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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Chmelarz, Eduard: Jost de Negker's Helldunkelblätter Kaiser Max und St. Georg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0429
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396

Eduard Chmelarz.

laute des Briefes über das Baumgartner'sche Porträt jedenfalls die Anwendung von drei Platten als
seine Erfindung im Jahre 1512 gesichert.

Der auf Taf. XXX reproducirte St. Georg als Patron, der christlichen Ritterschaft nach Burgk-
mair (B. 23) ist allerdings im Schnitt weniger fein, gleichwohl jedoch ein vollwichtiges Zeugniss für die
Leistungsfähigkeit dieser Technik nach malerischer Richtung und weist neben dem Malernamen auch
jenen des Holzschneiders und wohl auch Druckers Jost de Negker auf. Vollends der Golddruck ist
aber als des Letzteren Meisterwerk anzusehen, sowohl durch den trefflichen Schnitt als Druck nach
der feinen Burgkmair'schen Zeichnung, welche dank ihrer monumentalen Haltung unwillkürlich Ver-
rocchio's Colleoni-Denkmal in Venedig ins Gedächtniss ruft. Aus so früher Zeit 1508 ist die Leistung
Burgkmair's und Jost de Negker's sehr hoch anzuschlagen und ein neuer Beweis für die Begabung der
deutschen Künstler im Renaissancezeitalter, welche sich nur unter dem Drucke der ärmlichen Ver-
hältnisse diesseits der Alpen zumeist mit einem Surrogat in Technik und Materiale begnügen mussten,
während sich ihre Kunstgenossen in Italien in Architektur, Malerei und Plastik der reichsten Aufträge
erfreuten und ihre Kräfte in grossem Stile entfalten konnten. Auch betreffs der Aufnahme italienischer
Ornamentik, welche durch die Handelsverbindungen Augsburgs mit Venedig wesentlich gefördert
wurde, sind diese beiden Blätter in kunsthistorischer Beziehung hoch bedeutsam, der Golddruck aber
in der That in kleinem Massstabe eines der schönsten Denkmale des letzten Ritters, Kaiser Maximilian.

Zum Schlüsse ist es vielleicht nicht uninteressant, auf die Verwerthung hinzuweisen, welche
unser Kaiserblatt in einem Kunstwerke anderer Art im k. k. kunsthistorischen Hofmuseum gefunden
hat. Die Rückseite eines Reliefporträts Maximilians in Solenhofener Stein mit der Jahreszahl 1516 wird
durch eine leicht convex gebogene Platte aus dünnem, im Feuer vergoldeten Silber verdeckt, auf welcher
unser Denegker'sche Holzschnitt copirt ist.1 Nur sah sich der Graveur zu einigen Veränderungen
veranlasst, mit welchen er wohl dem im Laufe der Jahre potenzirten Kaisergefühle Maximilians Rech-
nung tragen wollte. Der gekrönte Doppeladler mit dem altösterreichischen und dem burgundischen
Wappen im Herzschild hätte in Folge Weglassung der Architektur im Medaillon links oben keinen
rechten Platz gehabt und wurde daher auf dem Gelieger der Pferderüstung an Stelle des österrei-
chischen Bindenschildwappens gesetzt, dafür wieder dieses auf den Fürbug des Pferdes, wo im Holz-
schnitte der Schild mit den fünf Lerchen angebracht ist. Ebenso ist aus räumlichen Gründen und, um
die Kaiserwürde noch besser zu illustriren, an Stelle des imposanten Pfauenfederbusches in der Gra-
virung die Kaiserkrone gemacht worden. So durchgreifende Aenderungen konnten aber auf dem
Holzstocke nicht vorgenommen werden und so begnügte sich Denegker später, auf seinem herrlichen
Blatte die Jahreszahl 1508 in der erwähnten Weise durch 1518 zu ersetzen. Wenn der Golddruck auf
Pergament sicherlich zunächst nur für den Kaiser selbst und befreundete fürstliche Personen bestimmt
war, so geschah die Ausgabe von 1518 im richtigen Helldunkel für das Volk; auch dieses sollte und
wollte das Bild seines Kaisers haben; es liebte denselben und hatte auch Ursache, ihn zu lieben.

1508 vorgekommen sei (im Katalog von Meder unter Nr. 304 mit Facsimilereproduction). Dasselbe wäre in der That nach
dem Katalog wohl als Unicum zu bezeichnen und für die Priorität der Helldunkeltechnik Jost de Negker's vor Cranach
ausschlaggebend, da gegen die Entstehung des Helldunkelblattes der Cranach'schen Venus im Jahre 1506 gerechte Zweifel
erhoben werden. Ich muss aber gestehen, dass mir dieses Oppermann'sche Helldunkelblatt, das also im selben Jahre wie
unser Golddruck entstanden sein soll, einigermassen verdächtig erscheint; denn die ominöse Null der Jahrzahl 1508 hat eine
ganz moderne Form und es ist nicht ausgeschlossen, dass hier irgendwann ein Abdruck des Jahres 1518 absichtlich zurück-
datirt wurde, um ihn zu einem Unicum zu stempeln. Herr L. Meder hatte die Güte, mir mitzutheilen, dass dieses Blatt
aus der englischen Sammlung Bale stammte und auf der Auction von Thibaudeau in Paris erworben wurde. Dagegen
ist uns der auf dem Oppermann'schen wie auf unserem Georgsblatte aufgedruckte Name Jost de Negker's für die
documentarische Zuweisung des Kaiserblattes an diesen trefflichsten Augsburger Holzschneider in höchstem Grade will-
kommen. Uebrigens ist auch in Jaro Springer's Studien zur Geschichte des Farbendruckes in »Graphische Künste«,
Bd. XVII, Heft I, ein Helldunkelabdruck unseres Kaiserblattes in Braunroth reproducirt, welcher in gleicher Weise beide
Künstlernamen enthält. In der Datirung ist hier wieder an Stelle der Null, beziehungsweise des Einsers ein bedeutungsloser
senkrechter Strich.

' Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. IV, Kenner, Cameen und Modelle
des XVI. Jahrhunderts, p. I ff. und Abbildung auf Taf. I.
 
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