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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0149
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Friedrich Kenner.

grosse Holzschnitt von Agostino Veneziano, der signirt und datirt ist (1535 [ A- v) gibt ihn mit gleichem
finsteren Ausdruck aber noch älter als unser Bild;1 er ist hier im Dreiviertelprofil rechts dargestellt.

Fez.

28 und 29. Mulei Mahomet, Scherif (d. i. Nachkomme des Propheten),

Sohn des Mahomet ben Achmed, eines Kaufmannes aus Dara, dessen Familie sich rühmte, von jener des
Propheten abzustammen, geboren um 1470, wurde mit seinen älteren Brüdern Mulei Abdelquivir und Mulei
Achmed im Jahre 1508 nach Mekka gesandt und kehrte mit ihnen mit dem Rufe eines Heiligen in die Heimat
zurück, wo sie nach dem Plane ihres Vaters den heiligen Krieg predigen sollten, um die unter dem schwachen

Regimente der Dynastie Merini in kleine Reiche
zerfallene Monarchie von Fez und Marocco
wieder zu vereinigen und den fortschreitenden
Eroberungen der Portugiesen an der West-
küste Einhalt zu thun. Es gelang Mahomet
als Erzieher der Söhne des Königs, diesen zu
bestimmen, ihn und seine Brüder als Prediger
des Religionskrieges in seinem Reiche zu auto-
risiren. Der Erfolg war ein ungewöhnlich
grosser, die einzelnen Tribus unterstützten
sie mit dem vom Koran vorgeschriebenen Ze-
hent und anerkannten sie als freigewählte Sou-
veräne, während die widerstrebenden Stämme
mit Gewalt unterworfen wurden. Auf diese
Weise gelang es schon ihrem Vater, sich der
Stadt Tarudant zu bemächtigen und über Hea,
Duquella und Temsena eine Herrschaft zu be-
gründen, welche nach seinem und des älteren
Bruders Abdelquivir's Tode die beiden jün-
geren Söhne noch weiter ausdehnten, theils
durch Siege über die Portugiesen, theils durch
Einnahme von Marocco, das sie anfänglich nur
als Statthalter des Königs von Fez, der ihnen
grosse Wohlthaten erwiesen hatte, regierten.
Als der Letztere gestorben war, nahmen sie
aber auch gegen seinen Nachfolger Mulei Oatas
Merini, den einstigen Zögling des Scherif Ma-
homet, eine drohende Stellung ein, verwei-
gerten den Tribut und theilten unter sich das
Reich, indem Mahomet in Tarudant, Ach-
med in Marocco Residenz nahmen. Darüber
kam es zum Kampfe mit dem jungen Könige,
der, von den Scherifen geschlagen, in seine
Hauptstadt zurückzugehen gezwungen wurde. Nun folgte die Eroberung von Tafilet, des grossen Reiches im
Süden des Atlas (1536), aber auch ein Kampf der beiden Scherife untereinander, da Mahomet nicht weiter
die Oberherrschaft des Achmed anerkennen wollte. Letzterer unterlag und wurde in die Wüste verbannt (1544),
Mahomet aber eroberte Fez (1548), Hess seinen ehemaligen Zögling, den letzten König aus dem Hause der
Merini, nach Tarudant abführen und mit seiner ganzen Familie erdrosseln. Es gelang Mahomet zwar, Fez
gegen die Türken von Algier, die ihm schwere Niederlagen beibrachten und einen neuen König Buhasson dort
eingesetzt hatten, zu behaupten; er selbst aber erfreute sich der treulos erworbenen Herrschaft nicht lange, in-
dem er während eines Zuges gegen die unruhigen Gebirgsvölker im Jahre 1556 von einem Türken ermordet
wurde. Als Giovio seine Elogia schrieb (um 1550), war Mahomet bereits 80 Jahre alt; er scheint also etwa
85 bis 86 Lebensjahre erreicht zu haben.

28. Auf eine Kupferplatte von 137 Cm. Länge und 10-5 Cm. Breite gemalt. Silberschrift: SERIFO
REX Hüftbild links, fast von vorne, die schwarzen Augen etwas nach oben gerichtet, Brauen und Voll-
bart weiss, kleines Ohr, gerade Nase, der Mund breit und geöffnet, so dass einige Zähne des schad-
haften unteren Gebisses sichtbar werden; in hochrothem Kleide mit weissen Streifchen an Hals und
Armgelenken, darüber ein weisses Oberkleid mit kurzem Aermel, vorne offen und mit kleinen Knöpfen

1 Albertina, Italienische Schule, I. Section, Vol. XXIII, fol. 93.
 
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