den
Fortbezug eines ihm von Ersterem angewiesenen Jahresgehaltes von hundert Gülden zu erlangen, und kehrte nach
Jahresfrist kränkelnd zurück. Nach längerem Siechthum, während dessen er sich theoretischen Arbeiten über
Messkunst, Fortificationen und die menschlichen Propor-
tionen widmete, starb er plötzlich am 6. April 1528; er
wurde auf dem St. Johannes-Kirchhofe in Nürnberg bei-
gesetzt. Seine Frau überlebte ihn um elf Jahre.
Zierliche Goldschrift: ALBERTI- DVRERI- Brust-
bild rechts, ganz in Profil, mit braunen Augen, Adler-
nase und röthlichem Incarnate, das Haupthaar in
die Stirne verstrichen, bis zu den schön geschwun-
genen Augenbrauen reichend, im Nacken gerade ab-
geschnitten, braun mit grauem Schimmer, ebenso
der kurze Vollbart. Das Hemd schliesst mit schmaler
Krause an, darüber eine graubraune Schaube mit
niederem Stehkragen, die Aermel in Falten gezogen.
Grund schwarzgrau. Auf Pappe aufgezogen. —
Katalog Nr. 50g.
Nach dem Gemälde eines unbekannten Meisters,
das in den letzten sieben Lebensjahren Dürer's ent-
standen sein muss, da es ihn mit abgeschnittenen
Haaren — Dürer trug vor seiner Krankheit reiches,
bis auf die Schultern fallendes Lockenhaar — als
dem Anzeichen der Krankheit darstellt.2 Auf das
gleiche Original geht die kleine Medaille vom Jahre
1527 zurück,3 welche A. Ermann dem Ludwig Krug
in Nürnberg zuschreibt. + Unsere sorgfältig ausge-
führte Copie verräth die Hand des Anton Waiss.
105. Erasmus von Rotterdam, der Sohn des Gerhard de Proet aus Gouda (Holland) und der
Margaretha, Tochter eines Arztes in Sevenberghe,
geboren am 28. October 1467 in Rotterdam, lernte im Hause der »gemeinsamen Brüder« in Deventer, dann als
Waise im Bruderhause zu Herzogenbusch und trat hierauf in das Augustinerkloster Stein (Emmaus) bei Gouda.
Hier entstanden seine ersten Werke, die von seiner Neigung zum Humanismus und seiner Kenntniss der lateini-
schen Sprache Zeugniss geben. Durch den Bischof von Cambrai, Heinrich von Berghes, zu einer Fahrt nach
Rom, die späterhin unterblieb, herangezogen, wurde er aus dem Kloster entlassen, zum Priester geweiht und in
die Lage versetzt, in Paris seinen Wissensdurst zu stillen. Von hier aus begann im folgenden Jahre (1497) ein
unstetes Wanderleben, das den schüchternen kränklichen Gelehrten, der anfänglich noch mit drückenden Ver-
hältnissen kämpfte, zu wiederholten Malen nach England, dann wieder nach Frankreich, in die Niederlande und
nach Italien führte; überall wurde er festlich empfangen und von den grössten Gelehrten gefeiert, sowie er von
den Königen Philipp dem Schönen, den er 1504 in Brabant mit einem Panegyrikus begrüsste, Heinrich VIII. von
England, Franz I. von Frankreich, vom Papst und den Cardinälen Auszeichnungen erfuhr, ohne sich lange oder
bleibend festhalten zu lassen. — König Karl (V.) von Spanien berief ihn 1516 als königlichen Rath an seinen Hof
1 Jahrbuch, Bd. I (i883), S. 154.
2 Der von Thausing, Albrecht Dürer, S. 494, erwähnte Holzschnitt (vgl. Bartsch, Nr. 156, Heller Nr. 1953) ist nach
Dürer's Tode veröffentlicht worden; er stellt den Meister ganz so wie unser Bild, aber im Gegensinne dar.
3 »Tresor de numismatique« (Med. allemandes), PI. VII, 2.
4 »Deutsche Medailleure des XVI. und XVII. Jahrhunderts«, Berlin 1884, S. 27.