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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 10.1895

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Tsuntas, Chrēstos: Zu einigen mykenischen Streitfragen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39190#0172
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Tsountas, Zu einigen mykenischen Streitfragen.

an dieser Stelle erst eine Ecke machte und die Mauer nach Norden auf einer Strecke
von wenigstens elf Metern — vom Rande der Ecke an gerechnet -— führte, dann
erst die erhaltene östliche Partie fast an den Rand der Ecke anschlofs. Von der
nördlichen Fortsetzung sind noch einige grofse Steine an ihrem alten Platz erhalten
und, was besondere Beachtung verdient, sie liegen am Rande des Felsens, der hier
ein paar Meter steil nach Osten abfällt.
Diese Thatsache hatte in mir den Verdacht erregt, dafs vielleicht in älterer
Zeit die Burgmauer sich nicht so weit wie später erstreckte, und so betrachtete ich
jetzt aufmerksamer auch den gegenüberliegenden Theil der Nordmauer. Hier war
nun weder an der Innen- noch an der Aufsenseite ein Abschnitt ähnlich dem an
der Südmauer zu sehen; nach genauerer Prüfung der Aufsenseite aber glaubte ich
an einer Stelle, welche ungefähr fünf Meter westlich von dem durch die Mauer
gehenden Wassergang liegt, zu bemerken, dafs die Steine nicht wohl in einander
griffen; ich liefs hier die Fugen so tief wie möglich von der Erde und einigen
kleinen Füllsteinen, die darin lagen, reinigen und es kam heraus, dafs nicht nur
die vorderen Steine der drei untersten Schichten nicht mit einander wirklich ver-
bunden sind, sondern dafs ebenso die hinter ihnen, im Körper selbst der Mauer
liegenden, so weit man die Erde herausnehmen kann, aus einander treten. Dadurch
war es bewiesen, dafs wir auch an dieser Stelle einen mehr oder weniger späteren
Anbau haben, und wenn dessen Anschlufs nicht so bestimmt beim ersten Anblick
hervortritt, so hat das seinen Grund darin, dafs die Ecke hier abgerundet war,
folglich die Umbiegung der Mauer gar nicht so markirt wie an der Südostecke.
Da nun diese Bauweise sich nicht anders erklären läfst — einfach Nach-
lässigkeit der Maurer anzunehmen geht doch wohl nicht an — da die Stelle fast
genau der Picke an der Siidmauer gegenüberliegt, da im Inneren der Burg etwa
auf der Linie, welche die zwei fraglichen Punkte verbindet, der Felsen nach Osten
abfällt, um etwas weiter, an der Stelle der jetzigen Ostmauer, sich wieder zu er-
heben, so glaube ich sicher annehmen zu müssen, dafs in älterer Zeit die Burg
sich nur bis hierher erstreckte, dafs also der heutige östliche Theil derselben später
miteingeschlossen wurde.
Zu demselben Schlüsse führen noch andere Betrachtungen; so ist der grofse
Wassergang ganz gewifs zu gleicher Zeit mit dem Theil der Mauer, den er durch-
bricht, erbaut; ist es aber denkbar, dafs man schon bei der ersten Gründung der
Burg an ein so aufsergewöhnliches Werk gedacht hat und ist es nicht viel wahr-
scheinlicher, dafs man erst durch Erfahrung ·— vielleicht sehr schlimme Erfahrung
— die Nothwendigkeit desselben eingesehen hat? Weiter läfst sich jetzt auch die
Lage des Nordthores besser begreifen; es lag ganz nahe dem damaligen Ostende
der Burg, dem gefährlichsten Punkte derselben, und so nahe, wie die Umstände es
erlaubten, den östlich und nordöstlich von der Burg liegenden Quellen. Nach der
Verlegung der Ostmauer, als dieses Thor weiter vom Ostende zu liegen kam, hat man
es nöthig erachtet, bei der Nordost- und Siidostecke der Burg je eine kleine Poterne,
wie zum Ersatz, zu lassen; die nördliche von ihnen wurde erst dieses Jahr entdeckt.
 
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