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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Zimmermann, Heinrich: Zur Ikonographie des Hauses Habsburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0222
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Heinrich Zimmermann. Zur Ikonographie des Hauses Habsburg.

sie selbst jeden Schmuck ablegt und das geschmacklose, aber prunkvolle spanische Damenkostüm mit
dem einfachen Nonnenhabit vertauscht, sucht sie auch Ersparungen im Hofhalte einzuführen und be-
dient sich dabei der Mithilfe des einzigen, auf den sie sich ganz verlassen zu können glaubt, ihres aus
der Heimat mitgebrachten deutschen Beichtvaters, des Jesuitenpaters Eberhard Neidhart. Allein eben
dadurch steigert sie den Fremdenhaß der unbotmäßigen spanischen Granden, die schon Philipp IV.
schwer zu schaffen gemacht hatten und nun in dessen natürlichem Sohne, dem selbst nach der Krone
lüsternen Don Juan, Stütze und Werkzeug finden. Das über die fortgesetzten kriegerischen Mißerfolge
aufgeregte Volk erzwingt Neidharts und seines Nachfolgers und früheren Vertrauten Valenzuela Ent-
lassung und als Don Juan im Dezember 1676 mit bewaffneter Hand in Madrid eindringt und Marianne
nötigt, sich anfangs nach Segovia, dann nach Toledo zurückzuziehen, muß sie den größten Schmerz
einer Mutter erleben, da ihr schwacher Sohn Karl sich auf Seite der Gegner stellt. Damals war es, als
sie im Palaste zu Toledo ihr einst Philipp IV. aus Wien gesandtes Jugendbildnis selbst kaum mehr
zu erkennen vermochte.1

In der Tat, der Ausdruck kindlicher Naivität in den ersten, sanfter Melancholie in den mittleren
Bildnissen ist längst dem einer düsteren Hoffnungslosigkeit gewichen, die uns nur mit innigem Mitleid
erfüllen kann.

Betrachtet man in diesem Sinne den Lebensgang und die Bildnisse Mariannens, dann wird man
nimmermehr jenen Chronisten Glauben schenken, die, von fanatischem Parteihasse geblendet, in ihren
Verunglimpfungen selbst bei ihrer Frauenehre nicht Halt machen, sondern in ihrem letzten Bildnisse,
jenem in München, nur die durch die Sorge um das Schicksal ihres Sohnes und des in seinen Grund-
festen erzitternden Reiches fast erdrückte Mutter und Fürstin erblicken, das selbst tief unglückliche
Opfer einer unglücklichen Politik!

1 Justi, a. a. O. II2, S. 348.

Mailänder Taler mit dem Brustbilde Mariannens und Karls II.
vom Jahre 1666.
 
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