Zur Ikonographie des Hauses Habsburg.
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darüber in Tränen ausgebrochen sein.1 Dazu war allerdings vorläufig kein Grund. Denn Philipp IV.
kam mit der Infantin Maria Theresia seiner Braut bis Denia entgegen, um am 7. November zu Naval-
carnero das Beilager zu feiern und sie bei ihrem am 15. desselben Monats erfolgten festlichen Einzüge
in die Hauptstadt neuerdings feierlich zu empfangen.2
Von diesem Einzüge hat Karl Justi in seinem unvergleichlichen Werke eine so meisterhafte
Schilderung gegeben,3 daß es vermessen wäre, ihr auch nur ein Wort hinzufügen zu wollen. Daher
mögen hier gleich jene Bildnisse Marian-
nens besprochen werden, von denen Justi
annimmt, sie seien von Velazquez gleich
nach seiner im Juni 1651 erfolgten Rück-
kehr von der zweiten italienischen Reise
gemalt und wahrscheinlich alsbald nach
Wien geschickt worden.4
Es sind die beiden wohlbekannten
Bildnisse Nr. 617 und 618 der Wiener
kaiserlichen Galerie (Fig. 12 und 14), dieses
von Justi jetzt als eine schwächere Replik
bezeichnet.5 Nach ihm im «Führer» von
1904 Maria Anna genannt, waren sie früher
auf den Namen der Base und nunmehrigen
Stieftochter Mariannens, der Infantin Maria
Theresia, Tochter Philipps IV. aus seiner
ersten Ehe mit Elisabeth von Bourbon, ge-
tauft. Meines Erachtens mit Recht. Denn
wenn Justi sie auf Marianne bezieht, beruht
dies darauf, daß er, wie es scheint, von ihm
selbst veröffentlichte Depeschenauszüge
mißverstanden und eine Quelle nicht völ-
lig gewürdigt hat, die für die Provenienz
einer großen Anzahl von Bildern der
Wiener Galerie die größte Wichtigkeit hat,
das Inventar der Galerie des Erzherzogs
Leopold Wilhelm vom Jahre 1659. Hören
wir zuerst jene, um dann aus ihrem Zu-
sammenhalte mit diesem Schlüsse zu ziehen, die sich wie von selbst aufdrängen werden.
In einer Depesche vom 22. Februar 1653 berichtet der modenesische Gesandte in Madrid Conte
Francesco Ottonelli an seinen Herzog, der Marchese Mattei, der von Erzherzog Leopold Wilhelm vor
einigen Monaten nach Madrid geschickt worden sei, reise morgen wieder nach Flandern ab und man
habe ihm für den Erzherzog mitgegeben «il ritratto della serenissima Infanta et con esso quello del Re e
della Regina», wie er glaube, um dessen Hoffnung auf seine Vermählung mit der genannten Infantin zu
nähren — «per fomentargli la speranza del matrimonio con la detta serenissima Infanta».6 Einige Mo-
nate später hat auch bereits Giacomo Quirini von der Sache Kenntnis, einer jener Gesandten der Re-
Fig. 14.
Velazquez, Bildnis der Infantin Maria Theresia.
Wien, kais. Galeric, Nr. 618.
1 Justi, a. a. O. II2, S. 24;, Anm. 1. 2 Theatrum Europaeum, a. a. O.
3 Justi, a. a. O. II2, S. 241 f. 4 Ebenda II2, S. 243.
5 Ebenda II2, S. 244. — Bei Abfassung der ersten Ausgabe seines Velazquez war Justi anderer Ansicht. Er hielt das
Bild Nr. 618 für das Original und fand an dem anderen einiges Störende, die Augen trüber, die Modellierung in sehr hellen
Fleischtönen weniger rein und sicher; vgl. die erste Ausgabe, Bonn 1888, II, S. 289.
