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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 8.1893

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Heft 3
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Hartwig, Paul: Die Heraufholung des Kerberos auf rotfigurigen Schalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.38776#0181
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Hartwig, Die Heraufholung des Kerberos auf rotfigurigen Schalen.

171

Mänade. Die Mächtigkeit der Figuren —- sie kann aus dem auf der Abbildung
der Seite a unserer Schale in die Darstellung des Kerberosabenteuers herüber-
reichenden, rechten Fufse des Silens geschlossen werden — erscheint wie eine be-
absichtigte Nachahmung des ;xs'|'sfto; Euphronischer Darstellungen. Der Körper des
völlig unbekleideten Weibes ist eine Concurrenzleistung zu den nackten Hetären
des Petersburger Euphroniospsykters (W. Bl. V, 2; Klein, Euphronios S. 105). An
die schärfere Naturbeobachtung Euphronischer Vasengemälde erinnert die Erschei-
nung, dafs Nägel und Hautfalten an den Händen und Fiifsen der beiden Figuren
gewissenhaft wiedergegeben sind. Der Kopf der schlafenden Mänade ist ausdrucks-
voll und schön. Endlich zeigt die Darstellung auch eine Verkürzung, ein xorrd-
-'pacpov, in dem untergeschlagenen, von oben gesehenen linken Beine der schlafenden
Mänade (vgl. den Antaios auf dem Krater des Euphronios im Louvre W. Bl. V, 4 -
Klein, Euphr. S. 118/19, den eben erwähnten Hetären-Psykter und die zahlreichen
Beispiele in meinen Griechischen Meisterschalen Kap. VII).
Wir haben hier noch eine Frage zu erörtern, welche man, seit sie von
Klein im Euphronios S. 81. 93. 133 angeregt worden ist, bei der Besprechung eines
reif-epiktetischen Schalenbildes nicht umgehen kann, nämlich, ob die vorliegende
Epiktetische Darstellung nicht etwa der Reflex eines Euphronischen Vorbildes sei.
Der Gedanke daran, dafs dies hier zutreffe, liegt deshalb besonders nahe, weil die -
Berliner Epidromos-Schale in der zeichnerischen Ausführung unverkennbare Einflüsse
Euphronischer Weise zeigt.
Der Gegenstand, welchen die nicht veröffentlichte Seite der Schale zum Vor-
wurf hat, ein Silen, welcher eine schlafende Mänade beschleicht, ist in der That von
Euphronios mehrfach auf uns erhaltenen, aber allerdings späteren Panaitios-Schalen
behandelt worden (Meisterschalen Taf. 45 und S. 453). Dafs der Meister dieses
Thema auch schon auf früheren Schalen ausgeführt haben kann, ist nicht ausge-
schlossen. Aber ähnliche Gruppirungen eines Silens und einer Mänade finden sich
auch bereits auf Epiktetischen Schalen, bei denen man an einen Einfluss des Euphronios
zu denken keinerlei Anlafs hat, so z. B. auf der bei Klein, Lieblingsinschr. S. 42
Nr. 20 und Meisterschalen S. 92 Nr. IX genannten Leagros - Schale in Florenz und
auf einer Schale des Gabinetto osceno des Museo Nazionale in Neapel. Für die
Opferscene im Innenbilde der Berliner Schale fehlt uns jedes Euphronische Vor-
bild und wenn wir uns an das auf Seite 170 Gesagte erinnern, dafs die Composition
der Opfergruppe und die einzelnen Figuren derselben den Meister mehrfach be-
schäftigt haben, so stellt gerade sie in vollem Maafse sich als ein Eigenthum des
Chachrylion dar.
Aus einem anderen Grunde erscheint mir die Kerberosdarstellung der Schale
des Chachrylion nicht als eine von Euphronios abhängige Schöpfung. Euphronios
pflegt die Schilderung mythologischer Vorgänge anders anzufassen. Er würde sich
wohl kaum an der Wiedergabe des alten1 Schemas der Wegführung haben genügen
lassen, wie der Meister der Epidromos-Schale, vielmehr würde er uns, wie es seine
Gepflogenheit ist, den spannendsten Moment, die Bewältigung des Ungeheuers, vor-
 
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