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Dr. Friedrich Kenner.
Silberschrift: VRSVLA A WEIX. Brustbild links, in Dreiviertelprofil, mit braunen Augen, hell-
blondem, aufgelöstem, in Strähnen bis nahe zum Ellenbogen herabfallenden Haupthaar, auf dem Kopfe
schief ein rothes Kränzchen, mit Goldspitzen umwunden, in ausgeschnittenem Kleide, um Hals und
Brust zwei zweimal umgelegte Halsketten, an der oberen breiteren und geflochtenen ein Kleinod
(grüner Stein in Gold mit Perle), der Hemdsaum roth gestickt, vor der Brust ein blauer goldverzierter
Latz mit breitem Goldsaum, das Kleid grün, mit niederem Schnürleib, der mit rothen Streifen geziert
ist. Die Aermel oben enge, unten weit; wie man
am rechten Arme gewahrt, sind sie auf der Innen-
seite mit Stickereien verziert: man sieht zwischen
Silberornamenten eine stehende Dame in reichem
Costüme, welche, sich vorneigend, die linke Hand
auf eine grosse Sanduhr legt. Grund grau. — Kata-
log Nr. 804.
Das Original dieses Porträtes ist in dem
Gemälde zu suchen, das sich jetzt im Depot zu
Schieissheim befindet1 und vom Jahre 1556, also
vier Jahre vor der Vermählung, datirt ist; es erklärt
sich daraus das Kränzchen und das aufgelöste Haar,
die Zeichen des jungfräulichen Standes sind; nur
die Aufschrift ist in unserer später entstandenen
Copie entsprechend der inzwischen eingetretenen
Vermählung abgefasst. Der Maler des Originals ist
wohl Hans Schöpfer der Aeltere.
151. Willaert Adrian,
geboren in Brügge um 1490, wurde am 12. December
1527 Capellmeister der herzoglichen Capelle in Venedig,
welche zugleich die Kirchenmusik in San Marco zu
versehen hatte, und zog bald durch seine genialen Com-
positionen die Augen Aller auf sich. »Er vereinte die
Kraft und Hoheit der niederländischen Schule mit dem
Geschmeidigen und Wohlklingenden des Italieners und
Nr- 'S0- wurde dadurch zum Gründer der modernen Richtung,
die ihre Kunst nicht mehr in der Spitzfindigkeit contra-
punktischer Probleme suchte sondern den Contrapunkt
zum Zwecke des Wohlklanges und seelischer Vertiefung machte. Dieser Richtung folgten alle Meister des
XVI. Jahrhunderts bis zu Palestrina hinauf und durch ihn verschwand nach und nach das speeifisch Nieder-
ländische in der Musik und dieser Stil wurde nun die musikalische Sprache der ganzen civilisirten Welt.«2
Willaert starb 7. December 1562 und hatte zu seinem Nachfolger seinen Schüler Rore (vgl. Nr. i33).
(Taf. XXVI, Fig. 151). Breite Buchstaben in Silber: HADRIANVS WILHART COMPO ] NISTA.
Brustbild rechts, fast von vorne, mit braunen Augen, weissem Haupthaare und Vollbart, dieser lang und
zweispitzig, in Halskrause und schwarzem weiten Kleide mit faltigen Aermeln, um den Hals eine zwei-
fach umgelegte goldene Gliederkette. Grund dunkelgrau. — Katalog Nr. 514.
1 v. Reber, B, 47. Es erscheint schon in Fickler's Inventar Nr. 3552 (im Staatsinventar mit der gleichen Nummer),
ist auf Holz gemalt, 43 zu 33 Cm. hoch und eröffnet eine lange Reihe von 3g fast gleich grossen Frauenbildnissen, die
nach v. Reber's Vermuthung auf Veranlassung der Herzogin Anna, Gemahlin des Herzogs Albrecht IV. (V.), zwischen 1563
und 1580 entstanden sind, darunter 19 verheiratete und 20 »junkhfrauen«; dreizehn von ihnen sind datirt, drei mit dem
Monogramme des Hans Schöpfer des Jüngeren aus den Jahren 1563 und 1569 (zwei) versehen. Interessant ist, dass in dieser
Reihe noch zwei Frauen derselben Familie Nothhaft vorkommen, welcher auch unsere Ursula angehört: Elisabeth (J. 1563)
und Jakoba (J. 1575). — Ein zweites Bild, das sich in der herzoglichen Kunstkammer (Fickler Nr. 2876, 2877; v. Reber,
B, 46) befand, ist nun verschollen; es bestand aus zwei Tafeln: auf der einen sah man eine Concordia, einen Löwen
führend (Wappenthier von Bayern), der in den Vordertatzen ein Herz hält, auf der andern »ein junkfrau brustbild, soll
Ursula von Weichs sein«.
2 Vgl. Ambros, Geschichte der Musik im Zeitalter der Renaissance bis zu Palestrina, III, S. 502 f.
Dr. Friedrich Kenner.
