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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Suida, Wilhelm: Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi genannt Bramantino
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0040
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Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino.

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erkennen und führten uns zu dem unserer Betrachtung gleichsam als ein Leitstern vorangestellten
Bilde der Sammlung Layard, der «Anbetung der heil, drei Könige». Mit diesem Werke haben wir
die Schwelle überschritten; in ihren wesentlichen Zügen ausgebildet, steht uns hier die Kunst des
Meisters vor Augen. Die Zeit des Lernens, des Suchens ist überwunden und frei offenbart sich der
Geist des Künstlers in eigenen For-
men. Der Zeit nach sind wir un-
gefähr an das Jahr 1500 heran-
gekommen.

III. Bramantinos Tätigkeit
in Mailand 1500—1508.

Das Jahr 149g hatte den Zu-
sammenbruch der Herrschaft des
kunstsinnigen Herzogs Lodovico
Sforza gebracht. Seine Wiederkehr
in sein Herzogtum im Jahre 1500
ging wie ein kurzer Traum vorüber.
Der Glanz, der von Mailand aus-
strahlte in den Tagen, als Bra-
mante seine herrlichen Bauten schuf,
Lionardo die ersten Werke der
eigentlichen Hochrenaissance in
vollkommener Schönheit hinstellte,
schien verblassen zu sollen und ist
verblaßt mit dem Augenblicke, da
die beiden großen Genies, entsetzt
über den Fall ihres fürstlichen Gön-
ners, flohen. Von den älteren Mei-
stern lebten zwar noch Foppa und
Borgognone, Butinone und Zenale.
Aber was waren sie nach Lionardo!
Da trat der künstlerische Erbe Bra-
mantes und Lionardos, Bartolom-
meo Suardi, in den Vordergrund.
Mit einem hohen Schönheitssinne
und reicher Phantasie ausgestattet,
dazu in der Kunst der Perspektive
wohl erfahren, als Maler und Archi-
tekt zugleich tätig, war er wie kein
anderer berufen, die großen Errun-
genschaften, die die Kunst Mailands
in den letzten Jahrzehnten gemacht

hatte, zu wahren, den jüngeren Künstlern zu übermitteln und, was von größter Wichtigkeit ist, als
Lombarde der eigentümlichen Kunstauffassung dieses Volksstammes, wie sie vordem schon in Vincenzo
Foppas Werken sich geoffenbart hatte, in neuen Formen Ausdruck zu verleihen. An Lionardos
Schülern in Mailand ist es sehr ersichtlich, welche Gefahr in der Nachahmung der Werke des Flo-
rentiners für die Lombarden lag, eine Gefahr, der nur starke und eigentümliche Begabungen zu ent-

Fig. 27. Mann mit erhobenem Arme.
Mailand, Ambrosiana.
 
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