Zur Ikonographie des Hauses Habsburg.
181
von Spanien sondern Erzherzogin Maria Theresia darstellt, die, am 22. August 1684 geboren, schon
am 28. September 1696 starb. Alle vier Bilder müßten dann um das Jahr 1690 gemalt sein, in dem
Kaiserin Eleonora nach ihrem Geburtsdatum (6. Jänner 1655) etwa 35 Jahre zählte, was mit ihrem
Aussehen auf dem Porträte sehr wohl vereinbar ist. Mit dieser Entstehungszeit stimmen auch völlig
Malweise und Stil. Weitere Nachforschungen, die hier anzustellen weder angemessen noch nötig er-
scheint, werden wohl auch den Namen des Malers zutage fördern. Jedenfalls ist Herrgott im Irrtumei
wenn er, vielleicht einer nicht sehr ver-
läßlichen alten Hoftradition folgend, die
jüngste der drei Erzherzoginnen als
«Maria Anita Ferd. III. Imp. ßl.» be-
zeichnet, mit der das Schönbrunnerbild
nicht das Geringste zu tun hat.
Ist daher dieses aus der Reihe der
Porträte Mariannens von Spanien auszu-
scheiden, so geben nur die beiden er-
wähnten Stiche (Fig. 2 und 3), bezie-
hungsweise deren vorauszusetzende ge-
meinsame Vorlage, eine beiläufige Vor-
stellung von dem Aussehen der künftigen
Königin von Spanien in den ersten glück-
lichen Jahren ihrer Kinderzeit. Bald sollte
diese enden. Am i3. Mai 1646 verlor Ma-
rianne ihre Mutter und auch sonst wurde
dieses Jahr für ihre späteren Schicksale
entscheidend.
Früh schon geplant, wenn auch erst
im Juni 1646 offiziell bekannt gemacht,
ward ihre Verlobung mit dem spanischen
Thronerben, dem Infanten Balthasar Car-
los, den Diego Velazquez «mit seiner Pa-
lette vom zweiten bis zum sechzehnten
Lebensjahre, also fast bis zu seinem Tode
begleitet».1 Denn schon am g. Oktober
1646 wurde dieser Prinz, der Stolz und
die Hoffnung des spanischen Hofes, durch
einen jähen Tod dahingerafft. Philipp IV.
ertrug den schweren Schicksalsschlag mit einer männlichen Fassung, die ihm vom venezianischen Ge-
sandten Giustiniani fast als Gefühllosigkeit ausgelegt wurde. Dem Drängen der Cortes, sich wieder
zu vermählen, nachgebend, entschloß er sich rasch, als Bräutigam an die Stelle des Sohnes zu treten.
Schon ein halbes Jahr nach dem Tode des Infanten, am 2. April 1647, wurden die Heiratskapitulationen
zwischen ihm und Marianne zu Preßburg unterzeichnet.2 Gleichzeitig wird die Gräfin Trautson ihres
Amtes als Obersthofmeisterin der Erzherzogin enthoben und tritt die Marquesa de Flores diese Stel-
lung an. Marianne selbst wird von nun an regelmäßig als «vermählte», d. i. verlobte «Königin von
Hispanien» bezeichnet.3
Das erste Bildnis, auf dem ihr dieser Titel — Hispaniarum Indiarumque regina — beigelegt wird,
scheint ein Stich (236 :155 mm) ohne Angabe des Stechers, Druckortes und Jahres zu sein, der Marianne
Fig. 10. Erzherzogin Marianne.
Stich von Elias Wideman, 1648.
1 Karl Justi, Diego Velazquez und sein Jahrhundert, Bonn 1903, 2 Bände, II2, S. 45.
vielfach Justis grundlegender und bisher unübertroffener Darstellung.
2 Ebenda II2, S. 240. 3 Hofzahlamtsbuch 1647, f- 337, 337'.
Ich folge auch weiterhin
24*
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von Spanien sondern Erzherzogin Maria Theresia darstellt, die, am 22. August 1684 geboren, schon
am 28. September 1696 starb. Alle vier Bilder müßten dann um das Jahr 1690 gemalt sein, in dem
Kaiserin Eleonora nach ihrem Geburtsdatum (6. Jänner 1655) etwa 35 Jahre zählte, was mit ihrem
Aussehen auf dem Porträte sehr wohl vereinbar ist. Mit dieser Entstehungszeit stimmen auch völlig
Malweise und Stil. Weitere Nachforschungen, die hier anzustellen weder angemessen noch nötig er-
scheint, werden wohl auch den Namen des Malers zutage fördern. Jedenfalls ist Herrgott im Irrtumei
wenn er, vielleicht einer nicht sehr ver-
läßlichen alten Hoftradition folgend, die
jüngste der drei Erzherzoginnen als
«Maria Anita Ferd. III. Imp. ßl.» be-
zeichnet, mit der das Schönbrunnerbild
nicht das Geringste zu tun hat.
Ist daher dieses aus der Reihe der
Porträte Mariannens von Spanien auszu-
scheiden, so geben nur die beiden er-
wähnten Stiche (Fig. 2 und 3), bezie-
hungsweise deren vorauszusetzende ge-
meinsame Vorlage, eine beiläufige Vor-
stellung von dem Aussehen der künftigen
Königin von Spanien in den ersten glück-
lichen Jahren ihrer Kinderzeit. Bald sollte
diese enden. Am i3. Mai 1646 verlor Ma-
rianne ihre Mutter und auch sonst wurde
dieses Jahr für ihre späteren Schicksale
entscheidend.
Früh schon geplant, wenn auch erst
im Juni 1646 offiziell bekannt gemacht,
ward ihre Verlobung mit dem spanischen
Thronerben, dem Infanten Balthasar Car-
los, den Diego Velazquez «mit seiner Pa-
lette vom zweiten bis zum sechzehnten
Lebensjahre, also fast bis zu seinem Tode
begleitet».1 Denn schon am g. Oktober
1646 wurde dieser Prinz, der Stolz und
die Hoffnung des spanischen Hofes, durch
einen jähen Tod dahingerafft. Philipp IV.
ertrug den schweren Schicksalsschlag mit einer männlichen Fassung, die ihm vom venezianischen Ge-
sandten Giustiniani fast als Gefühllosigkeit ausgelegt wurde. Dem Drängen der Cortes, sich wieder
zu vermählen, nachgebend, entschloß er sich rasch, als Bräutigam an die Stelle des Sohnes zu treten.
Schon ein halbes Jahr nach dem Tode des Infanten, am 2. April 1647, wurden die Heiratskapitulationen
zwischen ihm und Marianne zu Preßburg unterzeichnet.2 Gleichzeitig wird die Gräfin Trautson ihres
Amtes als Obersthofmeisterin der Erzherzogin enthoben und tritt die Marquesa de Flores diese Stel-
lung an. Marianne selbst wird von nun an regelmäßig als «vermählte», d. i. verlobte «Königin von
Hispanien» bezeichnet.3
Das erste Bildnis, auf dem ihr dieser Titel — Hispaniarum Indiarumque regina — beigelegt wird,
scheint ein Stich (236 :155 mm) ohne Angabe des Stechers, Druckortes und Jahres zu sein, der Marianne
Fig. 10. Erzherzogin Marianne.
Stich von Elias Wideman, 1648.
1 Karl Justi, Diego Velazquez und sein Jahrhundert, Bonn 1903, 2 Bände, II2, S. 45.
vielfach Justis grundlegender und bisher unübertroffener Darstellung.
2 Ebenda II2, S. 240. 3 Hofzahlamtsbuch 1647, f- 337, 337'.
Ich folge auch weiterhin
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