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Wendelin Boeheim.
Das Zündloch ist durch ein Charnierband geschlossen. Das Geschütz ruht auf einem Holzrahmen mit
unbehauenen Langbäumen. — Ueberschrift: »Das edel Tromedari«.
Bl. 2". Randverzierung mit Initiale I im Stile der vorherbeschriebenen. Links schwebt eine
Blaumeise nach abwärts. — Schrifttext:
Ich hab muessen den namen han
Die »Lauerpfeif« Maximilian
Des kaisers teur und hochgeborn.
Keiner im haus erwart meins zorn;
Dann so vest mag es nicht gesein,
Ich scheus im ein loch darein.
Bl. 3. Abbildung eines Hauptstückes aus Bronze, ähnlich wie das
vorige ausgestattet. Die Henkel bilden Drachen mit Köpfen an beiden
Enden und quer geriffelten Leibern. Das Rohr, auf einem Holzrahmen
lagernd, hat doppelte Schildzapfen in Form vierkantiger Prismen. —
Ueberschrift: »Die wolgestimbt LauerpfeifF«.
In den kunsthistorischen Sammlungen, Saal XXXV, 57, befindet
sich das Modell eines Hauptstückes von sehr reicher Ausstattung mit
Reliefs, welches seiner Inschrift nach den gleichen Namen »Die Lauer-
pfeiff« führt.1 Nach seiner reichen Ausstattung mit Wappen und Em-
blemen: dem römischen Königsadler, den Wappen der Länder Kaiser
Maximilians, den Emblemen des Vliessordens etc., hat es sehr viele Aehn-
lichkeit mit dem Hauptstück »die wild Gred« von G. Seelos im Zeug-
hause zu Sigmundskron und es ist die Vermuthung sehr naheliegend,
dass die Zeichnung hiezu von Hans Kölderer herrührt. Bemerkenswerth
ist, dass das Relief auf dem Stossboden eine Rosette mit Früchten dar-
stellt, die vollkommen den Stil der Renaissance erkennen lässt, während
alle übrigen Verzierungen noch gothisiren. Es ist schwer, dem Ge-
dankengange zu folgen, nach welchem die vorderen Schildzapfen in
Form von Pfeifen gebildet wurden. Auf dem Charnierbande des Zünd-
loches, welches seit Langem weggebrochen und verloren gegangen ist,
war nach Leber ehemals ein Pfeifer in Landsknechttracht freiplastisch
dargestellt.
Das Modell (Fig. 68), welches aus dem ehemaligen Zeughause zu
Wien stammt und eine Länge von 527 Cm. bei einer Kaliberdimension
Fig. 68. von 5-2 Cm. besitzt, trägt am Kammerstücke folgende Inschrift:
ICH • SIHE • UND • LAUR • ALS • DER • HAGL • UND
DER • SCHAUR • UND • HAIS • DARUMB • »DIE • LAUR
PFEIFF« • NIMB • HINWEG • WAS • ICH • ERGREIFF •
Möglicherweise war das oben beschriebene Hauptstück vom Kaiser bestimmt, nach diesem Modell
ausgeführt zu werden, und haben ihn nur die vermehrten Kosten von dieser Absicht abgelenkt, wenn
mit der Abbildung im Zeugbuche nicht etwa nur eine ideale Darstellung gegeben ist und das Haupt-
stück selbst wirklich so reich ausgestattet gewesen ist, wie das Modell uns heute noch zeigt. Dass ein
solcher Fall einer idealen Darstellung nicht vereinzelt vorkommt, werden wir beim Zeughause zu
Breisach sehen.
> Vgl. Leber, Wiens kaiserliches Zeughaus, Leipzig 1846, S. 61 f. Die beigegebenen Erklärungen über den Namens-
ursprung und die Lafettenformen sind unrichtig. In dem Gedenkbuche des Königs Maximilian (perpetue) von ca. 1506 bis
1508 notirt derselbe, dass für die Lauerpfciff hundert Kugeln zu schmieden seien, aber um einen billigeren Preis. In der
That waren die Kosten für »geschmiedete« Kugeln kaum mehr zu erschwingen. Vgl. Dr. Theodor Frimmel, Regesten
aus der Bibliothek der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Jahrbuch, Bd. V, Regest 4021.
