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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Suida, Wilhelm: Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi genannt Bramantino
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0015
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IO

Wilhelm Suida.

vom ehemaligen Lanfranco-Denkmal befindet, dessen Komposition zu derjenigen von Bramantinos
Gemälde eine sehr nahe Beziehung aufweist (Fig. 2). Dieses oder ein ganz ähnliches Werk Omodeos
muß dem Künstler bekannt gewesen sein. Man vergleiche die kniende Madonna, deren weiter Mantel
in reichen Falten niederfällt; das Christkind, das hier wie dort auf der Erde liegend den kleinen

Finger im Munde hält; die
zu Häupten der Mittel-
gruppe stehenden musizie-
renden Engel, lange ha-
gere Gestalten mit gleich-
sam vom Winde an den
Körper angewehten knitt-
rigen Gewändern, die um
die Mitte gegürtet einen
überfallenden Bausch bil-
den; endlich die im Mo-
tive sehr ähnliche, nur
beiOmodeo etwas schlich-
tere Architektur und die
zackigen Berge des Hin-
tergrundes. Zum Verglei-
che der Komposition mag
auch ein aus der Werk-
statt derMantegazza stam-
mendes Relief von der
Fassade der Certosa bei
Pavia herangezogen wer-
den (Fig. 3).

Der stürmischen Er-
regtheit der Figuren Omo-
deos setzt Bramantino
große Ruhe und Abge-
wogenheit der Komposi-
tion entgegen. Doch auch
malerische Werke müssen
wir nennen, zu denen es
in dem von uns betrachte-
ten Gemälde Berührungs-
punkte gibt. Der an Ver-
wandlungsfähigkeit wahr-
haft proteusartige Bernar-
dino Butinone aus Tre-
viglio zeigt in einzelnen

seiner Werke eine wahrhaft überraschende Verwandtschaft mit dem Ambrosianabilde. Butinone folgt
der für Norditalien so überaus einflußreichen paduanischen Tradition mehr als irgend ein anderer
Lombarde. Ihm ist sogar von Seydlitz, wie erwähnt, das besprochene Werk Bramantinos zugeschrie-
ben worden. Daß diese Annahme nicht richtig ist, dürfte die folgende Untersuchung wohl mit Sicher-
heit ergeben. Dem ganzen Entwicklungsgange Suardis fügt sich die Anbetung des Kindes organisch ein,
zu Butinone führen denn doch nur lose Fäden. Hat doch Butinone auf der Predella des Altarwerkes
zu Treviglio dieselbe Szene dargestellt (Fig. 4); ein Vergleich dieser beiden Behandlungsweisen macht

Fig. 3. Anbetung des Christkindes.
Relief an der Fassade der Certosa von Pavia.
 
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