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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Suida, Wilhelm: Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi genannt Bramantino
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0030
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Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino. 25

in Bramantes Werken und auch in dem Kolner Bilde Bramantinos sowie in dem «Christus» des Conte
del Mayno auffallen, auf das glücklichste vermieden durch das Eintreten eines zweiten Elementes: des
alles verbindenden Lichtes. Dieses bringt die wundervolle Weichheit in der Behandlung des Körpers
Christi hervor. Das Haar ist bei Johannes reich gelockt, bei Christus sanft und weich seidenartig
gegeben. Es kann keine Frage sein, an welcher Stelle der Entwicklung Bramantinos wir dieses Werk
einzufügen haben. Wirken die von Bramante gegebenen Anregungen darin noch auf das glücklichste
fort, so ist doch schon das ganz neue Ideal der Lichtkunst Lionardo da Vincis aufgetaucht, welches
später immer mehr zur Herrschaft gelangen sollte. Die Pietä von S. Sepolcro ist, das dürfen wir mit
Bestimmtheit sagen, später als das Kölner Bild und das des Conte del Mayno, wohl aber noch etwas
früher als die Anbetung der Könige (Sammlung Layard) entstanden. Wir gelangen der Zeit nach da-
mit vermutlich in die letzten Jahre des XV. Jahrhunderts.

Fig. 15. Der heil. Petrus von Verona und die heil. Rosa vor der Madonna.
Mailand, S. Maria dellc Grazie.

Auch in der von dem Herzoge Lodovico Moro so hoch begünstigten und durch Werke der
größten Künstler verherrlichten Kirche S. Maria delle Grazie hat Bramantino in jenen Jahren, wir
vermuten kurz vor 1500, Gelegenheit gefunden, seine Kunst zu betätigen im Wetteifer mit dem alten
Bernardino Butinone, der die Innendekoration der Kirche schuf, Bernardo Zenale, der nach Lomazzos
Angabe die uns nicht erhaltenen Fresken aus der Passion Christi im großen Klosterhofe malte, wo, so
wie im Refektorium, der tüchtige Donato da Montorfano arbeitete, beide in unmittelbarem Verkehre
mit dem Genius, der in eben der Zeit daselbst sein ewig unvergängliches Werk, das gleichsam aus
den Ruinen mit göttlicher Kraft zu unserer Seele spricht, das «Abendmahl unseres Herrn Jesu
Christi» schuf. Als ein junger Mann von kaum 3o Jahren trat Bartolommeo in diesen Ehrfurcht ge-
bietenden Kreis ein und ward beauftragt, im kleinen Klosterhofe zwei Lunetten über den zur Kirche
und zur Sakristei führenden Türen mit grau in grau gehaltenen und Skulpturen nachahmenden Fres-
ken zu schmücken.

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