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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0016
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IO

Friedrich Kenner.

freie Stirne, volle, geröthete Wangen, unten etwas breiter als oben, dicker Hals; auf dem Kopfe eine
Blätterkrone, um die Schultern Hermelin, darüber eine schwere Ringkette aus Gold. Grund dunkel-
grau. — Katalog Nr. 206 (von Primisser auf Jaime, von Sacken auf Raime [Ramirus], König von Ara-
gon, gestorben 1067, bezogen). Die Copie ist wohl von demselben Meister gemalt, der auch das Bild des
heil. Fernando geliefert hat; auch bezüglich der Vorlage gilt, was oben zu Letzterem bemerkt wurde.

Die Behandlung der Haare, insbesondere die tiefe Unterhöhlung derselben am Halse, und die
Form der Zacken der Krone, die nach Art der gothischen Krabben gebildet und unverhältnissmässig
gross und schwer sind, deuten auch für dieses Bildniss auf eine Steinsculptur als Vorlage hin. Die
Tumbafigur des eben genannten Grabmales zeigt die gleichen individuellen Züge, die gerade Nase, die

zunehmende Breite des Gesichtes an den Kinn-
laden, den dicken Hals und die Aushöhlung zwi-
schen den Haarpartien und dem Halse wie unser
Bild; dieses aber gibt den König noch jugendlich
mit etwa 25 Jahren, während ihn die Sculptur, da
die Ausführung des Grabmals im Jahre i3i2 be-
gann, frühestens im 47. Lebensjahre darstellt. Dar-
aus erklärt sich vielleicht auch der einzige Unter-
schied, der zwischen beiden vorhanden ist. In der
Sculptur erscheint Jaime, wie es der Zeit ent-
spricht, unbärtig, in unserem mit kurzem Voll-
bart, der wohl nur das erste Sprossen des Bartes,
d. h. das noch jugendliche Alter, andeuten soll. Die
Aufnahme eines Bildes von Jaime II. in unsere
Sammlung hängt wohl damit zusammen, dass eine
Tochter desselben, Isabella, als Gemahlin des Her-
zogs Friedrich des Schönen dem Erzhause an-
gehörte.1

143. Fernando der Katholische,

Sohn Juan II. von Aragon und der Juana Enriquez,
geboren 1452, besiegte Alfonso V. von Portugal bei
Torre am Duero (1476) und zwang ihn, im Frieden von
Alcantara (März 1479) seinen Ansprüchen auf Aragon
zu entsagen, dessen Thron er am 20. Jänner desselben
Jahres bestiegen hatte. Zugleich als Gemahl Isabellas
Mitregent in Castilien, befestigte er die königliche Macht
gegenüber dem Adel, hob die Finanzen durch Wiedervereinigung der Krongüter, stellte durch die bewaffneten
Hermandades (Brüderschaften) die Ruhe und Ordnung im Lande her, sorgte für Rechtspflege und Sammlung
der Gesetze und förderte den Verkehr zu Wasser und Land. Nach mehrjährigem Kampfe wurden Malaga und
Granada (1481—1492), ferner mit den reichen Geldmitteln, welche der durch Christoph Columbus neuent-
deckte Welttheil einbrachte, Neapel von Gonzalo de Cördoba (1503), endlich Obernavarra (1512) erobert;
in Afrika gelang es, mehrere Landstriche an der Nordküste, darunter Tripolis, zu besetzen. Fernando starb
Anfangs 1516 zu Madrigalejo (Estremadura) und wurde in einem prächtigen, von Peralta in Genua gearbeiteten
Grabmale in der königlichen Kapelle der Stiftskirche von Granada beigesetzt.2 In erster Ehe war Fernando ver-
mählt mit der Erbtochter von Castilien, Isabella, Tochter des Juan II. von Castilien und der Isabella von Portugal,
geboren zu Madrigal in Altcastilien am 22. April 1451, vermählt in Cervera am 19. October 1469, gestorben am
26. November 1504 in Medina del Campo bei Valladolid, erst im Franziskanerkloster Alhambra einfach beigesetzt,
1516 in das Grabmal des Königs Fernando übertragen. — Die zweite Gemahlin war seit 1506 Prinzessin Germaine
de Foix, Schwester des Königs Ludwig XII. von Frankreich. Sie heiratete in zweiter Ehe 1522 den Markgrafen
Johannes von Brandenburg, der am 5. Juli 1525 zu Valencia starb, in dritter den Herzog Ferdinando von Cala-
brien; sie selbst starb am 15. October 1536. — Das Bildniss der Tochter des Königs Fernando aus der ersten

1 Jahrbuch XIV (1893), S. 85, Nr. 32.

2 Abgebildet bei Carderera II, vgl. Gal. hist. de Versailles, Suppl., Tome III ohne Tafelnummer.
 
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