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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0069
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62

Friedrich Kenner.

Regimentes in Piemont, nahm er 1573 an der Belagerung von La Rocheile unter dem Herzog von Anjou (Hein-
rich III.) Theil, dessen Gunst er gewann und den er nach Polen begleitete. Nach dessen Rückkehr wurde er
1574 Marschall, commandirte im folgenden Jahre mit Marschall Damville (Nr. 188) die Armee von Languedoc
und erhielt 1579 die Verwaltung des Marquisats Saluzzo. Er starb am 20. December 1579. — Er vermählte sich,
nach 1562, mit Dispens, mit seiner Tante Margherita di Saluzzo, Witwe des Marschalls de Termes, Tochter
des Giovanni Francesco di Saluzzo.

Zierliche Silberschrift rechts oben: BELLAGAR. Brustbild links, im Dreiviertelprofil, mit dunkel-
grauen Augen, die Brauen und der spärliche Vollbart braun, das Haupthaar grau, hohe faltige Stirne,

lange, gerade vorspringende Nase, breiter voller
Mund; in blanker Rüstung mit breiten gelben Zier-
streifen, über den Hals der umgelegte glatte Kragen,
am Rande in Schwarz gestickt. Die Riemchen, wel-
che die Achseln festhalten, roth, die Achseln selbst
am Rande mit rothen Schlupfen vorgestossen. Grund
dunkelgrau. — Auf der Rückseite des alten steifen
Papieres, auf das der Kopf gemalt ist, in alter Schrift:
Julcus (?) Le M(ar)eschal Delguard. — Katalog
Nr. 837.

Das Bildniss ist sehr selten. In Versailles be-
findet sich nur eine Büste, die nach einem Kupfer-
stiche von Jean Martin Langlois ausgeführt ist;1
sonst weiss ich nur von einer farbigen Zeichnung.2
Schon dieser Umstand spricht für den nichtfranzösi-
schen Ursprung des Originales. In der That weicht
die Malweise von jener der anderen französischen
Porträte unserer Sammlung ab: es ist nicht wie
diese nach einer Zeichnung sondern nach dem Le-
ben gemalt, derber ausgeführt aber in kräftigeren,
körperhafteren Farben, welche auch in der Copie
noch eine frischere, lebendigere Wirkung machen.
Der Meister des Originales scheint einer der Schulen
Nr. 180. aus Oberitalien, vielleicht einer heimischen in Sa-

luzzo anzugehören, nicht der Schule Clouet's. Das
Alter des Dargestellten wird auf 35—40 Jahre zu schätzen sein.

Die kleine Medaille mit seinem Profilkopfe rechts, deren Meister unbekannt ist, weist die Jahres-
zahl 1576 auf; sie gibt ihn sehr ähnlich.3

181. Boisy, Claude de Gouffier, Duc de Roannois, Marquis de,

älterer Sohn des Artus Gouffier und der Helene de Hangest, Dame de Magny, wurde 1537 erster Kammerherr
und diente von nun an vier Königen in verschiedenen Feldzügen; schon an der Schlacht von Pavia (1525), in der
er gefangen genommen wurde, hat er theilgenommen. Im Jahre 1544 war er Lieutenant des Herzogs von Orleans
und Gouverneur der Champagne. Er starb in hohem Alter zu Villers-Cotterets nach Juni 1570. Er war fünfmal
vermählt: seit i3. Jänner 1526 mit Jacqueline de la Tremouille;4 seit 12. December 1545 mit Francoise de
Brosse, Comtesse de Penthievre; seit 25. Jänner 1559 mit Marie de Gaignon; seit 16. Jänner 1567 mit der Hof-
dame Claude de Beaume, endlich mit der Ehrendame der Königin Caterina, Antoinette de la Tourhandry.

(Taf. III, Fig. 181.) Zierliche Goldschrift: DOMINVS DE BOISSI. Brustbild links, fast von vorne,

die seitwärts blickenden Augen schwarz, die Brauen, das kurze Haupthaar und der gleichfalls kurz-

1 Gal. hist. de Versailles, Tome V, ohne Tafelnummer.

2 Aus dem Cabinet du Roi; sie gibt ihn im Dreiviertelprofil rechts. Bouchot, Portraits, p. 141.

3 Tresor de numism. francaise I, pl. LXIV, Fig. I; vgl. Armand, Les Medailleurs Italiens du XV et XVI Siecles II,
p. 280, Nr. 8.

4 Sie war einst Braut des Connetable Anne de Montmorency (Nr. 204) gewesen; Gouffier selbst war des Letzteren
Freund und unterstützte ihn während seiner Zurückgezogenheit mit Nachrichten vom Hofe.
 
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