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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Über Entwürfe von Rubens zu Elfenbeinarbeiten Lucas Faidherbes
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0083
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Gustav Glück.

allem sklavischen Nachahmen in der Kunst abhold war. Die Abweichungen von den Skizzen des
Meisters, die sich, wie wir aus den wenigen erhaltenen Beispielen erkennen können, der Schüler bei
der Ausführung in Elfenbein erlaubt hat, dürfte Rubens nicht nur geduldet sondern sogar gewollt
haben. Er hat seinem Exekutanten sicherlich keine einengenden Vorschriften gemacht sondern sah

Fig. 4. P. P. Rubens, Der Triumph der meergebornen Venus.
Stich von Peter De Jode.

wohl mit Vergnügen, wie unter dem Schnitzmesser des höchst geschickten Jünglings Arbeiten entstan-
den, die seine Entwürfe für die Plastik völlig in seinem eigenen Geiste verkörperten, ebenso
wie manche der besten Kupferstiche und Holzschnitte seiner Schule seine Gemälde aufs Vollendetste
in Schwarz und Weiß übersetzt haben. Als Faidherbe Rubens' Haus verließ, um zu heiraten und sich
in seiner Vaterstadt niederzulassen, stellte ihm Rubens ein glänzendes Zeugnis aus, worin er erklärt,

Urteil Salomos in Kopenhagen kopiert ist), oder um Kopien nach Werken Faidherbes (in der kaiserlichen Sammlung allein
hat Julius von Schlosser a. a. O. deren zwei nachgewiesen: Saal XXII, Vitr. XI, 16 und 55), oder endlich um solche Ar-
beiten, die nur ganz im Allgemeinen von Rubens' Stil beeinflußt sind (so mag man sich die von Sandrart gerügten Werke
des Augsburgers Georg Petel, der mit Rubens befreundet war, vorstellen). Ganz unwahrscheinlich ist es auch, daß Gerard
Van Opstal nach Rubens' Entwürfen gearbeitet haben sollte. Gerard Van Opstal ist, mindestens seiner künstlerischen
Ausbildung nach, ein Brüssler, da er im Jahre 1621 bei Nicolas Diodone in Brüssel als Lehrling eintritt und erst Ende 1635
oder Anfang 1636 nach Antwerpen kommt. Hier dürfte er schwerlich als reifer Meister mit Arbeiten nach Rubens' Zeich-
nungen debütiert haben. Von vier Entwürfen zu Elfenbeinreliefs, die Th. Van Kessel unter Rubens Namen gestochen hat,
nahm man, da dieselben Kompositionen von einem anderen, anonymen Stecher mit der Bezeichnung «G. van Opstal inv.»
reproduziert worden sind, früher an, sie gäben Entwürfe von Rubens zu Elfenbeinarbeiten Gerard Van Opstals wieder (Max
Rooses, Die Graphischen Künste II, 1880, S. 32). Doch hat man neuerdings diese Vermuthung mit Recht aufgegeben
(M. Rooses, L'oeuvre de Rubens V, 1892, p. 21); denn die Betrachtung des Stils dieser Kompositionen lehrt mit voller Sicher-
heit, daß sie von Th. Van Kessel sehr mit Unrecht Rubens zugeschrieben worden sind und daß sie auch der Erfindung nach
auf keinen anderen zurückgehen als auf Gerard Van Opstal selbst.
 
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