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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Suida, Wilhelm: Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi genannt Bramantino
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0022
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Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino. j y

Dieses Werk gewährt uns in höherem Grade als die zuvor betrachteten einen Einblick in die
Seele seines Schöpfers. Welch kindliche Naivität mußte sie bewahrt haben, um das Christkind so zu
schauen, welche Reinheit und Innigkeit der Empfindung mußte sie erfüllen, um dies holde herrliche
Bild der Madonna zu schaffen, welcher enthusiastischen Hingebung mußte sie fähig sein, um dem
jugendlichen König solche Züge zu verleihen, welch tiefe innere Erfahrungen mußte sie erlebt haben,
um in dem Auge Josefs alles Leiden, alle Resignation ahnen zu lassen!

Auch als großer Kolorist offenbart sich Bramantino in diesem Werke. Der Zauber, der in den
Farben des Bildes liegt, ist nun allerdings mit Worten sehr schwer anzudeuten. Auf den ins Olive über-
gehenden silbergrauen Ton der Bauwerke ist alles gestimmt. Und in den Farben zeigt sich eine ähn-
liche Sensitivität wie in der Formenbehandlung. In leuchtendes Olive und silberig schimmerndes
Blau sind die beiden an den
Seiten stehenden Magier ge-
kleidet, blutrote Gewänder um-
geben die in düsteren Ahnun-
gen zum Kinde Herantreten-
den, bis in den reichen und
doch zarten Tönen, welche
die Madonna umspielen, alles
sich gleichsam harmonisch
löst: ein Lilarosa, gestimmt
auf Türkisblau, läßt in zau-
berhafter, sanfter Harmonie
die zu leidenschaftlicher Er-
regtheit angeschwollenen Far-
benakkorde ausklingen.

Die Behandlung der
Landschaft zeigt gegenüber
den bisher betrachteten Bil-
dern schon einen großen Fort-
schritt. Die steil aufragenden
Felsen, im Charakter den süd-
tirolischen Dolomiten ähnlich, Fig- 10. ßramante, Junger Krieger,

sind schon naturalistischer ge- Mailand, Brera:

bildet; auch entspricht der

allmähliche Übergang in blaue Töne in der Ferne mehr den Gesetzen der Luftperspektive als die noch
im Kölner Bilde zu beobachtende Scheidung in vier Gründe.

In den Gestalten und Typen hat sich eine Wandlung vollzogen, welche man im allgemeinen ein-
mal aus dem zarten sensitiven Wesen des Künstlers, sodann aus der steigenden Bedeutung des male-
rischen Elementes, der Lichtbehandlung, erklären kann. Die streng plastisch aufgefaßten, aus dem
Dunkel ins Licht modellierten Köpfe des Zeus, des Philemon finden wir nicht wieder; vielmehr um-
spielt reiches atmosphärisches Licht die Gestalten, auch die beschatteten Partien aufhellend. Sehr
interessant ist es, wie der Künstler eine ganz bestimmte Lichtquelle andeutet, indem er einen Schlag-
schatten quer über das Gebäude fallen läßt, und wie er doch die lichte Gestalt der Gottesmutter mit dem
Kinde im Dunkel leuchtend darstellt. Keine Härten sondern überall weiche Übergänge, dies ist wohl
das Charakteristische dieser neuen Phase von Bramantinos Kunst. Und es ist kein Zweifel, welchem

vorkommen. Daß der Mann rechts einen Stab halt, veranlaßt mich, ihn Josef zu nennen. Auch zeigt der links stehende

einen Mohrentypus. Indes spricht die Scheidung der beiden Gestalten von den Neuangekommenen für die Deutung als
Propheten.

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