Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino.
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Über dem Eingange zur Kirche war schon früher ein Marmorrelief mit dem Bilde der thronenden
Madonna, die das Christuskind auf dem Schosse hält, gefertigt von einem tüchtigen Künstler aus der
Richtung Omodeos, angebracht worden. Hier bedurfte es nur der Ausfüllung des zu beiden Seiten
dieses Reliefs frei gebliebenen Raumes, welche Bramantino durch die Hinzufügung der knieenden
heil. Petrus Martyr und der heil. Rosa bewirkte, wozu noch eine das Ganze einschließende einfache archi-
tektonische Umrahmung kam, in die über der Madonna ein Engelsköpfchen eingefügt erscheint (Fig. 15).
Eine freiere Betätigung gewann der Künstler in der Lünette über der Sakristeitür. Hier er-
scheinen über einer Marmor nachahmenden gemalten Ballustrade die Madonna, das stehende Christus-
Fig. 17. Dem Bramantino verwandt. Der heil. Ambrosius mit Donator, der heil. Franz und ein Bischof.
kind vor sich haltend, der heil. Jakobus mit dem Pilgerstabe und der jugendliche, bezaubernd schöne
heilige Ludwig mit dem Szepter (Fig. 16). Deutlicher als auf dem ersten Fresko lassen sich die Stileigen-
tümlichkeiten Bramantinos hier beobachten. Zart, fast mädchenhaft erscheint die Madonna, deren Kopf
schmal und länglichoval ist, an ihre Brust schmiegt sich das ganz unbekleidete Christkind scheu an.
Überaus schön im Ausdrucke sind der sanft hingebungsvoll das göttliche Kind anblickende Jakobus
und der in jugendlicher Reinheit erstrahlende Ludovikus, dessen volles Antlitz von reichem Locken-
schwall umrahmt ist. Bei allen Gestalten sind die muskulösen, gleichwohl aber zarten Hände auf das
feinste durchgebildet, das Haar fällt in Ringellocken vom Scheitel herab. Die reich gefalteten Ge-
wänder scheinen aus weichen, wolligen Stoffen gefertigt zu sein. Sehr merkwürdig ist die Art der Be-
leuchtung. Der Künstler nahm eine unter der Bildhöhe befindliche Lichtquelle an, durch die der
untere Teil des Kinnes, die untere Nasenfläche, das untere Augenlid und der Augenbogen künstlich
und grell beleuchtet werden, ein Experiment, zu dem Bartolommeo griff, da er wegen des unmittelbar
über der Lünette befindlichen Gewölbes das Licht von oben nicht einfallen lassen konnte, ebensowenig
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Über dem Eingange zur Kirche war schon früher ein Marmorrelief mit dem Bilde der thronenden
Madonna, die das Christuskind auf dem Schosse hält, gefertigt von einem tüchtigen Künstler aus der
Richtung Omodeos, angebracht worden. Hier bedurfte es nur der Ausfüllung des zu beiden Seiten
dieses Reliefs frei gebliebenen Raumes, welche Bramantino durch die Hinzufügung der knieenden
heil. Petrus Martyr und der heil. Rosa bewirkte, wozu noch eine das Ganze einschließende einfache archi-
tektonische Umrahmung kam, in die über der Madonna ein Engelsköpfchen eingefügt erscheint (Fig. 15).
Eine freiere Betätigung gewann der Künstler in der Lünette über der Sakristeitür. Hier er-
scheinen über einer Marmor nachahmenden gemalten Ballustrade die Madonna, das stehende Christus-
Fig. 17. Dem Bramantino verwandt. Der heil. Ambrosius mit Donator, der heil. Franz und ein Bischof.
kind vor sich haltend, der heil. Jakobus mit dem Pilgerstabe und der jugendliche, bezaubernd schöne
heilige Ludwig mit dem Szepter (Fig. 16). Deutlicher als auf dem ersten Fresko lassen sich die Stileigen-
tümlichkeiten Bramantinos hier beobachten. Zart, fast mädchenhaft erscheint die Madonna, deren Kopf
schmal und länglichoval ist, an ihre Brust schmiegt sich das ganz unbekleidete Christkind scheu an.
Überaus schön im Ausdrucke sind der sanft hingebungsvoll das göttliche Kind anblickende Jakobus
und der in jugendlicher Reinheit erstrahlende Ludovikus, dessen volles Antlitz von reichem Locken-
schwall umrahmt ist. Bei allen Gestalten sind die muskulösen, gleichwohl aber zarten Hände auf das
feinste durchgebildet, das Haar fällt in Ringellocken vom Scheitel herab. Die reich gefalteten Ge-
wänder scheinen aus weichen, wolligen Stoffen gefertigt zu sein. Sehr merkwürdig ist die Art der Be-
leuchtung. Der Künstler nahm eine unter der Bildhöhe befindliche Lichtquelle an, durch die der
untere Teil des Kinnes, die untere Nasenfläche, das untere Augenlid und der Augenbogen künstlich
und grell beleuchtet werden, ein Experiment, zu dem Bartolommeo griff, da er wegen des unmittelbar
über der Lünette befindlichen Gewölbes das Licht von oben nicht einfallen lassen konnte, ebensowenig
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