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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0256
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

227

wahrscheinlich der Grabstein in der Dominicanerkirche zu Eichstädt benützt, dessen Randschrift der
beiden Grafen und ihrer Mutter Erwähnung thut und mit »Johann(es) Sabat(iis) fecit . lapid(arius?)«
signirt ist. Da Letzterer 1464 in Eichstädt starb, kann der Grabstein erst im Laufe des XV. Jahr-
hunderts1 und muss das Originalgemälde noch später entstanden sein;2 in der That deuten der Kopf-
bund des Grafen Gerhard und die Rüstungen auf die zweite Hälfte des XV. oder den Beginn des
XVI. Jahrhunderts hin. Unsere beiden kleinen Gemälde sind zweite Copien nach dem Originale in
Eichstädt und augenscheinlich von Anton Waiss gemalt.3

Hohenems.

Die wichtigste Quelle für die Geschichte dieses Dynastenhauses bilden zwei Abhandlungen von
Josef Bergmann, welche auch über hohenemsische Porträte werthvolle Angaben enthalten.'' Wie
schon in der Einleitung zu dieser Publication bemerkt wurde, übersendete Jakob Hannibal I. (unten
Nr. 118) auf ein mündliches Ersuchen des Erzherzogs, das am 18. Jänner 1581 schriftlich wiederholt
wurde, am 3i. Juli desselben Jahres sieben Porträte nebst Rüstungen und Biographien, deren Zu-
sammenstellung von ihm selbst herrührt und durch ein Augenleiden verzögert worden war;5 er ent-
schuldigt den geringen künstlerischen Werth der Bilder mit dem Mangel eines geübten Porträtmalers
in Hohenems, seit der Erzherzog seinen — des Jakob Hannibal — Contrefaiter, Meister »Antoni«, von
ihm weg und in seine Dienste genommen habe.6 Zu dem Nachweise der Identität dieses Antoni mit
Anton Waiss und Anton Bois, Boys oder de Boys, der in den Innsbrucker Acten von 1579 ab auf-
taucht, habe ich hier einen Umstand nachzutragen, der mir entgangen ist, für jene Identität aber einen
neuen wichtigen Beleg liefert. Der Maler des Grafen Jakob Hannibal stellte in einem 17 Fuss 1 Zoll
breiten und 6 Fuss 6Y2 Zoll hohen Gemälde das Festgelage aus Anlass der Vermählung der Gräfin
Margaretha von Hohenems mit Fortunat Freiherrn von Madruz (1578) dar und signirte es mit: AN-
THON BAUS FECIT ANTWERPIANV(s). 7 Diese Aufschrift zeigt, dass Meister Anton ein niederländischer
Maler war, den Graf Jakob Hannibal sicher während seiner Kriegsdienste in den Niederlanden (1574
bis 1579) kennen lernte und wohl schon 1575 in seine Dienste nahm.8 Im Jahre 1578 auf 1579 si-
gnirte er seinen Namen noch in niederländischer Weise: »ANTHON(i) BAUS«; im Jahre 1579 (zwischen
Juli und October) schreibt er ihn in dem Briefe an Erzherzog Ferdinand schon zur Hälfte deutsch:
»Anthoni Waiss«.9 Die Form »BAUS« stellt ein erklärendes Mittelglied zwischen den Formen »Waiss«
»BOUS« oder »BOYS« dar und bezeugt, dass diese verschiedenen Schreibungen den Namen einer und
derselben Person betreffen.

1 Vgl. hierüber Sax, a. a. O., S. 62 f. Er theilt nur die Randschrift des Grabsteines mit und übergeht das Relief
mit Stillschweigen.

2 Es ist zu vermuthen, dass ein Bischof von Eichstädt, um den Wohlthäter des Bisthumes zu ehren, das Doppel-
bildniss mit Hilfe des Grabsteines für seine Residenz habe herstellen lassen.

3 In dem von Dom. Custos herausgegebenen Werke, Der Gefürsteten Grafen zu Tirol Von Anno 1229 biss Anno 1600
Eigentliche Contrafacturcn, fehlt das Bildniss Gebhart VII., obwohl er einige Zeit hindurch Theilfürst von Tirol war. Das
dort unter dem Namen Gebhardus gebrachte Bild stellt den Vater Gebhard VI. dar, allerdings in einer Weise der Anlehnung
an unser Gemälde (112), dass man unschwer ersieht, Custos habe aus dem Aussehen des Sohnes das Angifte Porträt des
Vaters reconstruirt.

4 Sie sind abgedruckt in den Denkschriften der philosophisch-historischen Classe der kaiserl. Akademie der Wissen-
schaften, und zwar die erste unter dem Titel: Die Edlen von Embs zur Hohenembs im Bd. X (1860), die zweite unter dem
Titel: Die Reichsgrafen von und zu Hohenems im Bd. XI (1861).

5 Er hatte schon am 17. Jänner 1577 einzelne Rüstungen, religiöse und Historienbilder sowie Schnitzwerke dem Erzherzog
übergeben lassen. Jahrbuch, Bd. XIV (1893), Regest 10670.

6 Ebenda, S. 46 und 61.

7 Beschrieben von Bergmann, Denkschriften, Bd. XI (1861), S. 109, Nr. LXXXII. Es enthält 56 Porträte und befindet
sich auf Schloss Frischenberg bei Bistrau; vgl. darüber unten, S. 228, Note 1.

8 Vgl. darüber die Bemerkungen zu Nr. 118.

9 Jahrbuch, Bd. XIV (1893), S. 61, Note 3.
 
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