6 «// marchese Mattei che fu piu mesi sono inviato a questa Corte dalVArciduca, parte dimani per lietndra et
qui gl'hanno dato per portare all'Arciduca il ritratto della serenissima Infanta, et con esso quello del Re et della
Regina, credo per fomentargli la speranza del matrimonio con la detta serenissima Infanta.» — Ich verdanke den
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darüber in Tränen ausgebrochen sein.1 Dazu war allerdings vorläufig kein Grund. Denn Philipp IV.
kam mit der Infantin Maria Theresia seiner Braut bis Denia entgegen, um am 7. November zu Naval-
carnero das Beilager zu feiern und sie bei ihrem am 15. desselben Monats erfolgten festlichen Einzüge
in die Hauptstadt neuerdings feierlich zu empfangen.2
Von diesem Einzüge hat Karl Justi in seinem unvergleichlichen Werke eine so meisterhafte
Schilderung gegeben,3 daß es vermessen wäre, ihr auch nur ein Wort hinzufügen zu wollen. Daher
mögen hier gleich jene Bildnisse Marian-
nens besprochen werden, von denen Justi
annimmt, sie seien von Velazquez gleich
nach seiner im Juni 1651 erfolgten Rück-
kehr von der zweiten italienischen Reise
gemalt und wahrscheinlich alsbald nach
Wien geschickt worden.4
Es sind die beiden wohlbekannten
Bildnisse Nr. 617 und 618 der Wiener
kaiserlichen Galerie (Fig. 12 und 14), dieses
von Justi jetzt als eine schwächere Replik
bezeichnet.5 Nach ihm im «Führer» von
1904 Maria Anna genannt, waren sie früher
auf den Namen der Base und nunmehrigen
Stieftochter Mariannens, der Infantin Maria
Theresia, Tochter Philipps IV. aus seiner
ersten Ehe mit Elisabeth von Bourbon, ge-
tauft. Meines Erachtens mit Recht. Denn
wenn Justi sie auf Marianne bezieht, beruht
dies darauf, daß er, wie es scheint, von ihm
selbst veröffentlichte Depeschenauszüge
mißverstanden und eine Quelle nicht völ-
lig gewürdigt hat, die für die Provenienz
einer großen Anzahl von Bildern der
Wiener Galerie die größte Wichtigkeit hat,
das Inventar der Galerie des Erzherzogs
Leopold Wilhelm vom Jahre 1659. Hören
wir zuerst jene, um dann aus ihrem Zu-
sammenhalte mit diesem Schlüsse zu ziehen, die sich wie von selbst aufdrängen werden.
In einer Depesche vom 22. Februar 1653 berichtet der modenesische Gesandte in Madrid Conte
Francesco Ottonelli an seinen Herzog, der Marchese Mattei, der von Erzherzog Leopold Wilhelm vor
einigen Monaten nach Madrid geschickt worden sei, reise morgen wieder nach Flandern ab und man
habe ihm für den Erzherzog mitgegeben «il ritratto della serenissima Infanta et con esso quello del Re e
della Regina», wie er glaube, um dessen Hoffnung auf seine Vermählung mit der genannten Infantin zu
nähren — «per fomentargli la speranza del matrimonio con la detta serenissima Infanta».6 Einige Mo-
nate später hat auch bereits Giacomo Quirini von der Sache Kenntnis, einer jener Gesandten der Re-
Fig. 14.
Velazquez, Bildnis der Infantin Maria Theresia.
Wien, kais. Galeric, Nr. 618.
1 Justi, a. a. O. II2, S. 24;, Anm. 1. 2 Theatrum Europaeum, a. a. O.
3 Justi, a. a. O. II2, S. 241 f. 4 Ebenda II2, S. 243.
5 Ebenda II2, S. 244. — Bei Abfassung der ersten Ausgabe seines Velazquez war Justi anderer Ansicht. Er hielt das
Bild Nr. 618 für das Original und fand an dem anderen einiges Störende, die Augen trüber, die Modellierung in sehr hellen
Fleischtönen weniger rein und sicher; vgl. die erste Ausgabe, Bonn 1888, II, S. 289.
6 «// marchese Mattei che fu piu mesi sono inviato a questa Corte dalVArciduca, parte dimani per lietndra et
qui gl'hanno dato per portare all'Arciduca il ritratto della serenissima Infanta, et con esso quello del Re et della
Regina, credo per fomentargli la speranza del matrimonio con la detta serenissima Infanta.» — Ich verdanke den