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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Romdahl, Axel L.: Pieter Brueghel der Ältere und sein Kunstschaffen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0129
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I24

Axel L. Romdahl.

Mache, die Zeichnung und die Typen,1 so erkennen wir deutlich und klar, daß wir ein Werk seiner
eigenen Hand vor uns haben. Die ganze Darstellung ist durch Kopien von Pieter Balten in den Museen
zu Antwerpen und Amsterdam bekannt und auf Veranlassung Abraham Brueghels von N. Guerard ge-
stochen (Fig. 23). Wessely in dem Artikel über Pieter Brueghel d. Ä. in Dohmes Kunst und Künstler er-
wähnt.als ein Werk von ihm eine «Weinausteilung» in der Sammlung Atger in Montpellier, wovon ich
bisher mir keine weiteren Nachrichten verschaffen konnte.2 Jedenfalls dürfte es sich um ein Exemplar
der betreffenden Darstellung handeln. Diese zeigt den Heiligen, wie er den Armen ein Faß Wein
spendet, welche Gabe jedoch nur Raufereien und Trunkenheit zur Folge hat. Gewiß ist hier eine
uns nicht ganz faßbare Satire verborgen. Die Vermutung Dr. von Frimmels,3 daß der Ausschnitt im

Fig. 23. Sankt Martinsfest.
Kupferstich nach P. Brueghel d. Ä. von N. Guerard.

Hofmuseum, den auch er als ein Werk Pieter Brueghels d. Ä. ansieht, mit dem im Prager Inventar
erwähnten: «Sanct Martiny under den Petlern von Hieronymus Bosch» identisch sei, ist völlig grund-
los. Das betreffende Bild ging nämlich 1648 nach Stockholm 4 und enthielt wahrscheinlich dieselbe
Darstellung, die wir durch den großen, wohl nach einer Zeichnung Brueghels ausgeführten Stich in
Cocks Verlag kennen: der Heilige steht in einem Boote, von bettelnden Krüppeln umgeben. Eine
gemalte Kopie nach dem Stiche, fälschlich «P. Brueghel 1556» bezeichnet, findet sich auf dem
Schlosse Kreutzenstein bei Wien.

Ähnliche Technik wie das St. Martinsfest, Öl auf Leinwand, zeigt auch das rätselhafte Ge-
mälde, zu dessen Betrachtung wir nun übergehen wollen. Es ist Nr. 1020, «Maitre Inconnu» im Mu-

1 Besonders zu beachten: die Augen, die Hände und ein Fuß eines emporklimmenden Mannes, mit welchem der
linke Fuß «der Welt» in dem Bilde zu Neapel «Der Mönch und die Welt» (Fig. 25) völlig übereinstimmt. Der Heilige
selbst auf seinem Rosse ist mit der Reiterfigur rechts auf dem «Sturz Sauls» aus dem Jahre 1567, Hofmuseum Nr. 714 (Fig. l3),
fast kongruent. .-

2 Nach einer freundlichen Mitteilung von Dr. O. Siren in Stockholm befand sich im Sommer 1904 ein großes Exem-
plar dieser Darstellung (auf Leinwand) im Pariser Kunsthandel.

3 Kleine Galeriestudien, N.F.II, S. i3, Note 1.

4 O. Granberg, Om Kejsar Rudolf Iis Konstkammare etc., Stockholm 1902.
 
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