Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino.
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gerchen im Munde; ihm zu seiten knien Maria und Josef, andächtig die Hände faltend, in der Mitte
aber drängen sich Ochs und Esel heran. Sie stehen hinter einem geflochtenen Zaune, beugen ihre
Köpfe über das kleine Wesen und suchen es mit ihrem Atem zu wärmen. Nach dem Hintergrunde
hin eröffnet sich der Ausblick auf eine Hügellandschaft, in der wir die Hirten gewahren, denen der
Himmelsbote die frohe Nach-
richt bringt. Seitwärts aber
haben auf einem Felsenvor-
sprung drei entzückende Engel-
chen, Wache haltend, sich nie-
dergelassen.
Um sehr viel einfacher
noch als auf dem Ambrosiana-
bilde ist hier derselbe Vorgang
veranschaulicht. Noch sind die
Gewänder sehr schlicht, nicht
mit dem später so charakteristi-
schen künstlichen Faltenwurf
gegeben; in den Farben begeg-
net uns jenes Gelbbraun neben
Rosa und Schwärzlichblau, wel-
ches von den Quattrocentisten
in Mailand bevorzugt wurde.
Um in der Landschaft die Be-
leuchtung anzudeuten, sind die
Lichtpartien mit Gold gehöht,
die Engel können noch an Foppa
erinnern. Nun beachte man aber
den Kopftypus Josefs, er hat
eine ganz auffallende Ähnlich-
keit mit dem Philemon des Köl-
ner Bildes, seine Hand zeigt die-
selbe F'orm wie jene, die uns als
charakteristisch im Ambrosiana-
bilde aufgefallen war, wie auch
die Kinder auf beiden Werken
sehr ähnlich gebildet sind.
So dürften wir wohl nicht
fehlgehen, die «Anbetung des Kindes» in Pavia für eine ganz frühe Arbeit Bramantinos zu halten, in
der der Zusammenhang mit der älteren lombardischen Kunst besonders deutlich ersichtlich ist.
In den Achtzigerjahren ist Bramantino, wie wir wohl annehmen dürfen, Gehilfe Bramantes und
als solcher auch in S. Satiro tätig gewesen. Doch soll uns diese Frage später bei Betrachtung Suardis
als Architekten näher beschäftigen.
Die starke Einwirkung Bramantes auf Suardi hatten wir in dem «Besuch des Zeus und Merkur
bei Philemon und Baucis» nachweisen können, in dem Bilde der Sammlung Layard war nur mehr
wenig davon zu gewahren. Wir besitzen aber Werke von Suardis Hand, welche die allmähliche
Durchdringung entlehnter Formen mit eigenem Geiste beobachten lassen. Nirgends gewahren wir
dies deutlicher, als wenn wir die in der Komposition und äußeren Anordnung so ähnlichen, an seeli-
schem Gehalte so verschiedenen Christusbilder Bramantes und Bramantinos vergleichen; ersteres in
der Klosterkirche von Chiaravalle bei Mailand, letzteres im Besitze des Grafen Lucchino del Mayno
3*
11. Anbetung des Christkindes.
Pavia, Gal. Malaspina.
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gerchen im Munde; ihm zu seiten knien Maria und Josef, andächtig die Hände faltend, in der Mitte
aber drängen sich Ochs und Esel heran. Sie stehen hinter einem geflochtenen Zaune, beugen ihre
Köpfe über das kleine Wesen und suchen es mit ihrem Atem zu wärmen. Nach dem Hintergrunde
hin eröffnet sich der Ausblick auf eine Hügellandschaft, in der wir die Hirten gewahren, denen der
Himmelsbote die frohe Nach-
richt bringt. Seitwärts aber
haben auf einem Felsenvor-
sprung drei entzückende Engel-
chen, Wache haltend, sich nie-
dergelassen.
Um sehr viel einfacher
noch als auf dem Ambrosiana-
bilde ist hier derselbe Vorgang
veranschaulicht. Noch sind die
Gewänder sehr schlicht, nicht
mit dem später so charakteristi-
schen künstlichen Faltenwurf
gegeben; in den Farben begeg-
net uns jenes Gelbbraun neben
Rosa und Schwärzlichblau, wel-
ches von den Quattrocentisten
in Mailand bevorzugt wurde.
Um in der Landschaft die Be-
leuchtung anzudeuten, sind die
Lichtpartien mit Gold gehöht,
die Engel können noch an Foppa
erinnern. Nun beachte man aber
den Kopftypus Josefs, er hat
eine ganz auffallende Ähnlich-
keit mit dem Philemon des Köl-
ner Bildes, seine Hand zeigt die-
selbe F'orm wie jene, die uns als
charakteristisch im Ambrosiana-
bilde aufgefallen war, wie auch
die Kinder auf beiden Werken
sehr ähnlich gebildet sind.
So dürften wir wohl nicht
fehlgehen, die «Anbetung des Kindes» in Pavia für eine ganz frühe Arbeit Bramantinos zu halten, in
der der Zusammenhang mit der älteren lombardischen Kunst besonders deutlich ersichtlich ist.
In den Achtzigerjahren ist Bramantino, wie wir wohl annehmen dürfen, Gehilfe Bramantes und
als solcher auch in S. Satiro tätig gewesen. Doch soll uns diese Frage später bei Betrachtung Suardis
als Architekten näher beschäftigen.
Die starke Einwirkung Bramantes auf Suardi hatten wir in dem «Besuch des Zeus und Merkur
bei Philemon und Baucis» nachweisen können, in dem Bilde der Sammlung Layard war nur mehr
wenig davon zu gewahren. Wir besitzen aber Werke von Suardis Hand, welche die allmähliche
Durchdringung entlehnter Formen mit eigenem Geiste beobachten lassen. Nirgends gewahren wir
dies deutlicher, als wenn wir die in der Komposition und äußeren Anordnung so ähnlichen, an seeli-
schem Gehalte so verschiedenen Christusbilder Bramantes und Bramantinos vergleichen; ersteres in
der Klosterkirche von Chiaravalle bei Mailand, letzteres im Besitze des Grafen Lucchino del Mayno
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11. Anbetung des Christkindes.
Pavia, Gal. Malaspina.