Zur Ikonographie des Hauses Habsburg.
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Wir müssen uns also, um eine richtige Vorstellung von ihrem Aussehen als Witwe zu gewinnen
wieder den Bildern zuwenden, die in Kostüm und Milieu den denkbar schärfsten Gegensatz zu den
früheren bilden. In schwarz-weißem Nonnenkleide, das nicht allein das Haar sondern auch Stirn und
Schläfen, Hals und Büste völlig
verdeckt, ohne allen Schmuck, ist
Marianne auf allen den zahlrei-
chen Bildnissen aus der Zeit ihrer
Regentschaft bald stehend, bald
sitzend dargestellt.
Das früheste davon dürfte, den
noch jugendlichen Gesichtszügen
nach zu schließen, ein lebensgroßes,
leider recht mittelmäßiges Gemälde
—vielleicht auch nur die alte Kopie
eines solchen — in Wien (Fig. 3g)
sein, das Herrgott in seiner Pina-
cotheca im Umrißstich wiedergibt
und das sich, wie er zu berichten
weiß, früher in Ebersdorf befand.1
Seit 1874 ist es im Kronprinzen-
Appartement der Hofburg,2 eine
Kopie darnach im Galeriedepot.
Marianne steht hier in einem Säu-
lengange ; die Rechte ruht auf einer
Stuhllehne, ober der neben einem
etwas zurückgezogenen schweren
Vorhange die Bronzebüste Philipps
IV. sichtbar wird; rechts eröffnet
sich der Ausblick in einen Garten
mit Brunnen und Statuen.
Der Zeit nach dürfte diesem
Bildnisse das in Castle Howard an-
zureihen sein, das ich leider nur
aus Justis allerdings wundervoller
Beschreibung3 kenne. Alle meine
Bemühungen, eine Photographie
darnach zu erhalten, waren bisher
leider vergeblich. In einem Lehn-
stuhle sitzend, hält die Königin auf
diesem Bilde einen Brief in der Hand, der durch seine Aufschrift «Juan Bap'a de Mazo 1668» den
Meister, des Velazquez Schüler und Schwiegersohn, und das Jahr der Entstehung überliefert. Wie auf
dem früheren Bilde der verstorbene Gatte, so ist es auf diesem der einzige Sohn, der, von den mit
seiner Wartung betrauten Personen umgeben, in einem Nebenraume zu sehen ist.
Ganz ähnlich, jedoch ohne den Sohn, zeigen die Königin zwei Gemälde im Prado, deren eines
aus Buen Retiro (Fig. 40)* dem Carreno zugeschrieben, das andere5 als der Schule des Claudio Coello
1 Herrgott, a. a. O. I, Taf. LXIII, 7; Text II, p. 23g: »Prototypen in arce Archiducali Ebcrstorffiana olim adservabatur.»
2 Depot VI, Nr. 27, alt 27. H. 164, B. 127 cm. 3 Justi, a. a. O. II2, S. 347.
* Catälogo descriptivo e histörico del Museo de Prado de Madrid, por Don Pedro de Madrazo, Madrid 1872, p. 376, Nr. 689.
5 Ebenda, p. 391, Nr. 704.
Fig. 35. Velazquez, Bildnis der Königin Marianne.
Madrid, Prado.
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Wir müssen uns also, um eine richtige Vorstellung von ihrem Aussehen als Witwe zu gewinnen
wieder den Bildern zuwenden, die in Kostüm und Milieu den denkbar schärfsten Gegensatz zu den
früheren bilden. In schwarz-weißem Nonnenkleide, das nicht allein das Haar sondern auch Stirn und
Schläfen, Hals und Büste völlig
verdeckt, ohne allen Schmuck, ist
Marianne auf allen den zahlrei-
chen Bildnissen aus der Zeit ihrer
Regentschaft bald stehend, bald
sitzend dargestellt.
Das früheste davon dürfte, den
noch jugendlichen Gesichtszügen
nach zu schließen, ein lebensgroßes,
leider recht mittelmäßiges Gemälde
—vielleicht auch nur die alte Kopie
eines solchen — in Wien (Fig. 3g)
sein, das Herrgott in seiner Pina-
cotheca im Umrißstich wiedergibt
und das sich, wie er zu berichten
weiß, früher in Ebersdorf befand.1
Seit 1874 ist es im Kronprinzen-
Appartement der Hofburg,2 eine
Kopie darnach im Galeriedepot.
Marianne steht hier in einem Säu-
lengange ; die Rechte ruht auf einer
Stuhllehne, ober der neben einem
etwas zurückgezogenen schweren
Vorhange die Bronzebüste Philipps
IV. sichtbar wird; rechts eröffnet
sich der Ausblick in einen Garten
mit Brunnen und Statuen.
Der Zeit nach dürfte diesem
Bildnisse das in Castle Howard an-
zureihen sein, das ich leider nur
aus Justis allerdings wundervoller
Beschreibung3 kenne. Alle meine
Bemühungen, eine Photographie
darnach zu erhalten, waren bisher
leider vergeblich. In einem Lehn-
stuhle sitzend, hält die Königin auf
diesem Bilde einen Brief in der Hand, der durch seine Aufschrift «Juan Bap'a de Mazo 1668» den
Meister, des Velazquez Schüler und Schwiegersohn, und das Jahr der Entstehung überliefert. Wie auf
dem früheren Bilde der verstorbene Gatte, so ist es auf diesem der einzige Sohn, der, von den mit
seiner Wartung betrauten Personen umgeben, in einem Nebenraume zu sehen ist.
Ganz ähnlich, jedoch ohne den Sohn, zeigen die Königin zwei Gemälde im Prado, deren eines
aus Buen Retiro (Fig. 40)* dem Carreno zugeschrieben, das andere5 als der Schule des Claudio Coello
1 Herrgott, a. a. O. I, Taf. LXIII, 7; Text II, p. 23g: »Prototypen in arce Archiducali Ebcrstorffiana olim adservabatur.»
2 Depot VI, Nr. 27, alt 27. H. 164, B. 127 cm. 3 Justi, a. a. O. II2, S. 347.
* Catälogo descriptivo e histörico del Museo de Prado de Madrid, por Don Pedro de Madrazo, Madrid 1872, p. 376, Nr. 689.
5 Ebenda, p. 391, Nr. 704.
Fig. 35. Velazquez, Bildnis der Königin Marianne.
Madrid, Prado.