Pieter Brueghel d. Ä. und sein Kunstschaffen,
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gebracht, als es richtig sein dürfte. Brueghel ist ein Realist, Bosch ein Phantastiker — das ist der
wichtige Hauptunterschied zwischen den beiden. Bei dieser Gelegenheit mag darauf aufmerksam ge-
macht werden, daß die von Hieronymus Gock herausgegebenen Stiche nach Bosch gleichzeitig, ja meist
später erschienen sind als die phantastischen Brueghel-Stiche desselben Verlages, woraus es deutlich
wird, daß diese nicht etwa infolge der Beliebtheit jener entstanden sind. Im Gegenteile scheint Brueghel
die Herausgabe der Bosch-Stiche veranlaßt und durch seine Vorlagezeichnungen ermöglicht zu haben.
Fig. 5. Bauernpaar.
Handzeichnung von P. Brueghel d. Ä. im kgl. Kupferstichkabinet zu Dresden.
Nach Photographie von Wilhelm Hoffmann in Dresden.
Der Ausgangspunkt und die eigentliche Grundlage für Pieter Brueghels Schaffen sind die eifrigen
Studien, die er auf den Streifzügen in den ländlichen Umgebungen von Antwerpen betrieben hat. So-
wohl die Landschaft, das heißt die malerischen Dorfstraßen mit Scheunen und Bauernhütten, als auch
die Menschen hat er beobachtet und in köstlichen Skizzen wiedergegeben. Augenblicklich möchten wir
nur die Figurzeichnungen mit einigen Worten besprechen.
Auch ohne die Beischrift des Meisters wäre es einleuchtend, daß sie «naer het leven» gemacht
sind. Um nachher, wenn er es wünschte, die gezeichneten Gestalten mit voller Lebenswahrheit wieder-
geben zu können, hat sie Brueghel sämtlich mit ausführlichen Farbenangaben versehen. Die Art der
Zeichnung zeigt eine eigentümliche Mischung von Gotik und modernem Impressionismus, die für die
historische Stellung des Meisters bezeichnend ist. Die große Zahl der Rückenfiguren dürfen wir
wohl so erklären, daß der Künstler nur «hinter dem Rücken» der Betreffenden ihr Bild auf das Papier
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gebracht, als es richtig sein dürfte. Brueghel ist ein Realist, Bosch ein Phantastiker — das ist der
wichtige Hauptunterschied zwischen den beiden. Bei dieser Gelegenheit mag darauf aufmerksam ge-
macht werden, daß die von Hieronymus Gock herausgegebenen Stiche nach Bosch gleichzeitig, ja meist
später erschienen sind als die phantastischen Brueghel-Stiche desselben Verlages, woraus es deutlich
wird, daß diese nicht etwa infolge der Beliebtheit jener entstanden sind. Im Gegenteile scheint Brueghel
die Herausgabe der Bosch-Stiche veranlaßt und durch seine Vorlagezeichnungen ermöglicht zu haben.
Fig. 5. Bauernpaar.
Handzeichnung von P. Brueghel d. Ä. im kgl. Kupferstichkabinet zu Dresden.
Nach Photographie von Wilhelm Hoffmann in Dresden.
Der Ausgangspunkt und die eigentliche Grundlage für Pieter Brueghels Schaffen sind die eifrigen
Studien, die er auf den Streifzügen in den ländlichen Umgebungen von Antwerpen betrieben hat. So-
wohl die Landschaft, das heißt die malerischen Dorfstraßen mit Scheunen und Bauernhütten, als auch
die Menschen hat er beobachtet und in köstlichen Skizzen wiedergegeben. Augenblicklich möchten wir
nur die Figurzeichnungen mit einigen Worten besprechen.
Auch ohne die Beischrift des Meisters wäre es einleuchtend, daß sie «naer het leven» gemacht
sind. Um nachher, wenn er es wünschte, die gezeichneten Gestalten mit voller Lebenswahrheit wieder-
geben zu können, hat sie Brueghel sämtlich mit ausführlichen Farbenangaben versehen. Die Art der
Zeichnung zeigt eine eigentümliche Mischung von Gotik und modernem Impressionismus, die für die
historische Stellung des Meisters bezeichnend ist. Die große Zahl der Rückenfiguren dürfen wir
wohl so erklären, daß der Künstler nur «hinter dem Rücken» der Betreffenden ihr Bild auf das Papier