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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Die Zeugbücher des Kaisers Maximilian I., [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0328
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Wendelin Boeheim.

es das »neu Zeughaus«, 1561 aber bereits das »alte arsional« genannt. Es war in diesem Jahre bereits
abgebrochen und wird damit nur der Grund, auf welchem dasselbe gestanden war, bezeichnet.1

Wir haben hier zwei Codices in der k. k. Hof bibliothek zu Wien, Cod. Msc. 10815 und 10816,
in den Kreis unserer Beobachtung einzubeziehen, in welchen, ganz ähnlich wie in den Zeugbüchern,
allerlei Zeuggegenstände in Aquarellen dargestellt wurden und welche nach darin befindlichen Titel-
inschriften den Inhalt des Wiener Zeughauses darstellen.

Die Codices Msc. Nr. 10815 und 10816 der k. k. Hofbibliothek zu Wien.

Beide Codices, Papierbände, 28-5 Cm. breit und 42-5 Cm. hoch, in Pappendeckel gebunden,
enthalten nach ihren Titeln sowohl als auch nach ihren Darstellungen Waffen und Kriegszeug,
welcher den Inhalt des Zeughauses in Wien gebildet haben soll. Der Codex Nr. 10816 bietet auf
115 numerirten Blättern nicht nur die künstlerisch gelungeneren sondern auch die sorgfältiger aus-
geführten Abbildungen in Wasserfarben. Er ist auch augenscheinlich der ältere, sein Einband reicher
ausgestattet; denn die Aussendecken sind mit jetzt allerdings verblichenem rothen Seidenstoffe über-
zogen, während die des anderen keinen Ueberzug besitzen. Der Inhalt ist in beiden nahezu der
gleiche; nur erscheinen in Nr. 10815 zwei und selbst drei Darstellungen von ersterem auf einem Blatte
zusammengezogen, wodurch letzterer auf eine Blätterzahl von 60 reducirt erscheint. Aus diesem Grunde
beschränke ich mich auch auf die Beschreibung von Nr. 10816 und berühre die Nachbildung nur im
Allgemeinen.

Auf dem inneren Schmutzblatte dieses Codex lesen wir in einer Schrift aus der Mitte des
XVI. Jahrhunderts: »Machinae bellicae Maximiliani imperatoris et Sigismundi archiducum Austriae.«
— Auf dem nächsten noch unnumerirten Blatte folgt die Inschrift in Kanzleilettern in einer späteren
Schrift, etwa um 1560: »Das neu zeughaus« (von anderer Hand später angefügt: jetz aber haist es das
alt) zu Wien mit allem kriegzeug, zum thail von erzherzog Sigmondt zu Oesterreich, zum thail auch
von kunig Maximilian lassen machen. — Darunter von noch späterer Hand: Puto aut hunc Maxi-
milianum fuisse imperatorem eius nominis primum et armamentarium, quod hic novum dicitur, nunc
vetus posse vocari; nullo enim modo simile est ei, quod hoc nostro tempore Viennae conspicitur. H.
Blotius mense Decemb. 1590. H. V.

. Die Folge dieser Inschriften gibt uns einige Anhaltspunkte für die Entstehungsgeschichte dieses
Codex. Die vorhandenen Blätter wurden etwa um 1550 zu einem Bande gebunden. Die zweite Inschrift
ist nach 1560 entstanden, als bereits durch Kaiser Ferdinand I. das sogenannte neue Arsenal gebaut

Ursachen ein neues arsional allhier zu Wienn erbauen und in die Stadt oder ringmauern einfachen und verschliessen lassen
auch entgegen das alte arsional, welches bis auf heut dato stracks gegen den Salzthurn über, im Werdt genant, auf einen dazue
in Sonderheit verplankhten und mit ainer wierschlag (Wehrschlag, leichte Verschanzung) ringsum verwahrten platz gestanden,
ab und hinweckzubrechen verordnet, dardurch also jetzt ermelter platz allerdings frei und öd worden, und dann ihre khais.
majest. gemainer Stadt Wienn die land- und ablaadstelle von dem Salzthurn abwerths bis zu der Piberpasteien zu der
stadtbefcstigung und nothgepauen einziehen lassen etc. Schlager, 1. c., S. 290.

1 Die bisher allenthalben und auch von Schimmer getheilte Ansicht, der ■ kaiserliche Kriegszeug sei im XIV. Jahr-
hundert gegenüber der Augustinerkirche an der Ecke der Dorothecrgasse verwahrt gewesen, bedarf einer Richtigstellung.
In diesem Hause finden wir allerdings 1313 Rüstzeug verwahrt, aber nur Harnische auf Ross und Mann, weshalb es auch
der herzogliche oder »kaiserliche harnaschstadl« hiess. Derlei Rüstzeug stand nach altem Gebrauche in der Verwaltung
des obersten Stallmeisters und blieb es auch noch lange nach Errichtung der Zeughäuser. Von dem oberwähnten Hause
kamen die Harnische in den Cillyerhof und, als dieser 1525 abbrannte, in die hiefür adaptirte Stallburg. Erst 1559, also
gewiss lange nach der Erbauung des Zeughauses vor dem Neuthore, gelangte der Inhalt des Harnaschhauses in den Salz-
burgerhof und damit in die Verwaltung des obersten Hauszeugmeisters. Man wird daher nicht irregehen, wenn man
annimmt, dass der eigentlich so zu nennende Kriegszeug, nämlich Geschütze, Handfeuerwaffen und überhaupt die Aus-
rüstung des Kriegsvolkes, schon seit dem Beginne der Ansammlung eines derartigen Vorrathes aus räumlichen Gründen an
jener Stelle verwahrt wurde, an welcher das »neu Zeughaus« gestanden hatte, nämlich im oberen Werd an dem oben
bezeichneten Punkte. Dass im XIV. Jahrhundert ausser den Harnischen auch Pulver in dem Harnischstadel gegenüber den
Augustinern verwahrt wurde, das gewiss nicht in der Verwaltung des obersten Stallmeisters war, hat nur eine nebensächliche
Bedeutung; vgl. Schimmer Karl Aug., Ausführliche Häuserchronik der inneren Stadt Wien etc., Wien 1849.
 
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