Pieter Brueghel d. Ä. und sein Kunstschaffen.
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durchgehendes und einen wichtigen Fortschritt in der illusionistischen Perspektive und monumentalen
Komposition bezeichnendes Motiv ■—, ließen ihn die Erwünschtheit eines einheitlichen Augenpunktes
verstehen und veranlaßten ihn, Felsenpartien im Vordergrunde anzubringen, wo er sich oft selbst
zeichnend darstellte.
Dieser glückliche Griff wurde dann in der von Brueghel ausgehenden Landschafterschule aufge-
nommen, die von Gillis Coninxloo, Momper und anderen vertreten ist und in Herkules Seghers ausläuft.1
Die Landschaftskunst, von der Brueghel in Italien beeinflußt war, ist die venezianische.2 Wenn man
seine Zeichnungen zum Beispiel mit solchen von Domenico Campagnola vergleicht, muß man über
die Ähnlichkeit staunen. Die Art, wie Brueghel in den Zeichnungen und Stichen das Laubwerk bildet
— mit breiten, beleuchteten Schichten, von Schattenpartien darunter hervorgehoben, — und ebenso seine
Vorliebe für dunkle, gegen die Luft gestellte und vom Bildrande überschnittene Bäume scheint mir an
die Venezianer zu erinnern. Auch die Lage des Horizontes pflegt von gleicher Höhe zu sein und
Fig. 43. Flußtal im Gebirge.
Handzeichnung von P. Brueghel d. Ä. im kgl. Kupfcrstichkabinct zu Dresden.
Nach Photographie von Wilhelm Hoffmann in Dresden.
Brueghels Neigung, Giebel und Mauern aus der Dämmerung hervorschimmern zu lassen, bietet noch
einen weiteren Vergleichspunkt.
Bezüglich der Technik in den gezeichneten und radierten Landschaften unseres Meisters muß
außer dem, was schon von der Baumdarstellung bemerkt wurde, noch hinzugefügt werden, daß er oft
eine rasche Manier mit parallelen Strichen und bisweilen, in dem Gesträuch und Laubwerk des
Hintergrundes, eine einfache Punktiermanier verwendet. Der Radierer hat die Ausdrucksweise der
Vorzeichnungen genau und sorgfältig nachgeahmt.
Die radierten Monumentallandschaften Brueghels sind in ihrer Art verschieden. In allen ist die
Staffage, auch wo sie dem Blatte seinen Titel gegeben hat, auf ein Minimum reduziert.
Einige sind aus heterogenen Elementen, doch immer mit Geschmack zusammengesetzt. Zu dieser
Gruppe gehören zum Beispiele «Plaustrum Belgicum», «Solitudo Rustica», «S. Hieronymus in deserto».
In der letzten Radierung steigt das Gelände nach rechts in steilen Formationen an und wird zu oberst
von einer Burg gekrönt, während sich links eine wasserreiche Ebene ausbreitet. Diese Massenverteilung
1 Vgl. Wilhelm Bodes Aufsatz über Herkules Seghers im Jahrbuch der königl. preuß. Kunstsammlungen iao3, wo
jedoch nicht erwähnt ist, daß Brueghel der Urheber dieses Zuges ist.
2 Mariette hat gesagt, daß Tizian sich für die Landschaftszeichnungen Brueghels nicht zu schämen brauchte.
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durchgehendes und einen wichtigen Fortschritt in der illusionistischen Perspektive und monumentalen
Komposition bezeichnendes Motiv ■—, ließen ihn die Erwünschtheit eines einheitlichen Augenpunktes
verstehen und veranlaßten ihn, Felsenpartien im Vordergrunde anzubringen, wo er sich oft selbst
zeichnend darstellte.
Dieser glückliche Griff wurde dann in der von Brueghel ausgehenden Landschafterschule aufge-
nommen, die von Gillis Coninxloo, Momper und anderen vertreten ist und in Herkules Seghers ausläuft.1
Die Landschaftskunst, von der Brueghel in Italien beeinflußt war, ist die venezianische.2 Wenn man
seine Zeichnungen zum Beispiel mit solchen von Domenico Campagnola vergleicht, muß man über
die Ähnlichkeit staunen. Die Art, wie Brueghel in den Zeichnungen und Stichen das Laubwerk bildet
— mit breiten, beleuchteten Schichten, von Schattenpartien darunter hervorgehoben, — und ebenso seine
Vorliebe für dunkle, gegen die Luft gestellte und vom Bildrande überschnittene Bäume scheint mir an
die Venezianer zu erinnern. Auch die Lage des Horizontes pflegt von gleicher Höhe zu sein und
Fig. 43. Flußtal im Gebirge.
Handzeichnung von P. Brueghel d. Ä. im kgl. Kupfcrstichkabinct zu Dresden.
Nach Photographie von Wilhelm Hoffmann in Dresden.
Brueghels Neigung, Giebel und Mauern aus der Dämmerung hervorschimmern zu lassen, bietet noch
einen weiteren Vergleichspunkt.
Bezüglich der Technik in den gezeichneten und radierten Landschaften unseres Meisters muß
außer dem, was schon von der Baumdarstellung bemerkt wurde, noch hinzugefügt werden, daß er oft
eine rasche Manier mit parallelen Strichen und bisweilen, in dem Gesträuch und Laubwerk des
Hintergrundes, eine einfache Punktiermanier verwendet. Der Radierer hat die Ausdrucksweise der
Vorzeichnungen genau und sorgfältig nachgeahmt.
Die radierten Monumentallandschaften Brueghels sind in ihrer Art verschieden. In allen ist die
Staffage, auch wo sie dem Blatte seinen Titel gegeben hat, auf ein Minimum reduziert.
Einige sind aus heterogenen Elementen, doch immer mit Geschmack zusammengesetzt. Zu dieser
Gruppe gehören zum Beispiele «Plaustrum Belgicum», «Solitudo Rustica», «S. Hieronymus in deserto».
In der letzten Radierung steigt das Gelände nach rechts in steilen Formationen an und wird zu oberst
von einer Burg gekrönt, während sich links eine wasserreiche Ebene ausbreitet. Diese Massenverteilung
1 Vgl. Wilhelm Bodes Aufsatz über Herkules Seghers im Jahrbuch der königl. preuß. Kunstsammlungen iao3, wo
jedoch nicht erwähnt ist, daß Brueghel der Urheber dieses Zuges ist.
2 Mariette hat gesagt, daß Tizian sich für die Landschaftszeichnungen Brueghels nicht zu schämen brauchte.