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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Suida, Wilhelm: Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi genannt Bramantino
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0051
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Wilhelm Suida.

zieht sich der feierliche Akt der Vermählung Mariens. Der in der Mitte stehende Hohepriester ver-
einigt die Hände der Jungfrau und des seinen ergrünten Stab haltenden Josef. Acht weitere Figuren
von Jünglingen und älteren Männern, Türstehern des Tempels, erscheinen zu Seiten der Mittelgruppe.
Ist auch, wie bei den folgenden Stücken, die Hand des Holzschnitzers etwas roh und zeigt sich wenig

bemüht, die Feinheiten der Zeichnung
wiederzugeben, so ist doch in diesen
ziemlich langgestreckten geschmeidigen
Gestalten, welche, in der Bewegung ein-
haltend, das Haupt geneigt, die Hand auf
die Brust gelegt oder nach abwärts ge-
öffnet, herausblicken, in den bärtigen Ge-
stalten mit orientalischen Gewändern und
Turban, in der zwar reich verzierten, der
ganzen Anlage nach aber einfachen und
strengen Architektur, endlich in der sym-
metrisch aufgebauten Komposition Bra-
mantinos Stil unverkennbar (Fig. 3o).1

Unter einem sehr hohen Torbogen
mit dem Ausblicke auf einen freien,
von ruinenartigen Gebäuden umstande-
nen Platz hat des heil. Johannes Baptista
Enthauptung soeben stattgefunden. Im
Todeskrampfe erstarrt, befindet sich der
Leichnamnoch in knieender Stellung, in-
des das Haupt, vom Henker abgeschlagen,
auf Salomes Schüssel liegt. Nur ein Kriegs-
knecht noch, der am Eingange rechts die
Wache hält, ist Zeuge des furchtbaren
Vorganges. Auffallend und an das Bild
der Sammlung Layard gemahnend ist die
Annahme einer rechts oben befindlichen
Lichtquelle, von der Architektur wie Ge-
stalten beleuchtet werden. Wieder ist die
Zeichnung Bramantinos von demselben
wenig geübten Holzschneider (wir müs-
sen annehmen, es sei ein Gehilfe des Fra
Damiano) übertragen worden (Fig. 3i).
Gleiche Merkmale weist die folgende
Szene auf: Zwei bärtige Heilige (Petrus und Johannes Ev.?) heilen einen Krüppel, der nahezu unbe-
kleidet im Vordergrunde auf dem Boden liegt. Das Wunder zu schauen, haben an den Fenstern der
den Platz umgebenden Häuser Neugierige sich eingefunden. Ein kirchenähnliches Gebäude erhebt
sich im Hintergrunde, es ist also deutlich der Vorhof des Tempels als Schauplatz charakterisiert
(Fig. 32).

Höchst anmutig, von dem Holzschneider auch etwas glimpflicher behandelt, ist die Szene des
goldenen Zeitalters, des Beginnes der Kultur durch Entdeckung der nützlichen Kraft des Feuers

1 Zum Vergleiche mag hier auch eine Zeichnung herangezogen werden, die sich in der venezianischen Akademie
befindet: eine Darstellung des Sposalizio. Diese ist, wie Technik, stilistische Momente und Umrahmung beweisen, mit der
im Tempel arbeitenden Madonna der Albertina (publiziert im Jahrbuch, Bd. XIII) zusammengehörig. Beide Zeichnungen
sind von einem der Mantegazza; vergleiche die Reliefs der Certosafassade (Abbildung auf S. io).

Fig. 32. Krankenheilung, Intarsia.
Bergamo, S. Bartolommeo.
 
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