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Friedrich Kenner.
wurden, welche — wie dies gewöhnlich geschah — nur den Kopf ausführlicher behandelten, das
Uebrige nur mit wenigen Strichen anzudeuten pflegten. In den vorliegenden Copien ist der Kopf so
ähnlich gemalt, als dies von zwei verschiedenen Copisten denkbar ist. Aber der Eine gibt die Schatten
grau, der andere deutet sie spärlich und in bräunlichem Tone an. Der bogenförmig ausgeschnittene
Vorstoss an den Achseln der Rüstung ist in beiden gleich gezeichnet, die vier oberen Bögen an der
rechten Achsel sind in beiden Copien umgeschlagen; die Farbe der Vorstösse aber ist verschieden, in
Nr. 206 weiss mit goldenen Rändern, in Nr. 207 roth mit weissen Rändern. Der gleiche gelbe Zier-
streif an der Harnischbrust ist auf ersterer Copie mit Rankenornamenten, auf der letzteren eigenthüm-
licher Weise mit einer Hand und einem Fusse ausgefüllt. Man sieht daraus, dass die Copisten, so weit
die gezeichnete Vorlage ausgeführt war, übereinstimmen, das dort nur Angedeutete aber sowie die
Farbe des Vorstosses verschieden angeben. Der
Copist, welcher das Bild Nr. 207 gemalt hat, ist
derselbe, von dem die eine Copie des Porträtes
von Damville (oben, Nr. 189) geliefert wurde.
208. Dessen Gemahlin Diane de France,
natürliche Tochter des Königs Heinrich II. und der
Philippe Duc, geboren 1538, seit ihrer Legitimation
Duchesse dAngouleme, war in erster Ehe vermählt
seit i3. Februar 155z mit Orazio Farnese, Duca di
Castro, dem zweiten Sohne des Pierluigi, Herzogs von
Parma, der nach kaum anderthalb Jahren (18. Juli 1553)
vor Hesdin fiel, in zweiter Ehe seit i3. Mai 1557 zu
Villers-Cotterets mit Francois Herzog von Montmo-
rency. Abermals Witwe geworden (1579), gab sie im
Jahre 1582 an König Heinrich III., ihren Halbbruder,
Chätellerault im Austausch gegen das Herzogthum
Anjou und die Grafschaft Ponthieu. Sie starb kinder-
los1 mit 81 Jahren in Paris am 11. Jänner 1619 und
wurde in der von ihr in der Kirche des Minimes er-
bauten Kapelle beigesetzt. Das Grabmal mit ihrer
Porträtfigur entging den Zerstörungen in der Revo-
lution und wurde nach Versailles überbracht.
Zierliche Goldschrift, zum Theile verlöscht
und unvollendet, so dass sie die Zeile, die links
oben in der Ecke beginnt, nicht völlig ausfüllt:
DVCISSA DE CASTELRAV. Brustbild links, im Drei-
viertelprofil, mit etwas vortretenden, grossen
grauen Augen, die Brauen braun, das krause, in Wellenscheitel geordnete Haupthaar rothbraun, breite
Stirne, volles, nach unten rasch verjüngtes Gesicht, die lange Nase leicht gebogen, der volle kleine
Mund und das Kinn zurücktretend, auf dem Kopfe ein Diadem, das mit Perlen und Kleinoden (rothe
Steinchen in Goldfassung) geziert ist, dahinter ein goldener, mit gleichen Kleinoden belegter Goldreif,
über diesem ein sehr feiner Schleier, der, in Form einer Krause über dem Scheitel befestigt, auf die
Schultern herabfällt. Die vorne wenig geöffnete Chemisette und die Halskrause mit Goldfäden gesäumt
und durchwebt, um den Hals ein Halsband aus Perlen und Kleinoden derselben Art, wie sie an der
Zierschnur auf dem Kopfe erscheinen. Das ausgeschnittene Kleid schwarz, mit ähnlichen Kleinoden
und Perlenschnüren geziert. Grund gelblichgrau. Auf Pappe aufgezogen; auf der Rückseite Theile
des alten Pergamentstreifens aufgeklebt mit den Resten der Aufschrift: Mad. Diane Duchefse \ de
Castelrau Douairiere | de Montmorancy \ Fille . . . Bajarde my . . .2 — Katalog Nr. 828.
