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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Die Zeugbücher des Kaisers Maximilian I., [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0330
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2Q8

Wendelin Boeheim.

worden war. Die dritte von dem kaiserlichen Bibliothekar Hugo Blotius 1590 stammt aus einer Zeit,
in welcher die Erinnerung an das Bestehen eines alten bereits völlig aus dem Gedächtnisse der Genera-
tion entschwunden war.

Nach dem nächsten Blatte r, auf welchem das österreichisch-spanische Wappen, bedeckt von
einer Idealkrone und umgeben von der Colane des Vliessordens, dargestellt ist, folgt auf Bl. 2' und 3
die Abbildung eines grossen Zeughaushofes, den man durch einen Thorweg erblickt. Vorne führen zu
beiden Seiten hölzerne Stiegen nach aufwärts; auf der untersten Stufe rechts lesen wir das Monogramm
I • K. Der Hof ist an den beiden Seiten durch Gebäude begrenzt, welche im Erdgeschosse Bogengänge
zeigen. Innerhalb derselben, hinter schweren Gittern, stehen Geschütze. Rückwärts ist der Hof durch
einen etwas niederem Quertrakt geschlossen, in welchem wie vorne ein Thor ersichtlich ist, zu dessen
Seiten gleichfalls Stiegen in das erste Stockwerk führen. Dieses besteht durchaus aus Riegelwänden
und hat einige Fenster. Die Bedachung ist sehr steil mit incorrect gezeichneten Dachfenstern. Die
Walmen sind beiderseits durch Windfahnen bekrönt, von denen die eine mit dem Bindenschild, die
andere mit dem römischen einköpfigen Adler bemalt ist. An den Basen der Bogenpfeiler und an anderen
Punkten finden sich deutliche Spuren der Gothik. Im Hofe erblickt man Karthaunen, Scharfmetzen und
Schlangen. Vor einer Karthaune zwei Männer in Wämmsern und schweren Stiefeln, von welchen der
eine knieend in das Innere des Rohres blickt, der andere mit einem Caliberstab in der Hand daneben
steht. In dem übrigen Theile des Hofraumes steht ein Leiterwagen. Auf dem Boden sind Werkzeuge
und Kugeln verstreut angeordnet. Links oberhalb des Bildes die Inschrift: »Das neu zeughaus inn-
wendig« (Fig. 56).

Bl. 4 bringt die Abbildung eines Theiles eines Zeughauses von aussen. Das Hauptgebäude
besteht aus zwei Längstracten mit hohen Dächern; letztere zeigen oben eine Reihe von Dachluken,
etwas unterhalb zwei auf der Mauerbank ruhende gothisirende Dachfenster. Beide Tracte sind durch
einen etwas höheren Querbau in Verbindung, in welchem nur mit einigen Strichen ein Einfahrtsthor
dargestellt ist, da die Abbildung etwa in der Hälfte des Quertractes abbricht. Oberhalb des Thores ist
ein Geharnischter mit einer roth-weissen Fahne in der Hand gemalt, welcher eine Tartsche mit dem
Bindenschild in der Hand hält; daneben ein Mörserrohr. Oberhalb läuft eine Reihe von Fenstern,
zwischen welchen Schiessscharten eingetheilt erscheinen. An die eine Längswand, welche ausser einem
Pförtchen keine Oeffnung hat, schliesst sich ein offenbar älterer Rundbau mit Zinnen, vergitterten
Fenstern und Schiessscharten. Der ganze Bau ist mit einem Wassergraben umfangen, dessen Escarpe aus
Quadersteinen sich in einer mit Schiessscharten ausgestatteten Brustmauer fortsetzt, welche oben mit
Pfählen und Geflecht bespickt ist. An dem ausspringenden Winkel ist eine mit einem Dach bedeckte
Caponiere aus Quadern situirt, welche kleine Schiesslöcher besitzt. Ueber den nassen Graben führen
zwei aus Balken gezimmerte Zugbrücken. Auf einer derselben findet sich das Monogramm I • K. Die
Contreescarpe ist mit zweifachen Schreckzäunen gesichert. An der linken Seite ist ein Abflussgraben
mit Stauwehre ersichtlich. Dort, wo am rechten Rande die Abbildung ganz unmotivirt abbricht, ist
noch ein Protzstock sichtbar, als Theil eines Geschützes, welches bereits ausserhalb des Blattes fällt,
zum Beweise, dass mit dieser Abbildung lediglich der linke Theil eines grösseren Originalblattes
gegeben ist. Oberhalb blauer Himmel zwischen Wolken; im Blau findet sich das Wort »sol« ein-
geschrieben (Fig. 57).1

1 Die beiden hier vorliegenden Ansichten des Inneren und Aeusseren des alten Wiener Arsenals bringt auch Albert
Camesina in seiner längeren Abhandlung »Wiens Bedrängniss im Jahre 1683« im VIII. Bande der Berichte und Mittheilungen
des Alterthumsvereins zu Wien, 1865, S. CXXXIV, Fig. 44. Beide Abbildungen, im Holzschnitt und derart verkleinert, dass
sie eine Beurtheilung der Details keineswegs zulassen, finden im Texte keine Erwähnung; nur in einer Anmerkung widmet
der Verfasser denselben einige Worte der Erklärung und fügt etliche historische Daten über den Gegenstand bei, ohne
übrigens Neues zu bringen. In dieser Anmerkung gibt der Verfasser an, dass er seine Abbildungen von Originalen genommen
hat, welche sich in den Codices 10815 und 10816 der k. k. Hof bibliothek zu Wien finden. Bei dieser Angabe ist es sonder-
bar, dass wir das Aeussere des alten Arsenals nicht wie im Originale als Bruchstück sondern als vollkommen dargestelltes
Gebäude erblicken. Der Verfasser hat also ganz ohne Zweifel die andere im Originale fehlende Hälfte nach seinem Er-
messen ergänzt, ein Vorgang, der in einem streng wissenschaftlichen Organe ein eigenthümliches Licht auf die Verlässlich-
 
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