Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

DOI Heft:
Abhandlungen
DOI Artikel:
Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0043
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

37

in Wien 1305. Das Bildniss ist wahrscheinlich mit Benützung der Figur auf ihrer Tumba, die sich im
Minoritenkloster in Wien befand und 1784 verschwunden ist, hergestellt.1

158. Ludwig XL,

Sohn des Königs Karl VII. und der Königin Marie, Tochter Lodovico II. von Anjou, Titularkönigs von Neapel,
geboren in Bourges am 3. Juli 1423, gerieth bei seinem unruhigen und entschlossenen Charakter schon in früher
Jugend in Zwiespalt mit seinem unentschiedenen Vater, gegen den er sich zweimal erhob, um auf den Thron zu
gelangen. Von der Dauphinee, in die er verbannt war und wo er fast selbständig regierte, entfloh er wegen der
geringen Einkünfte, die ihm das Land bot, an den Hof Philipp des Guten von Burgund (1456), der ihm mehrere
Jahre in Gennep Gastfreundschaft erwies, bis Ludwig nach dem Tode seines Vaters (1461) den Thron bestieg
und nun im Sinne der modernen Zeit die königliche Macht auf Kosten der Vasallen, insbesondere des Herzogs
Francois von Bretagne und der Herzoge Philipp des
Guten und Karl des Kühnen von Burgund, zu erwei-
tern und durch erhöhte Steuern den Schatz zum
Zwecke seiner Staatsactionen zu füllen suchte. Ver-
schlagen und stets wortbrüchig, erreichte er sein Ziel
mehr durch Verhandlungen und Verträge, die er dann
nicht hielt, als durch die Kriege, welche er fast un-
ausgesetzt führte und die ihn oft in verzweifelte Lagen
brachten. Gleichwohl weiss man nur von zwei gros-
sen Schlachten aus seiner Regierung, deren eine, bei
Montlhery (16. Juli 1465), er gegen die verbündeten
Vasallen gewann, und jene bei Guinegate 1478, in dem
Kampfe um den niederländischen Antheil des burgun-
dischen Erbes, in welcher er von Erzherzog Maximi-
lian besiegt wurde. Im Jahre 1481 vom Schlage ge-
rührt, verbrachte er die beiden letzten Jahre seines
Lebens in Amboise unter zahlreichen Acten einer
grausamen Tyrannei, zu der ihn Argwohn hinriss.
Er starb am 3i. August 1483 in Chäteau de Plessis-
les-Tours und wurde in Notre Dame de Clery bei-
gesetzt. In erster Ehe war er seit 24. Juni 1436 mit
Margaretha, Tochter Jakob I. von Schottland und
der Anna Somerset (gest. 16. August 1444), in zweiter
seit März 1451 (heimgeführt 1457) mit Charlotte,
Tochter des Lodovico von Savoyen und der Anna
von Cypern, vermählt. Sie starb am 1. December 1483.

Zierliche feine Silberschrift: IuDOVICVS
VNDECIMVS | GALLLE REX. Brustbild rechts,
im Profil, mit gekrümmtem Rücken und vorge-
neigtem Kopfe, unbärtig, das lange, unten ein- Nr. 158.
gerollte Haupthaar und die feine Braue braun,

das vortretende Auge blau, die Nase spitzig und weitausladend, der Mund klein, Unterlippe und Kinn
zurücktretend; auf dem Kopfe eine hochrothe, bis in den Nacken reichende Haube, darüber ein pur-
purfarbiger Hut mit aufgestellter Krampe,2 der Hals bloss; über das rothe Sammtkleid mit schmalem
braungelben Kragen die aus Muscheln und Knoten gebildete Collane des Michaelsordens, deren rundes
Schlussglied den heil. Michael mit ausgeschlagenem Grunde zeigt. Grund gelblichgrau, ins Lichtere
spielend. — Katalog Nr. 216.

Sehr ähnlich Rovillius, Promptuarium, Ausgabe von 1581, II, p. 197. — Gleich bei Dreux de
Radier, L'Europe illustre II (1777) zum Jahre 1483; derselbe Kupferstich in der Recueil des portraits
des Hommes illustres von Velly, Villaret und Garnier, Tome II (1786), Nr. 170. — Ganz gleich im Kupfer-
stich von Landon in der Biographie universelle, Tome XXV (1820), p. 12g. — Roo, p. 399.

1 Vgl. Jahrbuch XIV (i8g3), S. 83, Nr. 28 mit Textabbildung.

2 Auf dem Bildnisse des Königs in Chäteau d'Eu gewahrt man die Bleimedaille der Muttergottes, die er stets trug.
Als Dauphin vor dem Tode des Ertrinkens gerettet, hatte er sich der heil. Jungfrau gewidmet. Vatout, Le Chäteau d'Eu I
(i836), p. i3o. — Vgl. den Kupferstich von Morin, abgebildet in Spamer, III. Weltgeschichte IV (3. Aufl.), S. 658.
 
Annotationen