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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in der kaiserlichen und in anderen Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0410
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NÜRNBERGER WAFFENSCHMIEDE UND IHRE WERKE
IN DEN KAISERLICHEN UND IN ANDEREN SAMMLUNGEN.

Von

Wendelin Boeheim.

ie Harnischindustrie Nürnbergs ist bedeutend jünger als jene Mailands; die älte-
sten Nachrichten über dieselbe reichen nicht über den Anfang des XIV. Jahr-
hunderts hinauf, während wir über jene Mailands gerade ein Jahrhundert vorher
schon auf Urkunden stossen, welche eine kräftige Entwicklung dieses Zweiges der
Thätigkeit erkennen lassen. Gleichwie in Mailand hat auch die günstige geogra-
phische Lage Nürnbergs auf die Aufnahme und rasche Entwicklung dieses Hand-
werkes fördernd eingewirkt, wie sich auch sonst in der Culturgeschichte beider
Städte manche Aehnlichkeiten erkennen lassen. Waren die Bedingungen zu einem kräftigeren Auf-
schwünge der Waffenindustrie Nürnbergs auch später eingetreten, so gestalteten sich dieselben doch in
Staunenswerth kurzer Zeit so vortheilhaft, dass dieser Handwerkszweig in wenigen Jahrzehnten zu
grosser Wohlhabenheit gelangte. Alle Umstände vereinigten sich gegen die Mitte des XIV. Jahrhunderts,
um Mailand, das sich in der Erzeugung der Schutzwaffen nahezu ganz Europa tributär gemacht hatte,
zu erreichen und zu überflügeln. Wenn dies nicht gelungen ist, wenn sich die Waffenindustrie Nürn-
bergs bei immerhin ansehnlicher Bedeutung und quantitativer Productionsfähigkeit nicht über jene
Mailands erheben konnte, so waren daran hauptsächlich die inneren socialen und politischen Wirren
und die endlosen Streitigkeiten die Ursache, in welche sich die einzelnen einschlägigen Zünfte unter
einander verwickelt hatten. Der Rath that durch die engherzigsten Gesetze noch das Uebrige, um jede
Erhebung über einen einmal erreichten Höhepunkt zu hindern.

Die etwa dreissig Haubenschmiede, Harnischer und Sarwürcher1 waren bei dieser gewerblichen
Politik und bei einem rapid sich steigernden Bedürfnisse nach Schutzwaffen allerdings rasch wohl-
habend aber damit auch selbstbewusst und übermüthig geworden. In der Empörung der demokrati-
schen Bürger gegen den Rath, die am Mittwoch vor Pfingsten 1.349 zwischen Mittag und Vesper ihren
Anfang nahm, war es gerade der Haubenschmied Niclas Geissbart, der zu den Hauptanstiftern der
Bewegung zählte, und der Einfiuss, welchen das Handwerk auf die letztere übte, ist daraus zu erkennen,
dass der neue Rath nicht weniger als fünf Haubenschmiede und Harnischer zählte.2

Störend auf die Entwicklung wirkte auch die anfängliche Verzettelung des Erzeugungsgegen-
standes auf drei Zünfte, welche sich durch Jahrhunderte mit aller Erbitterung bekämpften. Als gegen

1 Sarwürcher, der spätere Panzermacher und Verfertiger der Hemden ans Ringen von Eisendraht. Der Harnischer
fertigte vor der Einführung der Plattenharnische lediglich die Hauberts, die Brünen und Eisenhosen aus Leder mit darüber
genähten Ringen und Plättchen aus Eisenblech. Um das Ende des XIV. Jahrhunderts dehnte sich allmälig seine Thätig-
keit auf das Arm- und Beinzeug aus, welche aus Eisenblech gefertigt wurden.

2 Gundling, Historische Nachricht von Nürnberg, p. I20ff. — Murr, Journal zur Kunstgeschichte und zur allgemeinen
Literatur V: Versuch einer Nürnbergischen Handwerksgeschichte etc., p. 37.
 
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