Die Bezeichnung als Douairiere de Montmorency in der alten Notiz auf der Kehrseite des Bildes
zeigt das Entstehen des Porträtes nach dem Tode ihres zweiten Gemahles (6. Mai 1579) an; dagegen
1 Ihr Sohn zweiter Ehe starb als Kind.
2 Vielleicht ist in den beiden letzten Zeilen zu lesen: Fille . . Bastarde (du) Henry (roi).
Friedrich Kenner.
wurden, welche — wie dies gewöhnlich geschah — nur den Kopf ausführlicher behandelten, das
Uebrige nur mit wenigen Strichen anzudeuten pflegten. In den vorliegenden Copien ist der Kopf so
ähnlich gemalt, als dies von zwei verschiedenen Copisten denkbar ist. Aber der Eine gibt die Schatten
grau, der andere deutet sie spärlich und in bräunlichem Tone an. Der bogenförmig ausgeschnittene
Vorstoss an den Achseln der Rüstung ist in beiden gleich gezeichnet, die vier oberen Bögen an der
rechten Achsel sind in beiden Copien umgeschlagen; die Farbe der Vorstösse aber ist verschieden, in
Nr. 206 weiss mit goldenen Rändern, in Nr. 207 roth mit weissen Rändern. Der gleiche gelbe Zier-
streif an der Harnischbrust ist auf ersterer Copie mit Rankenornamenten, auf der letzteren eigenthüm-
licher Weise mit einer Hand und einem Fusse ausgefüllt. Man sieht daraus, dass die Copisten, so weit
die gezeichnete Vorlage ausgeführt war, übereinstimmen, das dort nur Angedeutete aber sowie die
Farbe des Vorstosses verschieden angeben. Der
Copist, welcher das Bild Nr. 207 gemalt hat, ist
derselbe, von dem die eine Copie des Porträtes
von Damville (oben, Nr. 189) geliefert wurde.
208. Dessen Gemahlin Diane de France,
natürliche Tochter des Königs Heinrich II. und der
Philippe Duc, geboren 1538, seit ihrer Legitimation
Duchesse dAngouleme, war in erster Ehe vermählt
seit i3. Februar 155z mit Orazio Farnese, Duca di
Castro, dem zweiten Sohne des Pierluigi, Herzogs von
Parma, der nach kaum anderthalb Jahren (18. Juli 1553)
vor Hesdin fiel, in zweiter Ehe seit i3. Mai 1557 zu
Villers-Cotterets mit Francois Herzog von Montmo-
rency. Abermals Witwe geworden (1579), gab sie im
Jahre 1582 an König Heinrich III., ihren Halbbruder,
Chätellerault im Austausch gegen das Herzogthum
Anjou und die Grafschaft Ponthieu. Sie starb kinder-
los1 mit 81 Jahren in Paris am 11. Jänner 1619 und
wurde in der von ihr in der Kirche des Minimes er-
bauten Kapelle beigesetzt. Das Grabmal mit ihrer
Porträtfigur entging den Zerstörungen in der Revo-
lution und wurde nach Versailles überbracht.
Zierliche Goldschrift, zum Theile verlöscht
und unvollendet, so dass sie die Zeile, die links
oben in der Ecke beginnt, nicht völlig ausfüllt:
DVCISSA DE CASTELRAV. Brustbild links, im Drei-
viertelprofil, mit etwas vortretenden, grossen
grauen Augen, die Brauen braun, das krause, in Wellenscheitel geordnete Haupthaar rothbraun, breite
Stirne, volles, nach unten rasch verjüngtes Gesicht, die lange Nase leicht gebogen, der volle kleine
Mund und das Kinn zurücktretend, auf dem Kopfe ein Diadem, das mit Perlen und Kleinoden (rothe
Steinchen in Goldfassung) geziert ist, dahinter ein goldener, mit gleichen Kleinoden belegter Goldreif,
über diesem ein sehr feiner Schleier, der, in Form einer Krause über dem Scheitel befestigt, auf die
Schultern herabfällt. Die vorne wenig geöffnete Chemisette und die Halskrause mit Goldfäden gesäumt
und durchwebt, um den Hals ein Halsband aus Perlen und Kleinoden derselben Art, wie sie an der
Zierschnur auf dem Kopfe erscheinen. Das ausgeschnittene Kleid schwarz, mit ähnlichen Kleinoden
und Perlenschnüren geziert. Grund gelblichgrau. Auf Pappe aufgezogen; auf der Rückseite Theile
des alten Pergamentstreifens aufgeklebt mit den Resten der Aufschrift: Mad. Diane Duchefse \ de
Castelrau Douairiere | de Montmorancy \ Fille . . . Bajarde my . . .2 — Katalog Nr. 828.
Die Bezeichnung als Douairiere de Montmorency in der alten Notiz auf der Kehrseite des Bildes
zeigt das Entstehen des Porträtes nach dem Tode ihres zweiten Gemahles (6. Mai 1579) an; dagegen
1 Ihr Sohn zweiter Ehe starb als Kind.
2 Vielleicht ist in den beiden letzten Zeilen zu lesen: Fille . . Bastarde (du) Henry (roi).