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Axel L. Romdahl.
— auf der einen Seite eine hohe Kulisse, auf der andern eine freie Aussicht — kehrt mehrmals in dem
Werke Brueghels wieder, so in einem aller Wahrscheinlichkeit nach von ihm selbst radierten Blatte
mit einem Schlosse rechts auf einer Höhe und einer Kaninchenjagd als Staffage1 (Fig. 41) und in einer
überraschend flott - modernen Zeichnung des königl. Kupferstichkabinetts zu Berlin — und wird auch
von späteren Malern, wie Herkules Seghers und Rembrandt, übernommen.
Eine zweite Gruppe besteht aus mächtigen Alpenlandschaften, die das Gepräge einer getreuen
Naturschilderung tragen. Von diesen sind hervorzuheben: «Insidiosus Auceps» (Fig. 42), welches Blatt
auf eine Studienzeichnung im Dresdener Kupferstichkabinett (Fig. 43) zurückgeht, eine andere Radie-
rung ohne Unterschrift mit Aussicht über einen Bergstrom zwischen burggekrönten Höhen und mit einem
einsamen Reiter am Fuße eines Baumes und noch eine mit einem Flußtale in einem Gebirge aus lose
Fig. 44. Aus der Folge der radierten Dorflandschaften aus dem Jahre 1559.
geschichtetem Gestein. Es galt diesen Ansichten, wenn die Zeitgenossen nach Karel van Mander dra-
stisch geäußert haben sollen, Brueghel hätte die Alpen verschlungen, um sie nach der Heimkunft
wieder auszuspeien. Und in der Tat, trotz alles Aufstapeins des Pelion auf den Ossa hatte niemand
es früher vermocht, von der erhabenen Majestät der Alpenwelt einen so machtvollen und ganzen
Begriff zu geben, niemand vor Brueghel hatte diese Welt künstlerisch erobert.2
Aus Italien gibt es in dem Brueghelschen Stecherwerke nur ein paar vereinzelte Ansichten: eine
Vedute des Messinasundes 3 und einen «Prospectus Tiburtinus».4
In einer der großen Radierungen, «Pagus Nemorosus», ist die Schilderung auf ein stilles Dorfinnere
beschränkt und dieses Blatt leitet zu der wunderbaren Folge von Radierungen (44 Blätter) von kleinerem
Format (o-i4om und 0-195?«) ur>d mit intimen ländlichen Motiven über (Figg. 3, 6, 36, 44, 49, 51))
die 1559 aus dem Cockschen Verlage hervorging, unter dem Titel: «Multifarium Casularum Ruriumque
Lineamenta» etc. oder «Vele ende seer fraye ghelegentheden van diversche Dorphuysinghen, Hoeuen,
1 Links BRVEGEL bezeichnet.
* Hier wird hauptsächlich an die niederländische Malerei gedacht; es ist aber kaum nötig, die deutsche auszunehmen,
deren Landschaften größtenteils ziemlich manieriert sind.
3 In topographischem Stile; in einem Doppelblatte von F. Huys bei H. Cock 1561 und einem zweiten Stiche von
Georg Hoefnagel nach der hinterlassenen Zeichnung Brueghels im «Theatrum celebriorum urbium».
4 Von H. Cock herausgegeben.
Axel L. Romdahl.
— auf der einen Seite eine hohe Kulisse, auf der andern eine freie Aussicht — kehrt mehrmals in dem
Werke Brueghels wieder, so in einem aller Wahrscheinlichkeit nach von ihm selbst radierten Blatte
mit einem Schlosse rechts auf einer Höhe und einer Kaninchenjagd als Staffage1 (Fig. 41) und in einer
überraschend flott - modernen Zeichnung des königl. Kupferstichkabinetts zu Berlin — und wird auch
von späteren Malern, wie Herkules Seghers und Rembrandt, übernommen.
Eine zweite Gruppe besteht aus mächtigen Alpenlandschaften, die das Gepräge einer getreuen
Naturschilderung tragen. Von diesen sind hervorzuheben: «Insidiosus Auceps» (Fig. 42), welches Blatt
auf eine Studienzeichnung im Dresdener Kupferstichkabinett (Fig. 43) zurückgeht, eine andere Radie-
rung ohne Unterschrift mit Aussicht über einen Bergstrom zwischen burggekrönten Höhen und mit einem
einsamen Reiter am Fuße eines Baumes und noch eine mit einem Flußtale in einem Gebirge aus lose
Fig. 44. Aus der Folge der radierten Dorflandschaften aus dem Jahre 1559.
geschichtetem Gestein. Es galt diesen Ansichten, wenn die Zeitgenossen nach Karel van Mander dra-
stisch geäußert haben sollen, Brueghel hätte die Alpen verschlungen, um sie nach der Heimkunft
wieder auszuspeien. Und in der Tat, trotz alles Aufstapeins des Pelion auf den Ossa hatte niemand
es früher vermocht, von der erhabenen Majestät der Alpenwelt einen so machtvollen und ganzen
Begriff zu geben, niemand vor Brueghel hatte diese Welt künstlerisch erobert.2
Aus Italien gibt es in dem Brueghelschen Stecherwerke nur ein paar vereinzelte Ansichten: eine
Vedute des Messinasundes 3 und einen «Prospectus Tiburtinus».4
In einer der großen Radierungen, «Pagus Nemorosus», ist die Schilderung auf ein stilles Dorfinnere
beschränkt und dieses Blatt leitet zu der wunderbaren Folge von Radierungen (44 Blätter) von kleinerem
Format (o-i4om und 0-195?«) ur>d mit intimen ländlichen Motiven über (Figg. 3, 6, 36, 44, 49, 51))
die 1559 aus dem Cockschen Verlage hervorging, unter dem Titel: «Multifarium Casularum Ruriumque
Lineamenta» etc. oder «Vele ende seer fraye ghelegentheden van diversche Dorphuysinghen, Hoeuen,
1 Links BRVEGEL bezeichnet.
* Hier wird hauptsächlich an die niederländische Malerei gedacht; es ist aber kaum nötig, die deutsche auszunehmen,
deren Landschaften größtenteils ziemlich manieriert sind.
3 In topographischem Stile; in einem Doppelblatte von F. Huys bei H. Cock 1561 und einem zweiten Stiche von
Georg Hoefnagel nach der hinterlassenen Zeichnung Brueghels im «Theatrum celebriorum urbium».
4 Von H. Cock herausgegeben.