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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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II. Theil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
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Zimmermann, Heinrich: Das Inventar der Prager Schatz- und Kunstkammer vom 6. Dezember 1621: nach Akten des k. und k. Reichsfinanzarchivs in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0279
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DAS INVENTAR

DER PRAGER SCHATZ- UND KUNSTKAMMER

VOM 6. DEZEMBER 1621.

NACH AKTEN DES K. UND K. REICHSFINANZARCHIVS IN WIEN

HERAUSGEGEBEN VON

HEINRICH ZIMMERMANN.

Vorbemerkung.

Soweit ich sehe, hat zuerst Joseph Chmel im
II. Bande seines Handschriftenverzeichnisses der k. k.
Hofbibliothek auf den in weißes Pergament gebundenen
Papierkodex Nr. 8ig6 dieser Bibliothek aufmerksam
gemacht, der auf Fol. 2—5o ein Inventar der Prager
Schatz- und Kunstkammer enthält. Er druckt es bis
Fol. 7 vollständig, von da an nur auszugsweise ab und
setzt es, wohl nur nach dem Schriftcharakter urteilend,
ins XVI. Jahrhundert.1 Diese Datierung akzeptiert
auch Anton Ritter von Perger in seinen Studien
zur Geschichte der k. k. Gemäldegallerie im Belvedere
zu Wien2 und veröffentlicht ein dem Kodex Sigff ent-
nommenes Verzeichnis der Bilder,3 von denen Chmel
nur die vier ersten und ein auf Fol. 48 verzeichnetes
angeführt hatte. Allein auch dieses Verzeichnis Per-
gers ist kein vollständiges und beschränkt sich auf die
Ölgemälde und Originalbilder. «Copien und solche
Bilder, welche in dem Inventar als schlecht bezeichnet
werden, fallen, um des Raumes willen und weil sie
überhaupt keinen Nutzen gewähren (siel), hinweg.4 So
fehlt bis heute ein vollständiger Abdruck dieses für die
Geschichte der Prager Kunstkammer äußerst wichti-
gen Inventars, obwohl es auch weiterhin nicht unbe-
achtet blieb.

Gegen die Datierung «sec. XVI» ist zuerst Al-
win Schultz aufgetreten, indem er es höchst wahr-
scheinlich machte, daß ein in diesem Inventar angeführ-
tes Bild, die Herodias von Lukas Kranach, erst mit
Schreiben vom i5. Oktober 1601 durch den Rat der
Stadt Breslau an Kaiser Rudolf II. gesendet wurde.

1 Joseph Chmel, Die Handschriften der k. k. Hofbibliothek in
Wien 2 Bände, Wien 1840I41, II S. 1—12. CCXLI. Codex Ms.
Nr 8106 (Hist. prof. 348)- Cod. Ms. Chart, in Fol. sec. XVI (Foll.57).

2 Berichte und Mittheilungen des Alterthumsvereines ju Wien,
VII, Wien 1864, S. 104—112.

3 Wieder abgedruckt als Bilaga I in Olof Granbergs Om KeJ-
sar Rudolf II: s Konstkammare och dess Svenska öden, Stockholm
igo-2, einem Buche, das ich, des Schwedischen nicht mächtig, leider
nicht eingehender benutzen konnte.

4 A. a. O., S. 104, Arm.

Er schließt daraus mit Recht, daß das von Perger be-
nutzte Inventar nicht aus dem XVI. Jahrhundert her-
rühre sondern zu Anfang des XVII. Jahrhunderts ab-
gefaßt sein müsse.1 Hätte er den Kodex 8igß selbst
eingesehen oder wäre ihm ein vollständiger Abdruck
des darin enthaltenen Inventars vorgelegen, so wäre er
wohl selbst zur Überzeugung gekommen, daß man mit
dessen Datierung noch etwas weiter heraufrücken muß.

So wird darin (Fol. 18') ein Messer angeführt,
das ein Bauer zu Prag verschluckt hatte und das ihm
erst nach neun Monaten «anno 1602 aus der Seiten ge-
schnitten worden». Ferner wird wiederholt, so Fol. 24!
und 26, Kaiser Rudolf II. mit dem Beisatze «hoch-
seeligister» und «hochlöbligister gedächtnuß » angeführt,
wornach das Inventar erst nach dieses Kaisers Tode
(20. Jänner 1612) niedergeschrieben sein kann. Faßt man
weiter die bereits von Chmel veröffentlichte, aber weder
von ihm noch von seinen Benutzern beachtete Stelle auf
Fol. 48' des Inventars ins Auge, nach der «ein stück
von einem altar von kaiser Maximiliano, darauf seine
töchter gemahlt, durch die rebellen zerschlagen
worden», eine Stelle, die sich nur auf die Prager Er-
eignisse vom Jahre 1618—1620 beziehen kann, so wird
man das Inventar frühestens in diese Zeit setzen und
darauf verzichten müssen, darin ein Verzeichnis der
Prager Kunstkammer aus der Zeit ihres Gründers
zu erblicken.

Daß ein solches fehlt, erscheint einigermaßen er-
klärlich, wenn man erwägt, daß bei Lebzeiten Rudolfs II.
die Verwaltung seiner Kunstschätze Leuten vom Schlage
eines Lang2 oder Rucky anvertraut war, die alle Ur-
sache hatten, eine genaue Inventierung der kaiserlichen

1 Mittheilungen der k.k.Central-Commission jur Erforschung
und Erhaltung der Baudenkmale, XII. Jahrgang, Wien 1S67, 5. L, LI.

2 Vgl. über dessen Prozeß dieses Jahrbuch, Bd. VII, 2. Reg. 4b'g6,
und Bd. XIX, 2, Reg. 16871 et passim sowie die an der ersten Stelle
angebogene ältere Publikation von Friedrich Harter, Philipp Lang,
Kammerdiener Kaiser Rudolphs II., eine Criminalgeschichte aus dem
Anfang des sieben^ehnten Jahrhunderts, Schaphausen i85i.
 
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