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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0258
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

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ungebildeten Dorfmalers, dem er die Arbeit anzuvertrauen gezwungen war; dieser konnte die alten,
kleineren und einfacher gemalten Originale sicher viel leichter nachahmen als die mit weit ge-
wandterer Technik und grösserer Bravour hergestellten Gemälde des Waiss. Nur des Grafen eigenes
Bildniss macht eine Ausnahme, von der noch zu reden sein wird.

113. Jakob von Ems zu Hohenems,
geboren um 1465,1 Zeitgenosse und Vetter des Marx Sittich I. (Nr. 114), war neben diesem einer der Hauptführer
der deutschen Landsknechte, von denen sich ja ein grosser Theil aus Vorarlberg (dem »Landsknechtländle«)
recrutirte. Er focht im venetianischen Kriege des Kaisers Maximilian, wurde 1509 vor Padua verwundet, war 1510
kurze Zeit Gefangener der Venetianer und trat anfangs
1511 in die Dienste Ludwig XII. von Frankreich, dessen
Heerführer, Gaston de Foix, Grafen von Nemours, er
achttausend Landsknechte zuführte. Als Oberster der-
selben verjagte er in Verbindung mit Molard von Gas-
cogne die Schweizer aus dem Mailändischen und scheint
seither die Hauptstütze der französischen Unterneh-
mungen gewesen zu sein. Mit Jakob von Ems erfocht
Gaston den glänzenden Sieg bei Isola della Scala gegen
den Feldherrn der Venetianer Paolo Baglione, der zum
Entsätze von Brescia herangekommen war, nahm diese
Stadt ein und drang hierauf nach Ravenna vor, wo er,
abermals durch das Fussvolk des Jakob den Vicekönig
Cordona besiegte (n. April 1512); es fiel aber nicht blos
Gaston bei der Verfolgung des Feindes sondern auch
Jakob selbst und die meisten deutschen Hauptleute.
Der tapfere Oberst wurde im Dome von Modena bei-
gesetzt. Die von seinem Bruder Burkhard gewidmete
Grabschrift nennt ihn Truchsess der Römisch kaiser-
lichen Majestät und der königlichen Majestät zu Frank-
reich Generalobersten über das deutsche Fussvolk in
Italien. 2 Er war mit Clara von Stadion vermählt.

Rohe ungleiche Buchstaben in gelber Farbe:
lACOB VON EMBS ZV DER HÖCHEN EMBS | RIITTER
(sie) KVNIG LVDWIGI ZV FRANCKR1CH | £)BRISTER
VBER 8000 lANDSKNECHT. Brustbild rechts, in
Dreiviertelprofil, mit braunen Augen und Haupt-
haar, unbärtig, nur auf der Oberlippe spärlicher
Bartanflug, auf dem Kopfe eine breite rothe Haube,
mit rothgoldener Schnur unter dem Kinne ge-
bunden, die Krempe schwarz und roth, an der
Brust die Hemdkrause mit breitem Goldstreifen,

das Kleid in der einen (linken) Hälfte braun und gelb geschacht, in der andern wechselnd braune und
gelbe Spitzen in gelbem und braunem Felde. Grund schwarz. Die Modellirung des Gesichtes sehr
gut, der Vortrag unbeholfen, das Beiwerk roh. — Schrenckh (1601), Taf. 84; Köhler, Taf. 84, S. 315,
lrn Gegensinne. — Katalog Nr. 778. — Abgebildet in dem Werke »Die österreichisch-ungarische Mon-
archie in Wort und Bild«, Band Tirol und Vorarlberg, S. 291.

Ein lebensgrosses Bildniss in ganzer Figur, wahrscheinlich nach seinem Tode gemalt, befindet
sich jetzt auf Schloss Frischenberg;3 es ist von unserem verschieden und zeigt den Dargestellten mit
rother Haube und Lederpanzer; das unbärtige Gesicht aber weist ähnliche Züge, dieselben weit-
geschwungenen Brauen, das spitze Kinn, die oben breiten Backen und die kühne, etwas gebogene Nase
auf- Es liegt diesem grossen Gemälde das alte Original, von dem unser Bild copirt ist, zu Grunde;

Nr. u3.

1 Auf dem Gemälde in Frischenberg wird sein Alter auf 47 Jahre angegeben und steht dabei die Jahreszahl 1512.

2 Vgl. Josef Bergmann, Denkschriften, Bd. X (1860), S. 147f. Iiier auch die Epigramme, welche Ulrich von Hutten
auf ihn dichtete.

3 Abgebildet bei Bergmann, a. a. O., S. 148. Ebendaselbst eine Beschreibung des Bildes auf S. 102, Nr. I.
 
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