Wendelin Boeheim.
Das Zündloch ist durch ein Charnierband geschlossen. Das Geschütz ruht auf einem Holzrahmen mit
unbehauenen Langbäumen. — Ueberschrift: »Das edel Tromedari«.
Bl. 2". Randverzierung mit Initiale I im Stile der vorherbeschriebenen. Links schwebt eine
Blaumeise nach abwärts. — Schrifttext:
Ich hab muessen den namen han
Die »Lauerpfeif« Maximilian
Des kaisers teur und hochgeborn.
Keiner im haus erwart meins zorn;
Dann so vest mag es nicht gesein,
Ich scheus im ein loch darein.
Bl. 3. Abbildung eines Hauptstückes aus Bronze, ähnlich wie das
vorige ausgestattet. Die Henkel bilden Drachen mit Köpfen an beiden
Enden und quer geriffelten Leibern. Das Rohr, auf einem Holzrahmen
lagernd, hat doppelte Schildzapfen in Form vierkantiger Prismen. —
Ueberschrift: »Die wolgestimbt LauerpfeifF«.
In den kunsthistorischen Sammlungen, Saal XXXV, 57, befindet
sich das Modell eines Hauptstückes von sehr reicher Ausstattung mit
Reliefs, welches seiner Inschrift nach den gleichen Namen »Die Lauer-
pfeiff« führt.1 Nach seiner reichen Ausstattung mit Wappen und Em-
blemen: dem römischen Königsadler, den Wappen der Länder Kaiser
Maximilians, den Emblemen des Vliessordens etc., hat es sehr viele Aehn-
lichkeit mit dem Hauptstück »die wild Gred« von G. Seelos im Zeug-
hause zu Sigmundskron und es ist die Vermuthung sehr naheliegend,
dass die Zeichnung hiezu von Hans Kölderer herrührt. Bemerkenswerth
ist, dass das Relief auf dem Stossboden eine Rosette mit Früchten dar-
stellt, die vollkommen den Stil der Renaissance erkennen lässt, während
alle übrigen Verzierungen noch gothisiren. Es ist schwer, dem Ge-
dankengange zu folgen, nach welchem die vorderen Schildzapfen in
Form von Pfeifen gebildet wurden. Auf dem Charnierbande des Zünd-
loches, welches seit Langem weggebrochen und verloren gegangen ist,
war nach Leber ehemals ein Pfeifer in Landsknechttracht freiplastisch
dargestellt.
Das Modell (Fig. 68), welches aus dem ehemaligen Zeughause zu
Wien stammt und eine Länge von 527 Cm. bei einer Kaliberdimension
Fig. 68. von 5-2 Cm. besitzt, trägt am Kammerstücke folgende Inschrift:
ICH • SIHE • UND • LAUR • ALS • DER • HAGL • UND
DER • SCHAUR • UND • HAIS • DARUMB • »DIE • LAUR
PFEIFF« • NIMB • HINWEG • WAS • ICH • ERGREIFF •
Möglicherweise war das oben beschriebene Hauptstück vom Kaiser bestimmt, nach diesem Modell
ausgeführt zu werden, und haben ihn nur die vermehrten Kosten von dieser Absicht abgelenkt, wenn
mit der Abbildung im Zeugbuche nicht etwa nur eine ideale Darstellung gegeben ist und das Haupt-
stück selbst wirklich so reich ausgestattet gewesen ist, wie das Modell uns heute noch zeigt. Dass ein
solcher Fall einer idealen Darstellung nicht vereinzelt vorkommt, werden wir beim Zeughause zu
Breisach sehen.
> Vgl. Leber, Wiens kaiserliches Zeughaus, Leipzig 1846, S. 61 f. Die beigegebenen Erklärungen über den Namens-
ursprung und die Lafettenformen sind unrichtig. In dem Gedenkbuche des Königs Maximilian (perpetue) von ca. 1506 bis
1508 notirt derselbe, dass für die Lauerpfciff hundert Kugeln zu schmieden seien, aber um einen billigeren Preis. In der
That waren die Kosten für »geschmiedete« Kugeln kaum mehr zu erschwingen. Vgl. Dr. Theodor Frimmel, Regesten
aus der Bibliothek der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Jahrbuch, Bd. V, Regest 4021.