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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Zimmermann, Heinrich: Zur Ikonographie des Hauses Habsburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0195
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Zur Ikonographie des Hauses Habsburg.

Monos, c'est ä dire faux-Cheveux. Je lui demandai ä voir les siens: eile me les montra, et j'eus sujet
d'etre satisfaite de leur bea.ute.-i> 1

Reizte die weibliche Neugierde die Französin so sehr, daß sie das natürliche Haar der jungen
Königin ohne die es bedeckende Perücke zu sehen verlangte, so wird ihrer Beschreibung nur umso
größere Glaubwürdigkeit beizumessen sein. Und nun vergleiche man diese mit den Marianne genann-
ten Bildnissen Nr. 617 und 618 in Wien und jenem im Louvre; man wird sie darin fast Zug für Zug
wiederfinden: das blonde Haar, die hohe Stirne, die glänzenden, sanften Augen, die feine Nase, den
frischen roten Mund mit den etwas starken Lippen, das runde Kinn und die nach unten etwas dickeren
Wangen, den wohlgebildeten Hals und die zarte Taille. Nur die Farbe der Augen zeigt auf dem Bilde
Nr. 617 einen mehr bräunlichen als blauen Ton, was wohl auf die erwähnte spätere Retusche zurück-
zuführen ist; denn die davon freigebliebene Replik Nr. 618 zeigt in der Tat vollkommen hellblaue
Augen. Was aber das Kostüm betrifft, so scheint es fast, als hätte die Infantin damals überhaupt nur
weiße Kleider getragen; denn auch darin stimmt die Beschreibung genau mit den Bildern überein, ein
Grund mehr für die Richtigkeit unserer Beweisführung.

Immerhin hätte diese noch eine erhebliche Lücke, wenn nicht mit größter Wahrscheinlichkeit
gezeigt werden könnte, wo die nach der Depesche Ottonellis gleichzeitig mit dem
Maria Theresiens an Leopold Wilhelm gesendeten Porträte Philipps IV. und Mari-
annens hingeraten sind. Auch dafür weist uns das Inventar des Erzherzogs den
Weg. Es führt nämlich unter Nr. 289 ein Brustbild des Königs2 und unter Nr. 3gi,
also unmittelbar auf das besprochene Bildnis der Infantin Maria Theresia folgend,
ein solches Mariannens als in seinem Besitze befindlich an.

Das erste mit dem Bilde Nr. 607 der Wiener kaiserlichen Galerie zu identi-
fizieren, was übrigens auch Justi zu tun geneigt ist,3 scheint allerdings deshalb be-
denklich, weil die Maße allzu verschieden sind und weil lange Zeit nach dem
Beispiele Engerths4 angenommen wurde, daß das Bild aus Ambras und nicht
aus der Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm stamme. Dessen jetzige Maße,
47 : 37 cm, sind gegenüber den im Inventar angegebenen, die g3-6 : 81/12 cm ent-
sprechen, so sehr reduziert, daß sie eine spätere sehr energische Formatisierung
zur Voraussetzung haben müßten. Daß aber eine solche tatsächlich stattgefunden
hat, beweist ein Vergleich mit dem im Jahre 1730 vollendeten zweiten Teile des
Storfferschen Galerieinventars,5 in dem unverkennbar dasselbe Bild unter Nr. 127 wiedergegeben ist
(Fig. 18). Freilich scheint damals in Wien sowohl die Person des Dargestellten als auch der Meister
des Bildes völlig in Vergessenheit geraten zu sein. Denn es wird dort im begleitenden Texte als «-Ein
Portrait eines Erzherzogs von Österreich in Oval von Laix» bezeichnet. In dem gleichen Zustande wie
bei Storffer zeigt das Bild Franz von Stamparts und Anton von Prenners Prodromus zum Theatrum
artis pictoriae vom Jahre 1735,6 wo es auf dem 21. Blatte deutlich wiederzuerkennen ist.7 Schon vor
seiner Aufstellung in der Stallburg mußte das Bild eine Formatisierung auf das Oval über sich er-
gehen lassen. Aus Velazquez' Atelier ist es gewiß nicht in dieser Form hervorgegangen und auch das
sonst sehr genaue Inventar Leopold Wilhelms erwähnt dieses Umstandes nicht, wenn nicht vielleicht

Fig. iS.
Bildnis Philipps IV.

Nach Storffer.

1 Ebenda, p. 86 ff.

2 a. a. O., S. CXXX, Nr. 289: *Ein Brusststuckh von Öhlfarb auf Leimvat Ihrer königlichen Mayestät Hispanien
Contrafait mit einem schwarten Ktaidt vnndt spanischen Krägel. In einer schwarten Ramen, das innere Leistet aus%-
geschnitten vnndt verguldt, hoch 4 Span 5 Finger vnd 3 Span 9 Finger braidt.»

3-a. a. O. II2, S. 345.

4 Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. Gemälde. Beschreibendes Verzeichnis von Eduard
von Engerth I2 (Wien 1884), S. 437, Nr. 612.
s Wien, k. k. Hofbibliothek, Min. 75.
6 Jahrbuch, Band VII, 2, S. VII ff.

' Vermutungsweise hat dies schon Theodor von Frimmel in seiner Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen (dritte
Folge der kleinen Galeriestudien) I (Leipzig 1898), S. 190, ausgesprochen.
 
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