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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 10.1895

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Kalkmann, August: Die Statue von Subiaco
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https://doi.org/10.11588/diglit.39190#0078
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Kalkmann, Die Statue von Subiaco.

voll befriedigen, aber sie ist aus einem Gufs; der frische Zug einer in eigenthüm-
licher Weise sich äufsernden Schaffensfreude weht dem Beschauer entgegen. Wenn
wir den Character des Werkes richtig auffassen, so ist er einheitlich, in seinen Vor-
zügen und in seinen Mängeln. Beide sind nicht ohne Beispiel in der griechischen
Kunstentwicklung, wie nähere Betrachtung lehrt, und vereint an andern Werken;
aber der Eindruck individueller Gestaltung hat sich frisch erhalten, und erfreut und
überrascht stets wieder wie bei jedem guten griechischen Kunstwerk. Und doch
ist die Figur schwerlich original; die Bedenken hat schon Winter geltend gemacht,
auf dessen Empfindung ihre Kunst mit der gleichen Frische und Unmittelbarkeit
gewirkt hat: »Die Figur ist von einer überraschenden Schönheit und von einer
Frische und Feinheit der Arbeit, die an ein griechisches Originalwerk denken liefse,
wenn nicht die sehr störend wirkenden Stützen, von denen namentlich die unter
dem linken Knie die Bewegung weniger frei und leicht erscheinen läfst, deutlich
verriethen, dafs sie einer Bronzestatue nachgebildet ist.« Man kann nicht sagen,
dafs die gewagte Stellung nur für Bronze erdacht sein könne, aber man erwartet
von einem originalen Marmorwerk die Beschränkung der Stützen auf das Nothwen-
digste6. Immerhin wird man sonst nicht leicht etwas entdecken, was sich als stil-
los bezeichnen liefse und dem Copisten zur Fast fiele; vielmehr bürgt der frisch
und warm empfundene Stil für wahrheitgetreue Übertragung.
Nach dem ersten Eindruck der Abbildung der Denkmäler schien mir Winters
zweifelnde Vermuthung, als ob darin ein Werk des vierten Jahrhunderts zu er-
kennen sei, nicht richtig; ich glaubte aus manchen Anzeichen auf weit ältere Ent-
stehung schliefsen zu dürfen, so namentlich aus der schematischen Haltung der Beine,
dem engen unteren Abschlufs des Bauches, der durch steile sehr geradlinige In-
guinalfalten bedingt wird, und der verhältnismäfsig grofsen Tiefe der Oberschenkel
an ihrem oberen Ansatz. Diese Merkmale aber stehen über dem Zufall variabler
Behandlung des Körpers in verschiedenen Zeiten und Schulen. Denn die Kenntnifs
von dem täuschenden Schein der Bewegung, der durch möglichst abwechslungs-
reiche Stellung und Haltung besonders der unteren Gliedmafsen erreicht wird, ist
der ganzen älteren Zeit versagt, wogegen sie Gemeingut der jüngeren Schulen ist.
Gleicher Weise verrathen alle älteren Figuren ungenügende Kenntnifs der schwer
für das Auge zu durchschauenden Structur des Beckens und seines complicirten
Muskelmechanismus7, was unter Anderem zur Folge hat einen engen durch steile
geradlinige Inguinalfalten sich kennzeichnenden unteren Abschlufs des Bauches und
allzu massige Oberschenkelansätze, die sich auch an der Rückseite auf Kosten der
wenig energisch gewölbten Glutäen geltend zu machen pflegen. —- Solche An-
zeichen für älteren Ursprung fand ich später bei Untersuchung der Figur selbst noch
mehrere, von denen ich hier nur hervorheben will zunächst das gänzliche Fehlen

6) Die Stütze unter dem rechten Bein scheint ur- Abarbeitung schliefsen, worauf mich Herr Petersen
sprünglich noch massiger gewesen zu sein, denn aufmerksam macht. Auch die eleganten Profile
die fehlende Politur eines Streifens am Boden der Basis könnten nachträglich hergestellt sein,
rings um die Stütze herum läfst auf nachträgliche 7) Vgl. Jahrbuch VII 1892 S. 130 ff.
 
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