Silberschrift: VRSVLA A WEIX. Brustbild links, in Dreiviertelprofil, mit braunen Augen, hell-
blondem, aufgelöstem, in Strähnen bis nahe zum Ellenbogen herabfallenden Haupthaar, auf dem Kopfe
schief ein rothes Kränzchen, mit Goldspitzen umwunden, in ausgeschnittenem Kleide, um Hals und
Brust zwei zweimal umgelegte Halsketten, an der oberen breiteren und geflochtenen ein Kleinod
(grüner Stein in Gold mit Perle), der Hemdsaum roth gestickt, vor der Brust ein blauer goldverzierter
Latz mit breitem Goldsaum, das Kleid grün, mit niederem Schnürleib, der mit rothen Streifen geziert
ist. Die Aermel oben enge, unten weit; wie man
am rechten Arme gewahrt, sind sie auf der Innen-
seite mit Stickereien verziert: man sieht zwischen
Silberornamenten eine stehende Dame in reichem
Costüme, welche, sich vorneigend, die linke Hand
auf eine grosse Sanduhr legt. Grund grau. — Kata-
log Nr. 804.
Das Original dieses Porträtes ist in dem
Gemälde zu suchen, das sich jetzt im Depot zu
Schieissheim befindet1 und vom Jahre 1556, also
vier Jahre vor der Vermählung, datirt ist; es erklärt
sich daraus das Kränzchen und das aufgelöste Haar,
die Zeichen des jungfräulichen Standes sind; nur
die Aufschrift ist in unserer später entstandenen
Copie entsprechend der inzwischen eingetretenen
Vermählung abgefasst. Der Maler des Originals ist
wohl Hans Schöpfer der Aeltere.
151. Willaert Adrian,
geboren in Brügge um 1490, wurde am 12. December
1527 Capellmeister der herzoglichen Capelle in Venedig,
welche zugleich die Kirchenmusik in San Marco zu
versehen hatte, und zog bald durch seine genialen Com-
positionen die Augen Aller auf sich. »Er vereinte die
Kraft und Hoheit der niederländischen Schule mit dem
Geschmeidigen und Wohlklingenden des Italieners und
Nr- 'S0- wurde dadurch zum Gründer der modernen Richtung,
die ihre Kunst nicht mehr in der Spitzfindigkeit contra-
punktischer Probleme suchte sondern den Contrapunkt
zum Zwecke des Wohlklanges und seelischer Vertiefung machte. Dieser Richtung folgten alle Meister des
XVI. Jahrhunderts bis zu Palestrina hinauf und durch ihn verschwand nach und nach das speeifisch Nieder-
ländische in der Musik und dieser Stil wurde nun die musikalische Sprache der ganzen civilisirten Welt.«2
Willaert starb 7. December 1562 und hatte zu seinem Nachfolger seinen Schüler Rore (vgl. Nr. i33).
(Taf. XXVI, Fig. 151). Breite Buchstaben in Silber: HADRIANVS WILHART COMPO ] NISTA.
Brustbild rechts, fast von vorne, mit braunen Augen, weissem Haupthaare und Vollbart, dieser lang und
zweispitzig, in Halskrause und schwarzem weiten Kleide mit faltigen Aermeln, um den Hals eine zwei-
fach umgelegte goldene Gliederkette. Grund dunkelgrau. — Katalog Nr. 514.
1 v. Reber, B, 47. Es erscheint schon in Fickler's Inventar Nr. 3552 (im Staatsinventar mit der gleichen Nummer),
ist auf Holz gemalt, 43 zu 33 Cm. hoch und eröffnet eine lange Reihe von 3g fast gleich grossen Frauenbildnissen, die
nach v. Reber's Vermuthung auf Veranlassung der Herzogin Anna, Gemahlin des Herzogs Albrecht IV. (V.), zwischen 1563
und 1580 entstanden sind, darunter 19 verheiratete und 20 »junkhfrauen«; dreizehn von ihnen sind datirt, drei mit dem
Monogramme des Hans Schöpfer des Jüngeren aus den Jahren 1563 und 1569 (zwei) versehen. Interessant ist, dass in dieser
Reihe noch zwei Frauen derselben Familie Nothhaft vorkommen, welcher auch unsere Ursula angehört: Elisabeth (J. 1563)
und Jakoba (J. 1575). — Ein zweites Bild, das sich in der herzoglichen Kunstkammer (Fickler Nr. 2876, 2877; v. Reber,
B, 46) befand, ist nun verschollen; es bestand aus zwei Tafeln: auf der einen sah man eine Concordia, einen Löwen
führend (Wappenthier von Bayern), der in den Vordertatzen ein Herz hält, auf der andern »ein junkfrau brustbild, soll
Ursula von Weichs sein«.
2 Vgl. Ambros, Geschichte der Musik im Zeitalter der Renaissance bis zu Palestrina, III, S. 502 f.